Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 09

26 | ZAHNMEDIZIN Drüsen und Ausführungsgängen, eine Beurteilung des Speichels und ein Ausstreichen der betroffenen Drüse. Die Sonografie als nicht-invasive und kostengünstige bildgebende Technik sollte zur Untersuchung von Speicheldrüsenerkrankungen als das diagnostisch bildgebende Verfahren der ersten Wahl eingesetzt werden; die Sensitivität zur Erkennung von Speichelsteinen wird mit bis zu 95 Prozent beziffert [Goncalves et al., 2017]. Fortschritte in diagnostischen Modalitäten wie CT und MRT haben den diagnostischen Prozess revolutioniert, wobei die S2k-Leitlinie eine individuelle Auswahl einer eventuell weiter notwendigen Diagnostik angibt. Auch die Sialendoskopie kann – wenn notwendig – potenzielle Gangverengungen oder andere Hindernisse identifizieren und simultan eine Intervention ermöglichen. Die initiale konservative Behandlung bei chronischer oder wiederkehrender Sialadenitis umfasst eine ausreichende orale Flüssigkeitszufuhr, Sialogoga (zum Beispiel Zitronensäure, Ascorbinsäure, Pilocarpin), Mundspülungen, eine Dilatation der Papille und Drüsenmassagen und – wenn notwendig – eine antiinfektiöse Behandlung unter Verwendung von Antibiotika und Antiphlogistika. Sollte dies keinen Erfolg haben, sind initial drüsenerhaltende Maßnahmen wie die interventionelle Sialendoskopie – die auch im beschriebenen Fall primär angewandt wurde – Mittel der Wahl. Seit dem erstmaligen Einsatz der Sialendoskopie in der klinischen Praxis wird über eine Erfolgsrate von 85 bis 90 Prozent bei der Behandlung von Speicheldrüsenerkrankungen berichtet [Strychowsky et al., 2012]. Klein und Ardekian wiesen darauf hin, dass Sialolithe von bis zu 4-5 mm für die Sialendoskopie akzeptabel sind, wohingegen Sialolithe, die tief im Hilus liegen, eine Herausforderung für Chirurgen darstellen [Klein und Ardekian, 2014]. Kondo und Kollegen berichteten, dass die Entfernungsrate von Speichelsteinen durch Sialendoskopie bei einer Steingröße von < 3 mm 80 Prozent betrug. Im Gegensatz hierzu sank die Erfolgsrate bei größeren Steinen auf lediglich 15,8 Prozent ab [Kondo et al., 2018]. Weitere Faktoren, die mit Misserfolgen bei der Sialendoskopie in Verbindung gebracht wurden, waren das Vorhandensein mehrerer Steine, die Lage eines Steins oder einer Stenose im proximalen Bereich, mehrere Stenosestellen und eine Lithiasis in einem stenotischen Ausführungsgang [Ramsha et al., 2023]. Zu den drüsenerhaltenden Maßnahmen sind auch die Gangschlitzung ohne oder mit Marsupialisation [Thiem und Kämmerer, 2016], die intraduktale Manipulation unter sonografischer Kontrolle oder die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (Steinzertrümmerung mittels Ultraschall) zu zählen. Bei der Betrachtung der extrakorporalen Lithotripsie für Submandibularsteine zeigt sich, dass sich diese Methode nicht als gültige Alternative zu anderen minimalinvasiven Ansätzen wie der intraoralen Chirurgie oder der endoskopischen Steinentfernung durchsetzen konnte. Die extrakorporale Lithotripsie weist eine niedrigere Erfolgsquote bei der Behandlung von Sialolithiasis der Submandibulardrüse im Vergleich zur Parotis-Sialolithiasis auf. Zudem muss sie regelmäßig mehrmals durchgeführt werden, bevor ein Erfolg erkennbar ist. Im Vergleich dazu zeigt die intraorale Chirurgie deutlich höhere Erfolgsraten zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (712) FAZIT FÜR DIE PRAXIS n Bei Patienten mit rezidivierenden Schwellungsepisoden der Speicheldrüsen sind eine gründliche Anamnese und die klinische Untersuchung entscheidend, um eine Sialolithiasis frühzeitig zu erkennen und zu diagnostizieren. n Die Sonografie bleibt das bildgebende Verfahren der ersten Wahl zur Detektion von Speichelsteinen aufgrund ihrer hohen Sensitivität und ihrer Nichtinvasivität. n Bei der Behandlung einer Sialolithiasis der Unterkieferspeicheldrüse sollte die Sialendoskopie als erste Intervention erwogen werden, wobei die Größe und Lage des Steines sowie die Erfahrung des Chirurgen berücksichtigt werden sollten. n Die Submandibulektomie ist eine gangbare Behandlungsoption der Sialolithiasis, insbesondere wenn drüsenerhaltende Ansätze bereits gescheitert sind. Abb. 4: Intraoperativer Situs nach Submandibulektomie: Der ursächliche Sialolith (gelber Pfeil) ist direkt am Austritt des Ausführungsgangs aus der Drüse erkennbar. Abb. 5: Geborgener Speichelstein Fotos: Universitätsmedizin Mainz

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