Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 09

ZAHNÄRZTLICHE MITTEILUNGEN | WWW.ZM-ONLINE.DE Richtig Feedback geben Zehn Regeln, wie Sie konstruktiv und wertschätzend Kritik üben – und so Ihr Team und Ihre Praxis beständig weiterentwickeln. SEITE 28 Meine ZFA ist ein Mann Nicht nur der Boys’ Day ist eine Chance, männlichen Nachwuchs für Ihre Praxis zu gewinnen. Angebot und Ansprache müssen überzeugen. SEITE 76 Enttäuschung über GVSG-Entwurf Auch im jüngsten Entwurf für ein Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz findet sich wieder keine Passage zur Regulierung von iMVZ. SEITE 18 Neue Serie zum 3-D-Druck AUSGABE 09 | 2024 zm 01.05.2024, Nr. 09 zm STARTER ab Seite 71

EDITORIAL | 3 Das Aus trotz Erfolgsgeschichte lenken wir den Blick dahin, wo es wirklich spannend wird. Denn den 3-D-Druck nur als alternative Fertigungsmöglichkeit zu nutzen, greift zu kurz. Richtig interessant wird es dort, wo mittels 3-D-Druck patientenspezifische digitale Restaurationen erstellt werden, die anders kaum möglich wären. Wir zeigen, was heute schon möglich ist und wo die technische Reise hingeht. In zm-Starter befassen wir uns (wieder einmal) mit männlichen ZFA und zeigen, wie sich Praxen auch für junge Männer attraktiv machen können. Außerdem stellen wir den ersten Jahrgang Zahnmedizin der Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB) vor. Die 48 Studierenden wurden nicht nach Numerus Clausus ausgewählt, sondern durchliefen einen mehrstufigen Auswahlprozess. Dies könnte auch ein Modell für andere Hochschulen sein, um wirklich geeignete Bewerberinnen und Bewerber zu finden. Viel Spaß bei der Lektüre Sascha Rudat Chefredakteur Eine Meldung im nicht gerade an Nachrichten armen Gesundheitswesen hat in den vergangenen Wochen in gewissen Kreisen für ziemliche Aufregung gesorgt. Das gemeinsam von der Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) getragene Ärztliche Zentrum für Qualität (ÄZQ) soll Ende dieses Jahres dichtgemacht werden. Bemerkenswert ist das in mehrfacher Hinsicht. Beim 1995 gegründeten ÄZQ handelt es sich sicher ohne Übertreibung um ein Leuchtturmprojekt der ärztlichen Selbstverwaltung. Von Anbeginn hat die wissenschaftliche Einrichtung eine Lanze für die Evidenzbasierte Medizin (EbM) gebrochen. Eine der Kernaufgaben ist die Erstellung der sogenannten Nationalen Versorgungsleitlinien (zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, AWMF), die es aktuell zu acht Themen wie Asthma oder Diabetes gibt. Zu diesen extrem hochwertig erarbeiteten Leitlinien gehören auch immer Patientenleitlinien, die neueste wissenschaftliche Erkenntnisse in patientengerechte Sprache übersetzen. Daneben hat sich das ÄZQ um den ganzen Bereich der ärztlichen Qualitätssicherung besonders verdient gemacht. Und weshalb nach einer solchen Erfolgsgeschichte nun das plötzliche Aus für das 16-köpfige ÄZQ-Team? Diese Frage beantworten die Betreiber BÄK und KBV nur ausweichend. „Vor dem Hintergrund geänderter rechtlicher und organisatorischer Rahmenbedingungen sehen KBV und BÄK keine Perspektive für die dauerhafte Fortführung von gemeinsamen Einrichtungen“, habe die BÄK gegenüber dem „Tagesspiegel“ geäußert. Kenner mutmaßen, dass die Übertragung von Aufgaben an das geplante Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) dahinter stecken könnte. Spätestens an diesem Punkt sollte es auch für die Zahnärzteschaft interessant werden. Wenn die wissenschaftliche Leitlinienerstellung wirklich von einer Einrichtung der Selbstverwaltungsorgane und der Fachgesellschaften hin zu einer staatlichen Behörde wandern sollte, sollten die Alarmglocken schrillen. Dies wäre ein weiterer Schritt hin zu einem staatlich gelenkten Gesundheitssystem. Besonders gravierend dabei: Hier geht es um die medizinische Kernkompetenz der Gesundheitsberufe. Es braucht nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, was es bedeuten würde, sollte die Erstellung der Nationalen Versorgungsleitlinien künftig unter staatliche Aufsicht fallen. So oder so wird das Ende des ÄZQ nach fast 30 Jahren ein herber Verlust für die Ärzteschaft sein. In dieser Ausgabe starten wir eine lose Reihe zum 3-DDruck, in der wir Sie mit dieser Technologie und deren Möglichkeiten im Detail vertraut machen. Dabei beschäftigen wir uns unter anderem mit der Frage, ob vermeintlich günstige, offene Systeme oder Komplettpakete mit RundumService der Dentalindustrie die bessere Lösung sind. Auch Foto: Lopata/axentis

4 | INHALT 20 Die Psychologie des PVS-Wechsels Der Umstieg auf ein neues Praxisverwaltungssystem trifft oft auf Widerstände und Ängste – wie Sie Ihr Team am besten mitnehmen. 64 Zahnmedizinische Schmerzkontrolle Der aktuelle wissenschaftliche Stand bei Lokalanästhesie, Analgesie und Sedierung. MEINUNG 3 Editorial 6 Leitartikel 8 Leserforum POLITIK 12 KZBV, KBV, DKG und ABDA kritisieren Ampel-Politik „Es drohen dramatische Versorgungslücken“ 18 Enttäuschung über GVSG-Entwurf Wieder keine Regulierung von iMVZ 40 Laienverständliche Informationen im Entlassmanagement G-BA empfiehlt Patientenbriefe für die Regelversorgung 70 Debatte um Individuelle Gesundheitsleistungen Väterchen Staat versus mündiger Bürger ZAHNMEDIZIN 23 Kongress zur Seniorenzahnmedizin inMainz Der alte Mensch im Fokus 24 Der besondere Fall mit CME Chronische Sialolithiasis: Submandibulektomie bei rezidivierenden Beschwerden 34 Zahngesundheit bei Bulimie und Magersucht Carolinum bietet zahnmedizinische Sprechstunde bei Essstörungen 64 Von der Anästhesie bis zur Sedierung Was gibt es Neues in der zahnmedizinischen Schmerzkontrolle? TITELSTORY 42 Serie 3-D-Druck 42 Mit additiver Fertigung zur personalisierten Zahnmedizin 43 Fertigungstechnologien für den 3-D-Druck in der Zahnheilkunde PRAXIS 20 So nehmen Sie Ihr Team mit Die Psychologie des PVS-Wechsels 28 Professionelles Mitarbeitergespräch Zehn Regeln für ein konstruktives Feedback 32 Wie aus dem Handicap eine Chance werden kann Legasthenie am Arbeitsplatz Inhalt zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (690)

