Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 08

40 | ZAHNMEDIZIN FORTBILDUNG „BRUXISMUS“ Restaurative Therapie von Zahnverschleiß als Folge von Bruxismus M. Oliver Ahlers Die aktuelle Studienlage deutet zwar darauf hin, dass Bruxismus an sich durch restaurative Therapien nicht beseitigt wird. Wenn Zähnepressen und Zähneknirschen allerdings zu signifikanten Schäden an der Zahnsubstanz geführt haben, sind Maßnahmen zu deren Restauration erforderlich – nicht primär kurativ, aber zur Behandlung der Folgen. Der vorliegende Beitrag schildert das diagnostische Vorgehen auf Grundlage des Tooth Wear Evaluation System 2.0 und darauf basierende mögliche restaurative Therapien. In der Vergangenheit sind wir Zahnärzte und Zahnärztinnen davon ausgegangen, dass Bruxismus als die Summe von Zähnepressen und/oder -knirschen zumindest teilweise auf Störungen der statischen und/oder dynamischen Okklusion zurückgehen, dass also der Bruxismus Folge einer okklusalen Störung ist [Behr et al., 2012]. Auch eine aktuelle experimentelle Studie belegt einen Einfluss okklusaler Äquilibrierung auf Schlafbruxismus [de Abreu et al., 2023]. Dazu passen Alltagserfahrungen aus der restaurativen Therapie von Kariesfolgen, wenn beispielsweise provisorische (Teil-)Kronen nach Abklingen der Lokalanästhesie doch höher erscheinen als bei der Okklusionskontrolle in der Praxis und betroffene Patienten danach Beschwerden durch Zähneknirschen oder Zähnepressen entwickeln – und diese nach Korrektur der Okklusion wieder zurückgehen. Ungeachtet dessen ergibt sich aus vielen Studien zur Wirkung der Äquilibrierung der Okklusion, dass diese Maßnahme die Neigung zum Bruxismus an sich nicht beseitigt, was die S3-Leitlinie „Diagnostik und Behandlung des Bruxismus“ der DGFDT und zahlreicher anderer Fachgesellschaften entsprechend zusammengefasst hat [Peroz et al., 2019]. Für die Praxis bedeutet dies, dass bei der Mehrzahl der Patientinnen und Patienten nicht davon auszugehen ist, dass eine Äquilibrierung der (statischen) Okklusion vorhersehbar den Bruxismus an sich beseitigt. Diese Information war bei der Verabschiedung der Leitlinie neu und ist daher zur Orientierung der Zahnärzteschaft wichtig. Sie stellt allerdings nicht den Nutzen einer Wiederherstellung harmonischer Belastungsverhältnisse für den Zahnerhalt infrage, und es widerspricht auch nicht dem möglichen Nutzen der Wiedererstellung einer eckzahngeschützten Okklusion im Einzelfall. Die Leitlinie trifft zudem nur Aussagen zum Bruxismus. „Zur Therapie der CMD“ hingegen gibt es eine wissenschaftliche Mitteilung gleichen Namens von der DGFDT und anderen Fachgesellschaften, die seit Ende 2022 in einer Neufassung vorliegt [Imhoff et al., 2022]. Wie in den Vorgängerversionen betont das Regelwerk, dass die Therapie der CMD generell mit möglichst reversiblen Mitteln erfolgen soll – und dass nach erfolgreicher Funktionstherapie im begründeten Einzelfall eine restaurative und/oder kieferorthopädische Folgebehandlung indiziert sein kann [Imhoff et al., 2022]. Restaurative Therapie Bei Patienten mit Bruxismus entsteht eine Indikation zur restaurativen Therapie insbesondere bei nichtkariösen zm114 Nr. 08, 16.04.2024, (630) Abb. 1: Patientenfall: Ein 39-jähriger Patient stellte sich mit erheblichen Zahnschmerzen vor. Diese traten lange Zeit nur auf Reiz auf und verselbstständigten sich zusehends, mit einer Schmerzstärke von 4–8 auf einer visuellen Analogskala (VAS 0–10), je nach Reiz, auch beim Zähneputzen, und mit steigender Intensität. Die Zahnbögen des Ober- und Unterkiefers zeigen die Zahnhartsubstanzverluste im Bereich der Kauflächen; mehrfache Vorbehandlungen mit direkten Restaurationen aus biegestabilen Seitenzahnkompositen lösten sich immer wieder ab. a b Foto: M. Oliver Ahlers

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