Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 09

ZAHNMEDIZIN | 67 zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (753) der Allgemeinanamnese überprüft werden. Besonders wichtig ist es, intravasale Injektionen durch Aspiration zu verhindern und die Grenzmenge zu beachten, um Überdosierungen zu vermeiden. Auch etwaige Oberflächenanästhetika sind in diese Gesamtmenge einzubeziehen. Für Articain mit Adrenalin liegt die Grenzdosis bei 7 mg/ kg Körpergewicht, bei Articain ohne Adrenalin bei 4 mg/kg Körpergewicht [Daubländer et al., 1997 und 2016]. Berechnung der individuellen Grenzmenge: Lokalanästhesie: Komplikationen managen Etwa 75 Prozent der Notfälle in zahnärztlichen Praxen liegen dem Stress und der Angst der Patientinnen und Patienten zugrunde. Die zahnärztliche Lokalanästhesie zählt zu den sichersten Verfahren der Anästhesie. Komplikationen sind zwar selten und meist transienter Natur, aber sie kommen vor – am häufigsten im Rahmen der Leitungsanästhesie des N. alveolaris inferior. Zum einen wird die akzidentelle intravasale Injektion mit einer Rate von 0,5 bis 31 Prozent beschrieben, was die Wichtigkeit der Aspiration – vor allem bei Risikopatienten – hervorhebt [Malamed, 1997]. Da im Bereich des Foramen mandibulae zahlreiche Gefäße liegen, ist hier zum anderen das Risiko für Hämatombildungen erhöht. Laut Leitlinie soll daher bei antikoagulierten Personen auf andere Techniken zurückgegriffen werden. Bei Hämatomen sind schnelle Kompression und Kühlung die ersten Maßnahmen [DGZMK, DGMKG, 2017]. Bekannt, jedoch selten ist die Fazialisparese ebenfalls infolge einer Leitungsanästhesie am N. alveolaris inferior, die meist zu weit posterior in der Nähe der Glandula parotis erfolgte. Betroffene leiden unter den typischen Asymmetrien im Gesichtsausdruck wie einem hängenden Mundwinkel und dem mangelhaften Lidschluss des ipsilateralen Auges. Bei ophthalmologischen Komplikationen gilt es, das Auge vor Austrocknung zu schützen, zum Beispiel mit einer Augensalbe oder einem Uhrglasverband [Jenyon et al., 2020; Alamanos et al., 2016]. Eine häufige Komplikation ist außerdem der Trismus. Nach Injektion in die Mm. temporalis, masseter oder pterygoideus medialis kann die Schädigung von Muskelfasern zur Kieferklemme führen. Die Behandlung erfolgt mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) über 48 Stunden sowie langsam zu steigernden Bewegungsübungen zur Mundöffnung, zum Beispiel mit Spateln [Ogle und Mahjoubi, 2012]. Die häufigste systemische Komplikation der Lokalanästhesie (0,1 bis 0,6 Prozent) ist die vasovagale Synkope, die gleichzeitig den insgesamt häufigsten Notfall in der Praxis darstellt [Daubländer, 1997; Malamed, 1997]. Die Patientin oder der Patient ist dann in die Schocklage (Trendelenburg-Lagerung) zu verbringen. Darüber hinaus kann es durch Überdosierung des Lokalanästhetikums und eher noch durch den Vasokonstriktor zu einer Intoxikation kommen. Bei der Überdosierung von Adrenalin kommt es, insbesondere im Zusammenhang mit hohen endogenen Adrenalinspiegeln durch Stress oder Angst, zu vegetativen und kardiovaskulären Symptomen, die der typischen Wirkung von Katecholaminen entsprechen. Symptome sind zum Beispiel Blässe, Schwitzen, Tachykardie, Arrhythmie. Aus diesem Grund ist die anamnestische Ermittlung von Kontraindikationen essenziell. Denn insbesondere bei kardiovaskulären Risikopatienten kann es zu lebensbedrohlichen Symptomen wie Kammerflimmern, hypertensiver Krise oder gar einem Herzinfarkt kommen. Die Überdosierung des Lokalanästhetikums lässt sich in drei Phasen einteilen: n Prodromalphase: Unter anderem zittern Personen, schwitzen, haben Ohrensausen und einen metallischen Geschmack im Mund. Hier gilt es, die Injektion abzubrechen und Sauerstoff zu geben (circa 4–6 l/ min). n Erregungsphase: Hier sollte der Notarzt gerufen und gegebenenfalls Diazepam 5–15 mg i.v. verabreicht werden, da nun insbesondere Desorientierung und generalisierte Krämpfe auftreten. n Depressionsphase: Sie reicht bis zum Atem- und Herz-Kreislauf-Stillstand und macht eine Sicherung der Atemwege sowie gegebenenfalls eine Reanimation erforderlich [Daubländer et al., 2012]. Analgesie: Peri- und postoperative Schmerzen reduzieren Die zweite Säule der Schmerzausschaltung in der zahnärztlichen Praxis stellt die Analgesie dar. Relativ neu ist die sogenannte präemptive Analgesie. Sie wird seit 2021 empfohlen, als sich die Expertenkommission der Deutschen Schmerzgesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie in einer Stellungnahme einigte, dass die präund die intraoperative Gabe nicht den typischen Kriterien einer „Off-LabelNutzung“ entsprechen. So können unter Beachtung der KontraindiANALGETIKA IN DER ZAHNARZTPRAXIS Präparat Einzeldosis Maximaldosis pro Tag Dosisintervall Paracetamol 500–1000 mg 4000mg/d 4–6 h Acetylsalicylsäure 500–1000 mg 3500mg/d 4–8 h Ibuprofen 400–600mg 2400mg/d 6–8 h Diclofenac 50–100mg 150mg/d 6–8 h Etoricoxib 60–120mg 120mg/d 24 h Metamizol 500–1000 mg 4000mg/d 4–6 h Tab. 2: In der zahnärztlichen Praxis gängige Analgetika mit ihrer Standarddosierung (siehe jeweilige Fachinformationen) ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

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