INHALT | 5 71 Acht lange Jahre bis ins Glück Interview mit der Zahnärztin Hanan Faour über ihren Berufsanerkennungsprozess TITELSTORY 43 3-D-Druck Ein Überblick über die Technik und ihre Einsatzmöglichkeiten. 37 Herzfrequenz, Cortisol und Alpha-Amylase steigen Schon die Beobachtung von Stress löst Symptome aus 54 PFAS in Einweggeschirr Steckt in Ihren Pappbechern die Chemikalie für die Ewigkeit? GESELLSCHAFT 16 Kölner Studie zu praxisseitigen Terminabsagen in der Pandemie Diese Ängste hatten Zahnärzte im Lockdown 30 Landesarbeitsgemeinschaft für Zahngesundheit 70 Jahre LAGZ Baden-Württemberg 56 Widerstandskämpfer und „Staatsfeinde“ im „Dritten Reich“ Ewald Fabian (1885–1944) – (Exil-)Publizist im Widerstand gegen die NS-Gesundheitspolitik 62 Das Dental Emergency Team hilft Geflüchteten aus der Ukraine Der Bedarf steigt mit der Dauer des Krieges ZM-STARTER 71 Interview mit der Zahnärztin Hanan Faour über Ihren Berufsanerkennungsprozess „Am schwersten war es, geduldig zu bleiben“ 74 Neuer Studiengang Zahnmedizin gestartet Premiere in Brandenburg 76 So erreichen Praxen den männlichen ZFA-Nachwuchs „Zeigen Sie Role-Models“ 80 Bonner MKG-Chirurgie führt OSCE-Verfahren ein Eine Parcours-Prüfung im Zahnmedizinstudium MARKT 83 Neuheiten RUBRIKEN 59 Formular 60 Termine 82 Impressum 102 Zu guter Letzt zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (691) Titelfoto: Josef Schweiger

Zusammen mit den drei anderen tragenden Säulen der Gesundheitsversorgung in Deutschland hat die KZBV am 11. April in der Bundespressekonferenz die Gesundheitspolitik der Bundesregierung scharf in die Kritik genommen. Die Spitzen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) haben zusammen mit uns ihre Kritikpunkte vorgebracht. Allein diese Allianz sollte auch dem Letzten deutlich machen, dass es hier nicht um Partikularinteressen einzelner Berufsgruppen geht. Vielmehr eint uns alle vier die Sorge, ob die Menschen in Deutschland auch in Zukunft noch flächendeckend und wohnortnah Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser und Apotheken finden werden. Denn ohne unmittelbare politische Weichenstellungen droht das Gesundheitssystem zu kollabieren. Dies geht zulasten der Patientenversorgung. Um es deutlich zu sagen: Die zahnärztliche Versorgung, wie wir sie alle kennen, ist in Gefahr. Das ist die unvermeidliche Folge einer kurzsichtigen versorgungsfeindlichen Gesundheitspolitik. Dazu gehört auch eine nicht am Praxisalltag ausgerichtete Digitalisierungsstrategie und eine überbordende Bürokratie, die uns Zahnärztinnen und Zahnärzte von unserer Kernaufgabe – der Patientenversorgung – abhalten. Durch diese niederlassungsfeindlichen Rahmenbedingungen drohen vorzeitige Praxisschließungen. Zudem halten sie zunehmend die junge Zahnärzteschaft davon ab, sich niederzulassen. Sie wissen es alle: Vor allem in ländlichen undstrukturschwachen Regionen kommt es bereits heute zu Versorgungsengpässen. Die Kostendämpfungspolitik von Bundesgesundheitsminister Lauterbach hinterlässt aber noch an anderer Stelle tiefe Einschnitte: Mit Blick auf die Bekämpfung der Volkskrankheit Parodontitis müssen wir aufgrund der wiedereingeführten strikten Budgetierung mittlerweile von einem unumkehrbaren Schaden für die Patientenversorgung ausgehen. Wie wir wissen, ist erst 2021 die neue, präventionsorientierte Parodontitistherapie in die Versorgung gekommen. Jedoch hat das BMG die hierfür notwendigen Mittel bei seinen Budgetvorgaben im Rahmen des GKVFinanzstabilisierungsgesetzes nicht einbezogen. Die Folgen sehen wir jetzt in aller Deutlichkeit: ein dramatischer Rückgang bei den Parodontitis-Neubehandlungsfällen! Konkret: Die durchschnittlich etwa 120.000 Neubehandlungen pro Monat im Jahr 2022 sind auf circa 77.500 Ende 2023 eingebrochen. Das hat natürlich fatale Auswirkungen auf die Versorgung und entspricht bei Weitem nicht den Zielvorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses. Die Folgen einer unbehandelten Parodontitis für die ganze Gesundheit des Menschen sollten inzwischen hinlänglich bekannt sein. Umso verwunderlicher ist es, dass Minister Lauterbach der Parodontitisbehandlung die Mittel entzieht und somit klar gegen eine präventionsorientierte Patientenversorgung handelt. Neben den gesundheitlichen Auswirkungen ist diese Politik auch volkswirtschaftlich langfristig enorm schädlich. Denn mit einer unbehandelten Parodontitis gehen auch immens hohe Folgekosten für das Gesundheitssystem einher: Im zahnärztlichen Bereich summieren sich diese pro Jahr auf rund 200 Millionen Euro. Hinzu kommen indirekte Krankheitskosten von knapp 35 Milliarden Euro. Eine konsequente Therapie und Prävention von Parodontitis, an der rund 30 Millionen Menschen in Deutschland leiden, würden diese Kosten zumindest deutlich reduzieren. Auch der kürzlich vorgelegte Referentenentwurf des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) sieht nicht vor, die Parodontitistherapie mit den notwendigen Mittel zu unterfüttern. Vergeblich sucht man darin auch – trotz mehrfacher Ankündigung des Ministers – eine Regulierung Medizinischer Versorgungszentren, die von versorgungsfremden Investoren (iMVZ) betrieben werden. Mit dem Referentenentwurf des GVSG bleiben die dringenden versorgungspolitischen Probleme also weiterhin ungelöst – mit erheblichen Gefahren für die Patientenversorgung. Unsere Vorschläge für eine weiterhin flächendeckende, wohnortnahe und hochwertige Versorgung liegen auf dem Tisch, werden aber von Lauterbach konsequent ignoriert. Ohne Kooperations- und Gesprächsbereitschaft kann aber die Transformation des Gesundheitswesens im Sinne der rund 84 Millionen Menschen in Deutschland nicht gelingen. Martin Hendges Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Lesen Sie mehr zur Kritik der vier Gesundheitsorganisationen auf S. 12. Nicht nur die zahnärztliche Versorgung ist inGefahr Foto: Jan Knoff, Cologne 6 | LEITARTIKEL

