Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 09

ZAHNMEDIZIN | 25 bildung 3). Somit wurde die Diagnose einer Sialolithiasis mit einem bis zu 6 mm großen Stein im proximalen Ductus submandibularis rechts ohne akute Entzündungszeichen gestellt. Die beobachtete Lipotrophie des Drüsengewebes wurde als Hinweis auf einen chronischen Prozess gewertet. Nach eingehender Beratung aller potenziellen therapeutischen Optionen, insbesondere einer erneuten Sialendoskopie, mit der Patientin, wurde entschieden, die betroffene Drüse inklusive des Steins in Intubationsnarkose zu entfernen. Der Eingriff erfolgte komplikationslos während eines zweitägigen stationären Aufenthalts. Die Submandibulektomie wurde über einen extraoralen Zugang von etwa 4 cm durchgeführt, wobei die angrenzenden Nerven geschont wurden; und der Stein wurde erfolgreich entfernt (Abbildungen 4 und 5). Um keine weiteren Steine zu übersehen, wurde intraoperativ der Wharton-Gang sondiert und exstirpiert (Gang-Stripping). Die Patientin berichtete während der Nachsorgephase über keine Beschwerden mehr – und die Narbe war aufgrund ihrer Lage in einer Halsfalte kaum sichtbar. Diskussion Die Sialolithiasis stellt die häufigste Ursache für obstruktive Speicheldrüsenerkrankungen dar. Die meisten Speichelsteine (zu 80 bis 90 Prozent der Fälle) betreffen die Glandula submandibularis, wie im vorgestellten Fall, und sind vor allem im distalen Drittel des Wharton-Gangs, am Hilum oder im hilo-parenchymalen Bereich der Drüse lokalisiert. Die Glandula submandibularis neigt aufgrund ihrer anatomischen Position, ihres längeren und komplizierteren Ganges sowie der Produktion von schleimreichem, alkalischem Speichel eher zur Bildung von Sialolithen. Es wird angenommen, dass Sialolithe aufgrund von Mineralablagerungen um einen ursprünglichen Nidus, der aus Bakterien, Speichelmucinen oder abgeschilferten epithelialen Zellen bestehen kann, entstehen, während die genaue Ursache jedoch unbekannt ist. Eine Abnahme des Speichelflusses, eine Zunahme der Alkalität und erhöhte Kalziumspiegel können alle Einfluss auf die Entwicklung von Sialolithen haben [Kao et al., 2020]. In einigen Fällen kann es zu einer spontanen Steinextrusion durch die Papille kommen. Wenn das ausbleibt, kann es zu einer teilweisen oder einer vollständigen Blockade des Speichelabflusses führen. Ein unzureichender Speichelfluss kann zu einer aufsteigenden Infektion des Speicheldrüsengangs durch die Mundhöhle führen. Steine, die die Speicheldrüse verstopfen, wachsen jährlich um geschätzt 1 mm [Strychowsky et al., 2012]. Die meisten betroffenen Patienten zeigen Symptome wie wiederkehrende schmerzhafte Schwellungen der betroffenen Speicheldrüse, manchmal auch Ausfluss aus der Drüse sowie Mundgeruch. Die Symptome werden vor allem dann manifest, wenn der Speichelstein eine bestimmte Größe erreicht hat und dadurch das Gangsystem verlegt [Thiem und Kämmerer, 2016]. Nach der deutschen S2k-Leitlinie „Obstruktive Sialadenitis“ (AWMFRegister-Nr. 017-025) sollte die initiale Anamnese vor allem die Art, Intensität und Häufigkeit der Beschwerden sowie potenzielle Komplikationen erheben. In der anschließenden klinischen Untersuchung empfehlen die Autoren der Leitlinie primär eine Inspektion und bimanuelle Palpation von zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (711) Abb. 3: Magnetresonanztomografie (T1-Wichtung, axialer Schnitt): Im Bereich des rechtsseitigen proximalen Ausführungsgangs der Glandula submandibularis ist eine den Gang obstruierende Läsion zu erkennen. Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt/ Stellvertr. Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kieferund Gesichtschirurgie – Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Kämmerer ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Fotos: Universitätsmedizin Mainz

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