14 | ZAHNMEDIZIN 69. ZAHNÄRZTETAG WESTFALEN-LIPPE „Funktionsstörungen – interdisziplinär, interprofessionell, international“ Eine kämpferische Rede zur Gesundheitspolitik mit klaren Botschaften, wie Zahnärztinnen und Zahnärzte auf die Entwicklungen reagieren sollten, und ein überaus anspruchsvolles wissenschaftliches Programm standen im Mittelpunkt des diesjährigen Zahnärztetages Westfalen-Lippe, der vom 13. bis zum 16. März in Gütersloh stattfand. Tagungspräsident Prof. Dr. Jens Christoph Türp aus Basel hatte das „Randthema Funktion“ für zwei prall gefüllte Fortbildungstage erfolgreich ins Zentrum der Aufmerksamkeit gestellt. Mit einer Generalabrechnung der Gesundheitspolitik der Bundesregierung begrüßte Jost Rieckesmann, Präsident der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Zahnärztetages. „Verdrängung patientennaher zahnärztlicher Versorgung durch überwiegend renditeorientierte Fremdkapital-Investoren-MVZs, medizinisch fatale, fiskalisch sogar völlig unsinnige Radikalbudgetierung in der PAR-Behandlung, eine allenfalls holprig funktionierende TelematikInfrastruktur […], weiter ausufernde Bürokratie allerorten […], auf EUEbene die vollkommen überzogene Medical Device Regulation MDR, der Amalgamausstieg 2025, dazu völlig realitätsferne, übertriebene, de facto nicht erfüllbare Forderungen bei der Wischdesinfektion, der Fachkräftemangel und nicht zuletzt das Ewigkeitsthema GOZ-Punktwert“ – all das hält uns von unserer wichtigsten Aufgabe ab: Menschen zu behandeln“, sagte Rieckesmann. Rieckesmann: „Helfen wir uns selbst!“ Wenig Hoffnung sieht er bei der gegenwärtigen Ampelpolitik, die keinen einzigen der von der Zahnärzteschaft unterbreiteten Vorschläge aufgegriffen habe. In dieser Situation bleibe für die Zahnärzteschaft nur die Möglichkeit, sich selbst zu helfen und die Konsequenzen aus der Situation zu ziehen. Dazu gehöre, die eigenen Preise betriebswirtschaftlich zu kalkulieren: „Das bedeutet, dass jetzt und in Zukunft sich auch Privatpatienten mit oder ohne Beihilfe daran gewöhnen werden müssen, dass sie Eigenanteile tragen müssen.“ Das müsse man den Patienten aktiv kommunizieren – die Zeiten, in denen man generös meinte, nicht über Geld reden zu müssen, „sind endgültig passé“, sagte Rieckesmann. „Funktionsstörungen – interdisziplinär, interprofessionell, international“ lautete das Tagungsthema des diesjährigen Zahnärztetages unter der Leitung von Tagungspräsident Prof. Dr. Jens Christoph Türp, Leiter der Abteilung Myoarthropathien / Orofazialer Schmerz, Klinik für Oral Health & Medicine, Universitäres Zentrum für Zahnmedizin Basel, Schweiz. Dabei geht es um Patienten, die typischerweise an – meist schmerzhaften – muskuloskelettalen Beschwerden leiden und oft auch weitere lokalisierte Probleme in benachbarten anatomischen Strukturen haben. Da diese muskuloskelettalen Beschwerden in der Regel mehr Gemeinsamkeiten mit beispielsweise Rückenschmerzen aufweisen als mit zahnbezogenen Symptomen, sollte man Türp zufolge bei der Diagnostik und Behandlung der betroffenen Patienten immer auch den Grundsätzen und Regeln der Schmerzmedizin und nichtchirurgischen Orthopädie folgen und nicht nur den in der Zahnmedizin üblichen Vorgehensweisen. Türp freute sich insbesondere über die vielen prominenten Referenten, die er für das wissenschaftliche Programm hatte gewinnen können: „Eine derartige Kombination aus externer und interner Evidenz bekommt man in dieser geballten Qualität im deutschsprachigen Raum nur sehr selten geboten.“ 50 Jahre Funktionslehre in 50 Minuten Den Einstieg in das wissenschaftliche Programm präsentierte Prof. Dr. Georg Jost Rieckesmann, Präsident der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe, begrüßt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Zahnärztetages. Foto: Michael C. Möller zm114 Nr. 08, 16.04.2024, (604)
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