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zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (694) Leserforum Das Thema einer medikamentösen Bruxismustherapie ist genauso alt wie frustran. Zu zwei im Artikel „Bruxismus bei Kindern und Jugendlichen“ angegebenen Medikamenten möchte ich hier Fundstellen aus Wikipedia anführen: Imipramin: Ein Forscherteam aus Großbritannien und den USA kam zu dem Ergebnis, dass der Arzneistoff Imipramin für Kinder und Jugendliche weder wirksam noch sicher sei. Trazodon: Trazodon darf bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht angewendet werden. In dieser Patientengruppe wurden in klinischen Studien mit Antidepressiva häufiger Suizidverhalten und Feindseligkeiten beobachtet als unter Placebo. Außerdem: Wie viel Bruxismus braucht es, bis ich einem Kind ein Benzodiazepin verordne? Vorsicht ist also geboten. Dr. Karsten Hufschmidt Bremen Antwort der Autorin Janine Borngräber: Sehr geehrter Herr Dr. Hufschmidt, ich freue mich, dass Sie meinen Beitrag gelesen haben. In meinem Artikel habe ich bereits erwähnt, dass von einer Medikation bei gesunden Kindern abzusehen ist. Die Medikamente werden lediglich zur Behandlung der Grunderkrankungen wie zum Beispiel ADHS oder psychische Leiden eingesetzt und haben zusätzlich den positiven Nebeneffekt, dass Bruxismus reduziert wird. Mit freundlichen kollegialen Grüßen Janine Borngräber BRUXISMUS Vorsicht bei der Medikation von Kindern Zur Fortbildung „Bruxismus bei Kindern und Jugendlichen“, zm 7/2024, S. 48–54. Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinnwahrende Kürzungen vor. Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu veröffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an leserbriefe@zm-online.de oder an die Redaktion: Zahnärztliche Mitteilungen, Chausseestr. 13, 10115 Berlin. Anonyme Leserbriefe werden nicht veröffentlicht. Foto: ©Federico Rostagno - stock.adobe.com

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zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (696) 10 | LESERFORUM UMGANG MIT AGGRESSIVEN PATIENTEN Eine Verwarnung, dann Praxisverweis Zum Titel „Der aggressive Patient“, zm 8/2024, S. 26–28 Kurz und schmerzlos: Ihre Charakterisierung und der von Ihnen vorgeschlagene Umgang mit diesen Patienten treffen bei mir auf erheblichen Widerspruch. Nach 40 Jahren in eigener Praxis kann ich nur noch konstatieren: Wir werden von fast allen gegängelt (Krankenkassen sowieso, aber auch Kammern und KZVen). Wertschätzung findet nur noch bei ausgewählten Patienten statt. Die Politik benutzt uns regelmäßig nur noch als Fußabtreter. Und jetzt versuchen Sie ernsthaft uns dafür zu gewinnen, diese von Ihnen genannten Problempatienten geradezu noch zu „hofieren“. Das kann nicht Ihr Ernst sein. Die Patiententypen 5 und 6 sind sicherlich eher krank im Sinne des Wortes und bedürfen spezieller Zuwendung, auch von uns. Aber für die Typen 1 bis 4 gibt es bei uns (im Wiederholungsfall) nur und ausschließlich die Aufforderung, die Praxis umgehend zu verlassen und nie wieder zu betreten. Wenn das mit dieser sachlichen Ansage nicht geht, haben wir auch schon die 110 gewählt. Dann geht es sehr einfach. Ich sehe es überhaupt nicht ein, dass ich (bei Erwachsenen) die Erziehungsdefizite auf meine Kosten (Zeit und Nerven) kompensieren soll. Und da die Zahl dieses Typs „Mensch“ eher zunimmt, ist es nur gut, in seiner Praxis konsequent eine gewisse Psychohygiene zu fordern. Wer das nicht will, hat die Wahl zwischen weiteren 60.000 Praxen in Deutschland. Meine ist für ihn nicht mehr dabei. Und soll ich Ihnen etwas sagen: Ich bin glücklich damit, meine Mitarbeiterinnen auch und unsere Patienten (wirklich „unsere“) sind uns lieb und teuer. „Herrscher, Nörgeler, Besserwisser und Querulanten“ werden bei uns einmal verwarnt und im Wiederholungsfall der Praxis verwiesen – für immer. Dr. Wolfgang Moser Halver AUFRUF: BESCHREIBEN SIE UNS IHREN ARBEITSALLTAG BEI EINER PRAXISKETTE Umsatzdruck, Mobbing, Lockangebote – oder alles tutto bene? Ende März erreichte die zm-Redaktion eine Zuschrift, in der eine Zahnärztin von haarsträubenden Arbeitsbedingungen in einer namhaften deutschen Praxiskette berichtet. Wir wollen wissen, was dran ist: eine absolute Ausnahme oder die traurige Regel? Schreiben Sie uns! Aus Bewertungsportalen, dem Smalltalk mit Kolleginnen und Kollegen oder „um drei Ecken“ kennen viele Zahnmediziner Anekdoten über toxische Arbeitgeber, wo kreative Personalführungsoder Abrechnungsmethoden an der Tagesordnung sein sollen. Die Frage ist: Handelt es sich dabei um nachprüfbare Fakten oder doch eher um urbane Legenden, gezielte Rufschädigung enttäuschter Ex-Mitarbeitender oder schlicht Trashtalk, der nach dem Stille-Post-Prinzip mit jeder Wiederholung an Dramatik gewinnt, aber an Wahrheitsgehalt einbüßt? Die zm-Redaktion möchte der Sache auf den Grund gehen und bittet darum alle Zahnärztinnen und Zahnärzte, die Erfahrungen in großen und kleineren Praxisketten gesammelt haben, uns per E-Mail an zm@zm-online. de von ihren Erfahrungen zu berichten. Schreiben Sie uns, wie das Recruiting gelaufen ist, wie der Arbeitsalltag aussieht oder -sah und: falls es zur Beendigung der Tätigkeit kam, wie das Offboarding verlaufen ist. Wir behandeln die Rückmeldungen streng vertraulich und geben zu keinem Zeitpunkt ihre Identität preis. Zunächst geht es darum, Informationen zu sammeln und so möglicherweise zu erhärten, ob es bei großen Praxisketten Muster in den Geschäftsgebaren und -praktiken gibt. mg Foto: bernardbodo – stock.adobe.com SCHREIBEN SIEUNS!

