Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 10

64 | PRAXIS ZAHNÄRZTIN FÜHRT EINEN „HAUSHALTSTAG“ PRO MONAT EIN „Für die Organisation von Familien ist das ein riesiger Vorteil“ Zwei Jahre nach ihrer Praxisgründung in Potsdam führte Dr. Manina Knobloch einen Haushaltstag – einen freien Tag pro Monat – für in Vollzeit angestellte ZFA ein. Im Interview erklärt sie, wieso sie die Maßnahme für zeitgemäß hält, was diese für die Praxisorganisation bedeutet und wie sie mit der Kritik umgeht, sie wolle damit lediglich Personal abwerben. Frau Dr. Knobloch, wie kamen Sie auf die Idee, einen Haushaltstag in Ihrer Praxis einzuführen? Dr. Manina Knobloch: In den ersten beiden Jahren meiner Selbstständigkeit habe ich SEHR viel Zeit mit und in der Praxis verbracht. Jeder, der sich selbstständig macht, kennt die Thematik der Neustrukturierungen, der Unternehmensführung etc. Dabei stellt man sich selbst hinten an, was in dieser Zeit absolut normal ist. Dieses Jahr nun war ich aber gezwungen, einen Arzt aufzusuchen und habe mir dafür Zeit von der Praxis ausgestrichen, musste also Patienten abbestellen. Als es dann um einen Auswertungstermin ging, wurde schnell klar, dass es wieder nur möglich ist, erneut Patienten abzubestellen. Ich erzählte das meiner Mutter, die mir daraufhin von den Haushaltstagen in der DDR berichtete. Ich war begeistert und wollte es sofort in meiner Praxis umsetzen. Geschenkte freie Zeit – und sei es nur ein Tag pro Monat – bei vollem Lohnausgleich, kann das für Sie als Praxischefin gut gehen? Oder anders gefragt: Wie ist das wirtschaftlich darstellbar? In einem Unternehmen ist man sehr auf die Loyalität jedes einzelnen Mitarbeitenden angewiesen. Für mich geht es in erster Linie um eine Identifikation des Arbeitnehmers mit dem Unternehmen. Ich als Einzelpraxisinhaberin kann weder Gehälter bezahlen, wie es in großen Zahnarztpraxen gang und gäbe ist, noch kann ich Angebote wie Leasingautos oder Wohnraum machen. Und weder kann noch möchte ich Einstiegsprämien von vielen hunderten bis tausenden Euro bezahlen, womit teilweise MVZ werben. Daher finde ich den Gedanken gut, neue Benchmarks in die Praxis zu integrieren, die für mich auch umsetzbar sind. Ein Großteil der Zahnärzteschaft und ein noch größerer Teil des zahnmedizinischen Personals sind Frauen. Die Folge ist, dass kaum noch jemand Vollzeit arbeiten kann und möchte, da es kaum Möglichkeiten gibt, die Vielseitigkeit des Lebens als Mutter, Ehefrau und Mensch in einer Vollzeitstelle zu bewerkstelligen. Ein Haushaltstag steht einer Vollzeitkraft einen Tag im Monat zu (egal ob Mann oder Frau) – ausgenommen sind Monate, in denen sowieso Urlaub und Brückentage eingetragen sind. Wenn ich meinen Vollzeitangestellten solch ein Angebot unterbreite, dann erwarte ich auch, dass die Mitarbeiter sich so strukturieren, dass es nicht zum Nachteil des Unternehmens führt. Solche Haushaltstage müssen geplant werden, dass ist klar. Okay, die Regelung ist natürlich ein toller Bonus für die Teammitglieder, aber wie begegnen sie dem sich daraus ergebenden organisatorischen Mehraufwand? Eine Zahnarztpraxis ist ohnehin mit einem enormen organisatorischen Aufwand verbunden. Viele meiner Kollegen/innen haben monatliche Teambesprechungen, teilweise sogar wöchentlich. Wir nutzen einen sogenannten Re-Orga-Day, der alle drei bis sechs Monate stattfindet. Dort wird alles besprochen – wozu einem im Alltag die Zeit fehlt. Ziel ist die Steigerung der Produktivität und Effektivität. Die Mitarbeitenden, denen ein Haushaltstag zusteht, sollen sich vorher Gedanken machen, an welchen Tagen es möglich ist, und einen Vorschlag unterbreiten. Es geht ja nicht um zwölf weitere Urlaubstage, wie man vielleicht denkt, sondern nur um Monate, in denen weder Urlaub oder Brückentage geplant sind. Da es in meiner Praxis nur um Vollzeitarbeitende geht, ist der organisatorische Aufwand nicht sehr hoch. Mir ist vor allem wichtig, dass Foto: Monika Schulz-Fieguth zm114 Nr. 10, 16.05.2024, (842) „Ich glaube, dass ein Haushaltstag die Produktivität steigert, da die Motivation steigt und die Selbstorganisation der Mitarbeitenden gefördert wird.“ Dr. Manina Knobloch

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