Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 09

56 | GESELLSCHAFT WIDERSTANDSKÄMPFER UND „STAATSFEINDE“ IM „DRITTEN REICH“ Ewald Fabian (1885–1944) – (Exil-)Publizist im Widerstand gegen die NS-Gesundheitspolitik Hendrik Uhlendahl, Dominik Groß, Sarah Wellens Ewald Fabian vertrat sozialistische Positionen und kritisierte als Publizist die Rassenideologie und die Gesundheitspolitik der Nationalsozialisten. Als „Staatsfeind“ zur Emigration gezwungen, setzte er seinen politischen Widerstand im Exil fort. Er gilt als der wohl bekannteste Gegner des Nationalsozialismus unter den Zahnärzten. Ewald Fabian (Abb. 1) [Leibfried/ Tennstedt, 1980] wurde am 4. November 1885 in Berlin geboren. Seine Eltern waren der Kaufmann Emil Fabian (1843–1931) und dessen Ehefrau Emma Eva Fabian (1856–1938). Er hatte sechs Geschwister. Nach dem Schulabschluss in Greifswald nahm Fabian das Studium der Zahnheilkunde an der dortigen Universität auf. 1907 erhielt er die Approbation als Zahnarzt und ließ sich in Berlin in eigener Praxis nieder [AZD, 1912; AZD, 1914]. Während des Ersten Weltkriegs wurde Fabian im Zuge einer Mittelmeerreise verhaftet und war bis 1918 Zivilgefangener in Carcassonne und Ajaccio in Frankreich, bis er krankheitsbedingt in der Schweiz untergebracht wurde. Nach Kriegsende kehrte er 1919 nach Berlin zurück, um erneut zahnärztlich tätig zu werden – zunächst am Hohenzollerndamm, später in der Uhlandstraße. 1920 folgte die Promotion zum Dr. med. dent. an der Universität Greifswald mit der Arbeit „Beitrag zur Craniotrigonometrie auf Grund von Untersuchungen an Menschen- und Anthropoidenschädeln“ [Fabian, 1920; AZD, 1920; AZD, 1925/26; AZD, 1929; Depmer, 1993; Köhn, 1994; Leibfried/ Tennstedt, 1980; Leibfried/Tennstedt, 1982; Krischel/Halling, 2020]. In den USA zog ihn das Militär zum Kriegsdienst ein Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 entschloss sich Fabian zur Emigration. Zunächst ging er nach Prag, bis ihn die Eingliederung der Tschechoslowakei in den nationalsozialistischen Machtbereich 1938 weiter nach Frankreich führte. Sowohl in Prag als auch in Paris konnte Fabian seine zahnärztliche Tätigkeit illegal in den Praxen wohlgesonnener Kollegen fortsetzen. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde Fabian in Paris verhaftet, konnte aber kurze Zeit später in die USA emigrieren. Dort war er in New York ansässig und arbeitete als Kassenbote und Packer für einen Verlag; eine Arbeitserlaubnis als Zahnarzt erhielt er – wie so viele andere Zahnärzte – nicht. Diese war in weiten Teilen der USA an ein Nachstudium und den Erwerb eines US-amerikanischen zahnärztlichen Diploms gebunden. 1942 zog ihn das USMilitär zum Kriegsdienst ein. Fabian verstarb bereits am 17. Februar 1944 im Alter von nur 58 Jahren in Manhattan (New York City) [NARA T715; Depmer, 1993; Köhn, 1994; Leibfried/Tennstedt, 1980; Leibfried/Tennstedt, 1982; Krischel/Groß, 2020; Krischel/Halling, 2020]. Fabian war mit der Psychiaterin Michalina Roth, geb. Endelmann (1900–1969), verheiratet. Das Paar hatte den gemeinsamen Sohn ThoAbb. 1: Ewald Fabian Foto: unbekannter Urheber – nach Leibfried/Tennstedt 1980, 121 zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (742) ZU UNSERER REIHE ZAHNÄRZTE ALS WIDERSTANDSKÄMPFER UND „STAATSFEINDE“ IM „DRITTEN REICH” 1. zm 17/2023: Ulrich Boelsen 2. zm 19/2023: Hermann Ley 3. zm 21/2023: Paul Rentsch 4. zm 23–24/2023: Helmuth Ellbrechter 5. zm 1-2/2024: Emanuel Berghoff 6. zm 3/2024: Rudi Glass 7. zm 5/2024: Helmut Himpel 8. zm 7/2024: Walter Rank 9. zm 9/2024: Ewald Fabian 10. zm 11 / 2024: Streitfälle (Otto Berger & Karl Eisenreich)

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