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12 | POLITIK zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (698) KZBV, KBV, DKG UND ABDA KRITISIEREN AMPEL-POLITIK „Es drohen dramatische Versorgungslücken“ Die Spitzen der Zahnärzte, Ärzte, Apotheker und Krankenhäuser haben gemeinsam die Gesundheitspolitik der Regierung scharf kritisiert. Die Versorgung der Patientinnen und Patienten müsse wieder in den Fokus rücken. In der Bundespressekonferenz stellten die Spitzen von Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV), Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung (KZBV), Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) und Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) am 11. April ihre Kritikpunkte an der Gesundheitspolitik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach dar. Ohne unmittelbare politische Weichenstellungen seien dramatische Versorgungslücken zu erwarten, warnten die Organisationen: „Uns alle eint die Sorge darum, ob die Menschen in Deutschland auch in Zukunft noch flächendeckend und wohnortnah Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser und Apotheken finden werden“, betonten sie vor der Hauptstadtpresse. „Zahlreiche Dokumentationsvorschriften sind überflüssig“ Heftige Kritik ruft etwa die immense Bürokratielast hervor, die unter der Ampel-Regierung „nochmals zugelegt“ habe. Die Organisationen forderten die Politik auf, die Versorgung spürbar zu entbürokratisieren. Zahlreiche Dokumentationsvorschriften seien überflüssig. „Letztendlich führt die überbordende Bürokratie dazu, dass immer weniger Zeit für die Patientenversorgung bleibt“, rügen die Organisationen. Auch die Freiberuflichkeit sehen sie stark gefährdet. Anstatt die bestehenden Strukturen zu stärken und zu stabilisieren, wolle der Minister in überflüssige neue Strukturen investieren – wie etwa in Gesundheitskioske. Dadurch fehlten aber notwendige Mittel für die Versorgung. Auf Ablehnung stößt auch die Art und Weise, wie Karl Lauterbach Politik betreibt – und diese kommuniziert. Alle vier Organisationen kritisierten neben inhaltlichen Schwachpunkten bei den Gesetzentwürfen „den mangelnden Respekt, den der Minister der Selbstver- „Uns eint die Sorge, ob die Menschen in Deutschland in Zukunft noch flächendeckend und wohnortnah Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser und Apotheken finden werden“ – ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening, KZBV-Chef Martin Hendges, KBV-Chef Dr. Andreas Gassen und Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG (v.l.n.r.) Foto: ABDA/Wagenzik

Kinder. Zähne. Gärtnern. Und wofür brauchen Sie mehr Zeit? Mehr Selbstbestimmung und Flexibilität durch die eigene Praxisgründung – darauf setzt Katharina Albertsen. Finanziell das große Ganze im Blick zu behalten, ist dabei unser Job. Was immer Sie bewegt, sprechen Sie mit uns. > apobank.de/gruenden Katharina Albertsen Zahnärztin und Mutter von vier Kindern, Varel

14 | POLITIK zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (700) STATEMENTS DER BETEILIGTEN ORGANISATIONEN NIEDERLASSUNGSFEINDLICH, NICHT ZU ENDE GEDACHT, DESASTRÖS KZBV-Chef Martin Hendges Der Vorstandsvorsitzende der KZBV, Martin Hendges, warnte, dass die zahnärztliche Versorgung, „wie wir sie alle kennen“, in Gefahr sei: „Dazu gehört auch eine nicht am Praxisalltag ausgerichtete Digitalisierungsstrategie und eine überbordende Bürokratie, die uns Leistungserbringer von der Patientenversorgung abhalten“, erklärte er. Durch diese niederlassungsfeindlichen Rahmenbedingungen drohten vorzeitige Praxisschließungen. Zudem hielten sie die junge Zahnärzteschaft zunehmend davon ab, sich in eigener Praxis niederzulassen. Vor allem in ländlichen und strukturschwachen Regionen komme es bereits heute zu Versorgungsengpässen. (Mehr dazu im Leitartikel auf S. 6) KBV-Chef Dr. Andreas Gassen „Viel zu kompliziert, nicht zu Ende gedacht und mit kaum absehbaren gewaltigen Folgen. So lassen sich aktuell fast alle Gesetzentwürfe aus dem Hause Lauterbach beschreiben“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Gassen. „Gemeinsam ist den Entwürfen, dass sie eine standardisierte und zentrierte Versorgung favorisieren – und zwar mit Standards, deren Sinnhaftigkeit sich aus Versorgungssicht nicht erschließt.“ Die ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen würden von selbstständigen Freiberuflern geführt, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten an ihrem Standort und mit ihrem Personal individuell passend das Bestmögliche machen, so Gassen weiter. „Das passt in keine bundesweite Schablone – das wird entweder nicht verstanden oder nicht gewollt.“ Stattdessen würden völlig praxisferne Vorgaben formuliert, die den Praxen immer mehr Leistungen abverlangten. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening Die Apothekenzahl befinde sich seit Jahren im Sinkflug, erklärte die ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Dadurch müssten immer mehr Patientinnen und Patienten weitere Wege zu ihrer Apotheke zurücklegen. Allein im vergangenen Jahr seien rund 500 Apotheken weggefallen – das entspreche der Apothekenzahl in Thüringen. „Auch in diesem Jahr führen die politisch verursachten Probleme zu massiven Belastungen“, so Overwiening. „Die Apothekenteams lösen die unzähligen Lieferengpässe, sie helfen den Menschen beim holprigen Start des E-Rezepts. Das alles übernehmen die Apotheken trotz zehrenden Fachkräftemangels.“ Statt die wohnortnahe Versorgung zu stabilisieren, kündige der Minister nur Scheinreformen an. „Seine aktuellen Ideen bedeuten für die Bevölkerung weitgehende Leistungskürzungen. [...] Sich ernsthaft für eine solide Versorgung einzusetzen, sieht anders aus.“ DKG-Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß Die große Krankenhausstrukturreform sei vonseiten des Ministeriums so schlecht gemanagt worden, dass man praktisch von einem Scheitern sprechen müsse, erklärte der Vorstandsvorsitzende der DKG, Gerald Gaß: „Stand heute liegt noch nicht einmal ein abgestimmter Referentenentwurf [...] vor. Der bekannt gewordene 'Nichtentwurf' beschreibt über 15 Seiten den Aufwuchs an Bürokratie, ohne dass die zentralen Ziele des Gesetzes auch nur ansatzweise erreicht werden. Eine Vorhaltefinanzierung, die nachweislich ihre Wirkung verfehlt, eine Krankenhausplanung nach Leistungsgruppen, die sich weit vom NRW-Modell entfernt hat und mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt, und ein Transformationsfonds, den im Wesentlichen die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenkassen finanzieren. Insgesamt eine desaströse Bilanz nach zweieinhalb Jahren Regierungszeit.“ Foto: ABDA/Wagenzik waltung und damit letztendlich auch den Patienten, für die sie sich Tag für Tag einsetzt, entgegenbringt“. Immer wieder bezeichne er die Organisationen mit ihren gesetzlich festgelegten Aufgaben als „Lobbygruppen“ und verweigere Gespräche mit ihnen. „Wir können die gewohnte Versorgung nicht länger leisten“ Zudem sei der Minister bislang vor allem durch größtenteils vage, öffentliche Ankündigungen aufgefallen. Konkrete politische Umsetzungen folgten entweder gar nicht, nur halbherzig oder extrem verspätet. So habe Lauterbach zu Beginn seiner Amtszeit mit Nachdruck angekündigt, dass es mit ihm keine Leistungskürzungen geben werde. De facto hätten seine politischen Entscheidungen aber dazu geführt, dass die Patienten immer weniger Leistungen an weniger Standorten erhalten werden oder bereits erhalten. KBV, KZBV, DKG und ABDA forderten Lauterbach und die Ampel daher auf, die Versorgung der Patienten wieder in den Fokus zu nehmen. „Die Stimmung der Leistungserbringer ist auf einem absoluten Tiefpunkt; Sie stoßen an ihre Grenzen und können die Versorgung, wie die Patienten sie bisher gewohnt waren, nicht mehr länger leisten“, stellten sie fest. Bevor die kommenden Gesetzentwürfe ins parlamentarische Verfahren gehen, müsse Lauterbach daher „endlich in den Dialog mit denjenigen treten, die die Versorgung täglich gestalten“. Die Lösungsvorschläge lägen ja längst auf dem Tisch, die Reformbereitschaft sei gegeben. Falls der Kurswechsel ausbleibe, kündigten die vier Organisationen an, in den kommenden Wochen verstärkt über die verheerenden Folgen dieser Politik für die Versorgung von rund 84 Millionen Patientinnen und Patienten in Deutschland aufzuklären. pr

