58 | GESELLSCHAFT zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (744) 1936; Fabian, 1937a; Fabian, 1937b], die „Gleichschaltung“ der deutschen Ärzteschaft [Fabian, 1934; Fabian, 1935a; Fabian, 1935b; Fabian, 1938], die Leugnung missliebiger Erkenntnisse aus der medizinischen Wissenschaft durch die NS-Propaganda [Fabian, 1935c] sowie sozialpolitische Aspekte der NS-Gesundheitspolitik [Fabian, 1934b]. Um seine Identität geheim zu halten und damit weiteren Repressalien zu entgehen, publizierte Fabian unter dem bereits seit 1927 punktuell verwendeten Pseudonym „Dr. E. Silva“. Mit der Besetzung der Tschechoslowakei durch die Wehrmacht 1938 war Fabian gezwungen, seine Tätigkeit als Publizist im Widerstand zu beenden und nach Paris zu flüchten, das er nach einer kurzzeitigen Inhaftierung 1939 wiederum in Richtung USA verlassen musste. Auch die Veröffentlichung des „Internationalen Ärztlichen Bulletins“ musste 1939 mit Beginn des Zweiten Weltkriegs eingestellt werden [Depmer, 1993; Köhn, 1994; Leibfried/Tennstedt, 1980; Leibfried/Tennstedt, 1982; Krischel/Halling, 2020]. Die Repressalien hielten ihn nicht vom Widerstand ab Fabian war zweifellos einer der aktivsten Widerstandskämpfer gegen die NS-Gesundheitspolitik. Als kritischer Publizist wirkte er für die von ihm mitherausgegebene Zeitschrift „Der sozialistische Arzt“ während der gesamten Zeit ihres Bestehens (1925–1933) – zuletzt mit verstärktem Fokus auf die gesundheitspolitische Programmatik der aufstrebenden NSDAP. Die Einstufung als „Staatsfeind“, eine kurze Internierung und das Verbot der Zeitschrift zwangen ihn in die Emigration, hielten ihn aber nicht vom Widerstand ab. Seine neue Plattform war fortan das „Internationale Ärztliche Bulletin“ – auch hier veröffentlichte Fabian von der Gründung bis zur Einstellung der Zeitschrift (1934–1939) diverse Beiträge, nun fast ausschließlich zur NSGesundheitspolitik. Im Vergleich mit den zuvor in dieser Reihe vorgestellten Ulrich Boelsen (1900–1990) und Hermann Ley (1911– 1990) lassen sich für Fabian sowohl Parallelen als auch Unterschiede feststellen [Groß/Wellens, 2023a; Groß/ Wellens, 2023b]: Fabian und Ley waren schon früh Mitglieder linker Parteien und Gruppierungen und engagierten sich öffentlichkeitswirksam (auch schon vor 1933) gegen den Nationalsozialismus. Beide wurden zu „Staatsfeinden“ und waren mehrfach interniert – mit dem Unterschied, dass Fabian den Widerstand im Exil fortsetzte, während Ley in Deutschland verblieb und diesen (vordergründig) aufgab. Boelsens Widerstand hingegen fand im Untergrund statt, wo Netzwerke aufgebaut und politisch Verfolgte versteckt wurden. Da dies nicht ans Licht kam, konnte Boelsen den Repressalien der Nationalsozialisten entgehen. Darüber hinaus konnten sowohl Boelsen als auch Ley ihr Engagement im Nachkriegsdeutschland fortsetzen und kooperierten mit den jeweiligen Besatzungsmächten. Fabian dagegen starb 1944 und erlebte das Ende des Zweiten Weltkriegs und der NS-Diktatur nicht mehr. Zudem lag der Fokus seines Engagements in größerem Maße auf explizit gesundheitspolitischen Aspekten – was ihn zum wohl bedeutendsten zahnärztlichen Widerstandskämpfer auf diesem Gebiet macht [Kirchhoff/Heidel, 2016]. n Abb. 2: Beitrag von Fabian zu den gesundheitspolitischen Forderungen der NSDAP (1931) Foto: Uhlendahl/Groß/Wellens
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