Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 08

50 | ZAHNMEDIZIN FORTBILDUNG „BRUXISMUS“ Bruxismus in der Sportzahnmedizin Alexandra Bartsch, Stavros Avgerinos, Johanna Herzog, Stefano Pieralli, Florian Beuer Die Prävalenz craniomandibulärer Dysfunktionen (CMD) ist im Leistungssport höher als in der Gesamtbevölkerung. Für Bruxismus existieren zwar keine vergleichbaren Daten, aber auch hier geht man von einem erhöhten Vorkommen aus. Aufgrund seiner Wirkung auf Schlafqualität und Leistungsfähigkeit gilt Bruxismus in der Sportzahnmedizin als leistungsmindernder „Störfaktor“ und wird entsprechend behandelt. Hier erhalten Sie einen Einblick in die wechselseitigen Bezüge von Leistungssport und Bruxismus. Leistungssportler müssen ihre physischen Ressourcen optimal für die in ihrer Sportart geforderten Kräfte und Bewegungen einsetzen. Jeder „falsche“ Einsatz von Kraft, Energie und Zeit bindet Ressourcen, die nicht mehr für die eigentliche sportliche Aktivität zur Verfügung stehen. Insofern steht Bruxismus als muskuläre Aktivität in einem Konkurrenzverhältnis zur sportlichen Leistung. So verlängert verminderte Schlafqualität aufgrund von Schlafbruxismus die Regenerationszeit des Körpers und verkürzt damit die effektive Trainingszeit, während der die Fähigkeiten wie Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit oder Genauigkeit verbessert werden könnten. Unbewusstes Knirschen und Pressen der Zähne während des Tages (Wachbruxismus) beeinflusst die Muskelgrundspannung und die Ermüdungsgeschwindigkeit. Über lange Zeiträume können sich so deutliche Leistungsunterschiede zwischen Athleten und Athletinnen mit sonst ähnlichen Voraussetzungen entwickeln. Während die Bruxismus-Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung bei etwa 20 Prozent vermutet wird, scheinen die Zahlen unter Athletinnen und Athleten deutlich erhöht zu sein, jedoch ist die Studienlage dazu nicht ausreichend. Eindeutig belegt ist jedoch, dass eine Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) bei dieser Gruppe häufiger vorkommt, so dass dies vorläufig auch für Bruxismus angenommen werden kann [Klasser et al., 2010; Lavigne et al., 2008; Freiwald et al., 2021, 2022; Starr und McGrew, 2023]. Patienten, die Okklusionsprobleme aufweisen und zudem unter Bruxismus oder nächtlichem Pressen leiden, beklagen oftmals Schmerzen oder Fehlstellungen in anderen Bereichen des Körpers, vor allem im Bereich der Extremitäten. Grund dafür sind die Mechanismen der ab- und aufsteigenden Ketten des Körpers, denn über Muskeln und Faszien sind alle Rotations- und Flexionszentren des Körpers miteinander verbunden. Während Übersichtsarbeiten [Behr et al., 2012; Lobbezoo und Naeije, 2001] inzwischen Abstand davon nehmen, Okklusionsstörungen als ätiologischen Hauptfaktor für Bruxismus zu sehen, gibt es im Bereich des Hochleistungssports vermehrt Hinweise darauf, dass Störungen in der Okklusion zu vermehrtem Auftreten von Parafunktionen führen können. Wobei schon kleinste Veränderungen Trainingserfolge und Wettkampfergebnisse beeinflussen können. Bei jungen Athleten und Athletinnen, die sich noch im Wachstum befinden, sollte man bei einer intensiven konservierenden beziehungsweise prothetischen, aber auch bei einer kieferorthopädischen Behandlung in engen Abständen auf eventuell neu auftretende Beschwerden achten. Besonders bei einer KFO-Therapie kann es in kraftintensiven Sportarten wie Turnen oder Gewichtheben notwendig sein, kurzzeitig das Leistungsniveau abzusenken, um langfristige Schäden während der Okklusionsumstellung zu vermeiden. Dabei ist wichtig, vorher über das mögliche Auftreten von Beschwerden aufzuklären und während der Behandlung gezielt nachzufragen, da der zm114 Nr. 08, 16.04.2024, (640)

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