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16 | GESELLSCHAFT KÖLNER STUDIE ZU PRAXISSEITIGEN TERMINABSAGEN IN DER PANDEMIE Diese Ängste hatten Zahnärzte im Lockdown Während der COVID-19-Pandemie wurden in Deutschland nicht nur von Patienten, sondern auch von Zahnärzten selbst Behandlungen gecancelt oder verschoben. Forschende aus Köln haben jetzt den Zusammenhang untersucht, wie die Angst der Zahnärzte vor einer Ansteckung mit ihrer emotionalen Belastung aufgrund der finanziellen Einbußen durch die Terminabsagen zusammenhängt. Bisherige Studien konzentrierten sich eher auf die wirtschaftlichen Folgen von COVID-19 auf die Zahnarztpraxen in Deutschland – warum in dieser Zeit Behandlungstermine abgesagt wurden, spielte keine Rolle. Die Autorinnen und Autoren dieser Arbeit stellten genau diese Frage, mit dem Ziel, Zahnärztinnen und Zahnärzte besser auf zukünftige Pandemien vorzubereiten. Für ihre Studie erhoben die Wissenschaftler Daten auf Basis einer anonymen Querschnitts-Onlinebefragung, die von März bis April 2020 durchgeführt worden war. Die Stichprobe umfasste 269 niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzten in Deutschland. Angestellte Zahnärzte wurden ausgeschlossen, da sie möglicherweise nicht befugt waren, Termine abzusagen. Eingeschlossen waren 97 Probanden weiblich (36 Prozent), 169 männlich (63 Prozent) und eine Person divers (1 Prozent). Die meisten Befragten waren zwischen 41 und 50 Jahre (27 Prozent) beziehungsweise 51 und 60 Jahre (38 Prozent) alt. Die Mehrheit (71 Prozent) betrieb eine Einzelpraxis, die durchschnittliche Berufserfahrung betrug 25 Jahre. Für die Umfrage wurden die zahnärztlichen Behandlungen in drei Kategorien eingeteilt: „planbar“ (Vorsorgeuntersuchungen, Prophylaxe und Prothetiktermine), „Akutbehandlungen ohne COVID-Symptome“ und „Akutbehandlungen mit COVID-Symptomen“. Die Fragen bezogen sich auf sieben Behandlungsarten, dabei konnte für jedes Item angegeben werden, ob die Behandlung „abgesagt“, „weiterhin angeboten“ oder „grundsätzlich nicht angeboten“ wurde. Die eigene Sorge der Zahnärzte, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren (CAI), wurde mittels einer 4-stufigen LikertSkala erfasst (1 = „sehr niedrig“; 4 = „sehr hoch“). Im Ergebnis gab ein Großteil der Zahnärztinnen und Zahnärzten an, dass sie in ihrer Praxis im März und April 2020 planbare Behandlungen wie Vorsorgeuntersuchungen (51 Prozent). Prophylaxetermine (82 Prozent) und Prothetiktermine (56 Prozent) gecancelt haben. Bei „Akutbehandlungen ohne COVIDSymptome“ setzten 80 Prozent Therapien wie Wurzelkanalbehandlungen fort und 92 Prozent boten weiterhin solche Leistungen an. Bei „Akutbehandlungen mit COVID-Symptomen“ berichtete fast die Hälfte (49 Prozent), dass sie die Termine abgesagt haben, und 37 Prozent, dass man CoronaPatienten generell nicht mehr einbestellt hat. Was die Sorge vor einer Selbstansteckung betraf, hatten von 259 Zahnärzten, die dazu Angaben machten, 58 Prozent Angst, sich bei der Behandlung mit COVID zu infizieren (34 Prozent hatten eher große, 24 Prozent sehr große Angst). Dagegen sorgten sich 31 Prozent eher wenig und zwölf Prozent sehr wenig. zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (702) Erbringung zahnärztlicher Leistungen im März/April 2020 Präventive Checkups Prophylaxe Prothetik Wurzelkanalbehandlung Akute Beschwerden ohne Vorliegen vonCOVID19-Symptomen Akute Beschwerden bei Vorliegen von COVID-19-Symptomen 48,8 16,7 41,4 78,8 91,6 13,8 51,2 81,9 55,8 17,5 5,6 49,0 0,5 1,4 2,8 3,8 2,8 37,1 angeboten abgesagt nicht angeboten Angaben in Prozent Fotos: Igor – stock.adobe.com, warmworld – stock.adobe.com

