GESELLSCHAFT | 57 mas Fabian (1931–1988) [MyHeritage Stammbäume Ewald Fabian]. Schon zur Zeit des „Deutschen Kaiserreichs“ (1871–1918) vertrat Fabian antimonarchistische und sozialistische Positionen: Seit 1908 war er Mitglied der „Demokratischen Vereinigung“, 1912 trat er in die SPD ein. Als man ihn während des Ersten Weltkriegs in französischer Gefangenschaft 1918 krankheitshalber in die Schweiz überstellte, wurde er Teil der dortigen Antikriegsbewegung [Depmer, 1993; Köhn, 1994; Leibfried/Tennstedt, 1980; Leibfried/ Tennstedt, 1982; Krischel/Halling, 2020]. Er war Gründungsmitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei Nach seiner Rückkehr nach Berlin schloss sich Fabian verschiedenen Parteien und Gruppierungen an, die in der Weimarer Republik (1918–1933) dem linken politischen Spektrum zuzurechnen waren: So war er zunächst Mitglied der „Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“ (USPD) und des Spartakusbundes. Später trat er der „Kommunistischen Partei Deutschlands“ (KPD) bei und blieb dort bis zur Abspaltung der „Kommunistischen Partei Opposition“ (KPD-O), der er anschließend angehörte. 1931 zählte er schließlich zu den Gründungsmitgliedern der „Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands“ (SAP), die wiederum aus der KPD-O und anderen linken Gruppierungen hervorging [Depmer, 1993; Köhn, 1994; Leibfried/Tennstedt, 1980; Leibfried/Tennstedt, 1982; Krischel/Halling, 2020]]. Neben den besagten Mitgliedschaften war Fabian publizistisch aktiv: 1925 fungierte er als Redakteur und Mitherausgeber der Zeitschrift „Der sozialistische Arzt“ und äußerte sich nachfolgend vielfach zu gesundheitspolitischen und sozialhygienischen Themen. 1927 forderte er beispielsweise eine kostenlose zahnärztliche Behandlung in öffentlichen Krankenhäusern und verwies dabei auf die hohe Bedeutung der Mundhygiene für die Gesundheit der Bevölkerung. Zugleich wandte er sich gegen den „Klinikzwang“, der dazu führte, dass Krankenkassen teils nur noch Behandlungen in den von ihnen selbst betriebenen Zahnkliniken finanzierten. Nicht zuletzt kritisierte er die Zulassung der nichtakademischen Dentisten zur Behandlung von (Kassen-)Patienten [Fabian, 1927] – womit er zweifellos die Mehrheitsmeinung der zeitgenössischen Zahnärzte vertrat [Groß, 1998; Groß, 2006; Schwanke/Groß, 2016]. Neben seinem publizistischen Engagement war Fabian auch als Schriftführer des „Vereins sozialistischer Ärzte“ tätig [Depmer, 1993; Köhn, 1994; Leibfried/ Tennstedt, 1980; Leibfried/Tennstedt, 1982; Krischel/Halling, 2020]. Schon 1931 kritisierte er die Gesundheitspolitik der NSDAP Fabian ist der wohl bekannteste Gegner des Nationalsozialismus unter den Zahnärzten. Er trat schon vor 1933 als Gegner der NS-Ideologie hervor. Bereits 1931 übte er scharfe Kritik an den rassistischen und antisemitischen gesundheitspolitischen Zielen der immer populärer werdenden NSDAP: „Diese reinrassigen Fanatiker sind natürlich unbelehrbar. Sonst wüßten sie, daß alle ernsthaften Anthropologen und Wissenschaftler, als einer der ersten der große, vorurteilslose Forscher Felix von Luschan, sich längst gegen die unwissenschaftlichen Rassentheorien ausgesprochen haben“ (Abb. 2) [Fabian, 1931]. Diese Position prädestinierte Fabian dazu, als Staatsfeind eingestuft zu werden, was unmittelbar nach der Machtübernahme Hitlers (1933) auch geschah [Verzeichnis der nichtarischen und staatsfeindlichen Ärzte, Zahnärzte und Dentisten, Signatur 55/82/2600]. Es folgte der Entzug seiner Kassenzulassung. Fabian legte zwar eine Beschwerde ein, diese blieb jedoch erfolglos. Noch 1933 wurde Fabian im Universum Landes-Ausstellungs-Park (ULAP) in Berlin-Plötzensee verhaftet, konnte aber von seiner Schwester „freigekauft“ werden. Anschließend floh er nach Prag. Dort wurde er – neben der illegalen Weiterführung seiner zahnärztlichen Tätigkeit – Mitbegründer, Sekretär, Redakteur und Autor der antifaschistischen und sozialmedizinischen Zeitschrift „Internationales ärztliches Bulletin“ [Köhn, 1994; Krischel/Halling, 2020]. Hier trat er weiter gegen die nationalsozialistische (Gesundheits-)Politik ein. Zentrale Themen waren weiterhin weltanschauliche Aspekte und Kritik an der NS-„Rassenhygiene“ [Fabian, zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (743) Univ.-Prof. Dr. med. dent. Dr. med. Dr. phil. Dominik Groß Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin Vorsitzender des Klinischen Ethik-Komitees des UK Aachen Universitätsklinikum der RWTH Aachen University MTI 2 Wendlingweg 2, 52074 Aachen Foto: UK Aachen Sarah Wellens Universitätsklinikum der RWTH Aachen University MTI 2 Wendlingweg 2, 52074 Aachen Foto: privat Dr. rer. medic. Hendrik Uhlendahl, M.A. Universitätsklinikum der RWTH Aachen University MTI 2 Wendlingweg 2, 52074 Aachen Foto: privat ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.
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