GESELLSCHAFT | 17 Von 261 selbstständigen Zahnärzten gaben 81 Prozent an, dass sie sich durch die wirtschaftlichen Auswirkungen während des ersten Lockdowns belastet gefühlt haben, bei den restlichen 19 Prozent war das nicht der Fall. Die Autoren verweisen in dem Zusammenhang auf eine Umfrage des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte von Juni 2020, wonach im Lockdown mehr als zwei Drittel der Zahnärzte 50 Prozent weniger arbeiteten im Vergleich zu vor der Pandemie. Eine weitere Studie ergab demzufolge einen Rückgang der Leistungserbringung im März und April 2020 um etwa 45 bis 50 Prozent mit einem geschätzten Umsatzverlust von 1,5 Milliarden Euro in deutschen Zahnarztpraxen. Mehr als zwei Drittel von ihnen meldeten Kurzarbeit an, viele passten daher ihre Öffnungszeiten an und reduzierten ihre Sprechstundenzeiten, einige mussten aus finanziellen Gründen Mitarbeiter entlassen. Die Behandlung von Patienten ohne Symptome fand unverändert statt Mit der Sorge, sich selbst zu infizieren, stieg die Wahrscheinlichkeit stark, bei Patienten mit akuten Beschwerden und COVID-Symptomen Termine und planbare Behandlungen abzusagen. Zugleich gab es einen signifikanten negativen Zusammenhang zwischen Zahnärzten, die sich aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage gestresst fühlten, und der Wahrscheinlichkeit, Termine für solche Behandlungen anzubieten. Bemerkenswert sei allerdings, dass es bei der Akutbehandlung von Patienten ohne COVID-19-Symptome zu keiner signifikanten Verhaltensänderung kam, stellen die Forschenden fest. Dies deute darauf hin, dass Zahnärzte ihre persönlichen Bedenken und Ängste zurückstellten, um ihren ärztlichen Verpflichtungen gegenüber ihren Patienten nachzukommen. Eine bessere Bevorratung und Verteilung der persönlichen Schutzausrüstung könne die Angst vor Ansteckung künftig möglicherweise reduzieren, mutmaßen die Autoren. Wobei aus ihrer Sicht eine wichtige Frage unbeantwortet bleibt: „Fühlten sich die Zahnärzte in ihrer wirtschaftlichen Situation durch die Umstände der Pandemie und die Corona-Maßnahmen emotional belastet, oder waren die Terminabsagen vielmehr die selbstverschuldete Ursache der emotionalen Belastung?“ Ihr Fazit: Bei den praxisbedingten Terminabsagen war die Angst der Zahnärzte, sich mit COVID-19 anzustecken, entscheidend. Die Zahnärzte differenzierten dabei allerdings nach der Kategorie und der Dringlichkeit der Behandlung. „Wenn die zahnärztliche Versorgung in Zeiten einer Pandemie aufrechterhalten werden soll, müssen persönliche Umstände des Zahnarztes wie Bedenken hinsichtlich einer Infektion und die Praxisfolgen berücksichtigt werden“, resümieren die Autoren. ck Die Studie: Santamaria M, Stöcker A, Hoffmann J, Mause L, Ohnhäuser T, Scholten N: Infection Concerns and Economic Burden: Dentists' Cancellations During COVID-19. Int Dent J. 2024 Apr;74(2):276-283. doi: 10.1016/j.identj.2023.09.004. Epub 2023 Nov 14. PMID: 37973523; PMCID: PMC10988247. zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (703) Mehr unter: ohne künstliche Farbpigmente passt sich „automatisch“ der Zahnfarbe an Bis-GMA–freie Formulierung für eine bessere Biokompatibilität nachhaltige Bevorratung nur 1 Farbe bestellen & keine abgelaufenen Sonderfarben Die patentierte Smart Chromatic Technology in OMNICHROMA sorgt für stufenlose Farbanpassung von A1 bis D4 dank struktureller Farbe. Hinzu kommen 3 verschiedene Viskositäten für alle Vorlieben und Anwendungsbereiche. So bietet die OmnichromaFamilie dem Anwender alle erdenklichen Optionen mit einem Minimum an Materialien. OMNICHROMA – mehr braucht es nicht für moderne Füllungstherapie. 3 Viskositäten – unendliche Möglichkeiten Paste Flow FlowBulk Flow Bulk

18 | POLITIK ENTTÄUSCHUNG ÜBER GVSG-ENTWURF Wieder keine Regulierung von iMVZ Anders als wiederholt angekündigt, findet sich auch im jüngsten Entwurf für ein Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) keine Passage zur strengeren Regulierung investorenbetriebener Medizinischer Versorgungszentren (iMVZ). Seinem Namen werde das Gesetz damit nicht gerecht, kritisiert die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV). Dass Fremdinvestoren sich immer stärker in der vertragszahnärztlichen Versorgung ausbreiten, zeigt eine Analyse, die die KZBV im April 2024 veröffentlicht hat. Demnach befand sich fast jedes dritte zahnmedizinische MVZ zum Stichtag am 31. Dezember 2023 in Investorenhand. Mit der Ausbreitung von iMVZ gehen aus Sicht der KZBV erhebliche Gefahren für die Patientenversorgung einher. Insbesondere zeige die aktuelle Versorgungsstatistik, dass iMVZ immer noch keinen nennenswerten Beitrag zur Versorgung in strukturschwachen, ländlichen Gebieten leisteten. Denn: 79 Prozent der iMVZ siedeln sich laut Statistik in den Städten an. Diese Fehlentwicklung werde mit dem neuen GVSG-Entwurf nicht wirkungsvoll eingedämmt. „Hierfür wäre eine räumliche und vor allem fachliche Gründungsbeschränkung von iMVZ absolut unerlässlich“, merkt die KZBV in ihrer Stellungnahme zu dem Referentenentwurf an. Sinnvoll wären zudem MVZRegister auf Bundes- und Landesebene, die Transparenz über die Inhaber- und Beteiligungsstrukturen, insbesondere von iMVZ, schaffen. Auch auf dem Praxisschild sollte die Inhaberstruktur deutlich zu erkennen sein. Die angekündigte Regelung wurde mehrfach aufgeschoben Besonders groß ist das Unverständnis der Berufsvertretung für das Fehlen Private-Equity-Gesellschaften machen einen immer größer werdenden Anteil in der zahnärztlichen Versorgung aus. Vor diesem Hintergrund äußert sich die KZBV enttäuscht darüber, dass der Referentenentwurf zum Versorgungsgesetz I erneut keine Maßnahmen zur Regulierung von investorenbetriebenen MVZ enthält. Foto: VectorMine - stock.adobe.com zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (704)

POLITIK | 19 entsprechender Maßnahmen, weil Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in der Vergangenheit wiederholt angekündigt hatte, iMVZ stärker zu regulieren zu wollen. So hatte der Minister der „Bild am Sonntag“ bereits im Dezember 2022 gesagt: „Ich schiebe einen Riegel davor, dass Investoren mit absoluter Profitgier Arztpraxen aufkaufen.“ Entsprechende gesetzliche Regelungen sollten im Laufe des Jahres 2023 im Zuge der zwei großen GVSG-Sammelgesetze – auch als Versorgungsgesetze bezeichnet – folgen. Diese wurden jedoch immer wieder geschoben. Im Juni 2023 wurde schließlich ein nicht-offizieller Referentenentwurf für das Versorgungsgesetz I bekannt, in dem Vorschläge zur Regulierung von iMVZ fehlten. Das war auch in zwei weiteren inoffiziellen Entwürfen, die im Januar und im März 2024 an die Öffentlichkeit gelangten, der Fall und blieb im nun offiziellen Referentenentwurf unverändert. Auch das kritisiert die KZBV am aktuellen Entwurf: Nach wie vor seien keine Maßnahmen vorgesehen, um der Versorgung die finanziellen Mittel für dringend erforderliche zahnmedizinische Präventionsleistungen bereitzustellen. „Die Volkskrankheit Parodontitis, an der rund 30 Millionen Menschen leiden, nachhaltig zu bekämpfen, wird somit erheblich erschwert. Die mit einer unbehandelten Parodontitis einhergehenden, immens hohen Folgekosten für das Gesundheitssystem wirken zudem einer Stabilisierung der GKV-Ausgaben entgegen“, moniert die KZBV in ihrem Statement. Stattdessen blieben dringende versorgungspolitische Probleme weiterhin ungelöst. Wie soll das entkernte Gesetz die Versorgung verbessern? Überraschend: Bisher zentrale Elemente des Versorgungsgesetzes I wurden gestrichen. Dazu gehören neben den sogenannten Gesundheitsregionen und Primärversorgungszentren auch die Gesundheitskioske. Insbesondere letztere sah der Koalitionspartner FDP kritisch, da dadurch kostspielige und unnötige Doppelstrukturen drohten. Diese Bedenken teilten viele ärztliche und zahnärztliche Verbände. Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen, hob eine weitere Veränderung zu den vorangegangenen Versionen des GVSG hervor: „Es ist gut, dass in dem nun offiziellen Referentenentwurf des GVSG auf die Finanzierung zusätzlicher Medizinstudienplätze durch die Krankenkassen verzichtet wird.“ Auch der Verzicht auf die Gesundheitskioske sei die richtige Entscheidung. „Aufgaben der allgemeinen Daseinsfürsorge, für die der Staat aufzukommen hat, dürfen nicht den Versicherten und Arbeitgebern in der gesetzlichen Krankenversicherung aufgebürdet werden“, so Elsner. Dem stimmte Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, zu. Gleichzeitig merkte sie an, dass leider auch alle vielversprechenden neuen Versorgungsansätze aus dem Gesetzesentwurf gestrichen worden seien. Aus Sicht des AOK-Bundesverbands sollten die Gesundheitsregionen und Primärversorgungszentren „als sinnvolle und zukunftsweisende Ansätze auf jeden Fall Bestandteil des Gesetzes bleiben. Andernfalls bliebe von den ursprünglichen Plänen im Wesentlichen eine hausärztliche Honorarreform übrig, die keine wirkliche Verbesserung der Versorgung bringen wird“. ck, sth zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (705) Mit dem Referentenentwurf des GVSG bleiben dringende versorgungspolitische Probleme weiterhin ungelöst – mit erheblichen Gefahren für die Patientenversorgung. Martin Hendges, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV AUS SICHT DER KZBV BESTEHT DRINGENDER POLITISCHER HANDLUNGSBEDARF WARUM IMVZ DIE PATIENTENVERSORGUNG GEFÄHRDEN n Kaum iMVZ im ländlichen und strukturschwachen Raum: iMVZ siedeln sich vor allem in Großstädten und Ballungsräumen mit überdurchschnittlichen Einkommen an, die häufig einen hohen zahnärztlichen Versorgungsgrad aufweisen. Zur Versorgung in strukturschwachen, zumeist ländlichen Gebieten leisten sie dagegen keinen nennenswerten Beitrag. n Tendenz zur Über- und Fehlversorgung: Die Abrechnungsdaten belegen eine Tendenz zu Über- und Fehlversorgungen in iMVZ gegenüber den bewährten Praxisformen. n Geringer Beitrag zur Versorgung vulnerabler Patientengruppen: An der Versorgung von Pflegebedürftigen, von Menschen mit Behinderung im Rahmen der aufsuchenden Versorgung und von Kindern und Jugendlichen mit präventiven Leistungen der Individualprophylaxe nehmen iMVZ kaum teil. n Gefahr von iMVZ-Großstrukturen: Durch größere Kettenbildungen steigt die Gefahr von regionalen Versorgungslücken im Fall von Insolvenzen mit gravierenden Folgen für Patientinnen und Patienten. Da die zahnmedizinische Versorgung fast ausschließlich ambulant erbracht wird und damit gänzlich anders gelagert ist als die Versorgung im ärztlichen Bereich, gibt es auch keine flächendeckenden stationären Versorgungsstrukturen, die den Ausfall ambulanter Strukturen zumindest partiell auffangen könnten. n Keine ausreichende Transparenz über Inhaberstrukturen: Die hinter iMVZ stehenden Eigentümer- und Beteiligungsstrukturen sind häufig sehr verschachtelt und können durch die bestehenden Register nicht ausreichend nachvollzogen werden.

20 | PRAXIS SO NEHMEN SIE IHR TEAM MIT Die Psychologie des PVS-Wechsels Mit dem Praxisverwaltungssystem (PVS) steht und fällt die Arbeit in der Zahnarztpraxis. In der Regel arbeiten alle im Team mit der Software, entsprechend groß ist die Herausforderung, das PVS zu wechseln. Damit das gelingt, müssen alle im Team mitziehen. Unter Umständen sind dabei Widerstände und Ängste zu überwinden. Wie Niedergelassene das Projekt am besten angehen können – und welche Erfahrungen andere Praxen dabei gemacht haben. Für die meisten Menschen ist es unangenehm, sich auf etwas komplett Neues einzulassen. Der Bereich Computer und Software ist dafür ein Paradebeispiel. Aus meiner Erfahrung muss es richtig weh tun, bis eine Praxis ihr PVS wechselt“, sagt Nicole Elias. Sie arbeitet seit über zehn Jahren als IT-Beraterin bei der KV Nordrhein und gibt regelmäßig Workshops zum PVS-Wechsel. In den Kursen geht es auch um psychologische Hürden. Elias: „Wenn man schon lange mit einem bestimmten System arbeitet, kann man es blind bedienen und kennt alle wichtigen Servicenummern. Und selbst, wenn man nicht hundertprozentig zufrieden mit der Software ist, treibt viele beim Gedanken an einen Wechsel die Sorge um, dass es hinterher nicht besserwird.“ Es tut meist richtig weh, bis eine Praxis wechselt Die Fachinformatikerin schätzt, dass beim PVS-Wechsel ein Großteil der Praxisinhaberinnen und -inhaber zögern, weil sie die Angst haben, dass ihre Angestellten nicht mitmachen. Diese Angst hält die IT-Expertin nicht für unbegründet. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien daran interessiert, ihre Aufgaben zügig zu erledigen. „Ein neues PVS bedeutet aber neue Abläufe, und das heißt: Man ist erst einmal langsamer. Dann kommt schnell die Sorge auf, dass man sein Arbeitspensum nicht schafft“, erklärt sie. Viele Praxen arbeiteten seit Jahrzehnten mit einer Software, viele nutzten das PVS auch nur für die Abrechnung und gar nicht für andere administrative Prozesse. „Und wenn dann plötzlich stärker digitalisiert wird – das ist ja häufig nach einer Praxisübernahme der Fall – kann das bei einer nicht IT-affinen Person starke Ängste auslösen.“ Schaltstelle der Zahnarztpraxis: Mit dem Praxisverwaltungssystem (PVS) arbeiten alle im Team. Was können Chefinnen und Chefs tun, damit sich bei einem Wechsel alle auf die neuen Abläufe einlassen? zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (706)

PRAXIS | 21 Foto: DC Studio - stock.adobe.com Ohne richtige Vorbereitung kann bei einem Umstieg einiges schief gehen. Damit Angestellte sich nicht überfordert fühlen oder gar kündigen, empfiehlt Dr. Markus Heckner das Team immer frühzeitig in den Prozess einzubinden. Der Zahnarzt und Medizininformatiker arbeitet bei dem auf Zahnarztpraxen spezialisierten PVSHersteller DENS und begleitet seit über 20 Jahren Praxen beim Umstieg. „Ich habe einmal erlebt, dass Zahnärzte fünf Jahre mit dem Produktwechsel gewartet haben, weil eine ihrer Mitarbeiterinnen sonst eventuell früher in Rente gegangen wäre. Sie war gut in ihrem Job und beliebt bei den Patienten, man wollte sie unbedingt halten.“ Schlechte Stimmung aufgrund fehlender Kommunikation In einem anderen Fall hatte ein Zahnarzt seinem Team den PVSWechsel verordnet, ohne den Plan vorher anzukündigen oder zu besprechen. Seine Mitarbeiterinnen hätten sich überrumpelt gefühlt, erinnert sich Heckner. Der Alleingang des Chefs blieb nicht ohne Folgen: „Bei der Einführungsschulung waren zwei der Mitarbeiterinnen nicht da und die anderen haben gemauert. Der Praxischef hat den Wechsel dann erst um ein Quartal verschoben und dann noch um ein weiteres.“ So gelingt die Umstellung Sowohl Elias als auch Heckner betonen, dass im Zentrum eines erfolgreichen PVS-Wechsels eine gute Vorbereitung und eine offene Kommunikation stehen. Für Praxisbetreiberinnen und -betreiber haben sie folgende Tipps: Recherche ist die halbe Miete: Drei bis sechs Monate vor dem Wechsel sollte man anfangen, sich verschiedene PVS anzuschauen. Dafür sollten Praxischefinnen und -chefs zunächst für sich die Frage klären, welche Funktionen ihnen wichtig sind und welche Abläufe sie optimieren wollen. Im Kollegenkreis nachfragen: Ehrliches Feedback über die Qualität eines PVS erhält man von anderen Niedergelassenen. Auch Teammitglieder, die vorher in anderen Praxen gearbeitet haben, kennen unter Umständen gute Programme. Ganz wichtig ist es zu fragen, wie gut die Hotlines und Servicepartner eines Anbieters sind. Wünsche des Teams beachten: Alle sollten sagen können, welche Funktionen sie sich wünschen. Bedenken sollte man sich auf jeden Fall anhören. Wenn sie begründet sind – zum Beispiel die Sorge einer Mitarbeiterin, dass sie bei der aktuellen Arbeitslast keine Kapazitäten für Veränderungen hat – sollte man diese Ernst nehmen und nach Möglichkeit während der Arbeitszeit Freiräume zum Lernen schaffen. Zwischen den Zeilen lesen: Manchmal kommt aus dem Team das Gegenargument, dass ein neues Programm viel zu teuer ist. Das kann daran liegen, dass sich ein Mitarbeiter zum Beispiel ein neues Prophylaxegerät wünscht. Dann ist es hilfreich zu erklären, dass durch eineffizienteres PVS der Umsatz steigen wird – und damit der Spielraum für zm114 Nr. 09, 01.05.2024, (707) „WIR HABEN NIEMANDEN INS KALTE WASSER GEWORFEN“ Dr. Melike und Dr. David Bergfort von der Zahnarztpraxis B-KÖ Smiles, Düsseldorf, 9 Mitarbeitende Für uns war das Thema PVS riesig, weil wir bis Anfang 2020 mit Karteikarten gearbeitet haben. Die Bedenken unserer Mitarbeiterinnen, die teilweise über Jahrzehnte mit diesem analogen System hantiert hatten, waren groß. Leider war es dann so, dass das PVS, für das wir uns entschieden hatten, nicht gut funktionierte. Nach monatelangen Problemen haben wir dann nochmal gewechselt. Die Skepsis im Team war nach der ersten Erfahrung natürlich enorm. Wir haben darüber im Team offen gesprochen und dabei als Inhaber der Praxis ganz klar den Standpunkt vertreten: Das PVS wird uns allen die Arbeit erleichtern. Die Wünsche unserer Mitarbeiterinnen haben wir in die Auswahl des PVS miteinbezogen, die Entscheidung haben dann aber mein Mann und ich zu zweit getroffen. Zusammen mit unseren drei Verwaltungsmitarbeiterinnen haben wir uns auf das PVS schulen lassen und dann den Rest des Teams selbst geschult. Wir haben ein langsames Tempo vorgegeben und niemanden ins kalte Wasser geworfen. Auch jetzt lernen einige noch und machen sich etwa, wenn ich diktiere, lieber schriftlich Notizen, die sie dann später ins System übertragen. Das ist okay für mich. Jeder lernt in seinem Tempo und strenge Anforderungen durchzuboxen, halte ich für kontraproduktiv. Ein Tipp, den ich Kolleginnen und Kollegen geben würde, ist: Wenn der PVSHersteller eine unlimitierte Anzahl von Lizenzen gewährt, ist das von Vorteil. Wir konnten so an vielen Stellen in der Praxis, auch im Sozialraum, Computer aufstellen, an denen alle in Ruhe üben können. SO ÖFFNEN WIR UNS FÜR NEUES Beim Gedanken an Veränderung macht sich in uns oft ein ungutes Gefühl breit. Antworten auf die Frage, warum das so ist, liefert die Neuropsychologie. „Unser Gehirn funktioniert grundsätzlich auf dem Prinzip der Vorhersage. Erleben wir Bekanntes, stimmt die Realität mit der Vorhersage überein. Wahrnehmung und Verhalten können energiesparend verarbeitet werden – wir fühlen uns gut“, erklärt Psychologin Dr. Friederike S. Bornträger. „Wenn nun aber etwas Neues passiert, muss neu evaluiert und gesteuert werden, mehr Energie wird verstoffwechselt. Als Resultat wird das Gefühl nun unangenehmer.“ Lesen Sie auf zm-online (QR-Code), welche Tipps die Psychologin hat, um Veränderung zu verstehen und als Team zu meistern.

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