72 | PRAXIS PROS UND CONS Macht ein Terminserviceportal Sinn? Mit einem Terminserviceportal gewinnt die Praxis Zeit, die sie anders nutzen kann. So weit, so gut. Aber refinanzieren sich die Kosten wirklich, steigt die Auslastung und sinkt die No-Show-Rate? Und wie ist es um die Systemsicherheit und den Datenschutz bestellt? Wer wissen will, wie groß das Interesse der Patienten an Online-Terminbuchungen ist, hat einen schweren Stand: Es wimmelt vor unbelegten Werbeaussagen. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im November 2023 hervorgeht, werden zumindest die 2016 eingerichteten Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (www.116117.de) von Millionen genutzt. Ansonsten ist die Lage unübersichtlich. 36 Prozent der Deutschen haben schon einmal einen Arzttermine online vereinbart, teilte der Bitkom als Branchenverband der deutschen Informationsund Telekommunikationsbranche im November 2023 mit, ein Drittel (32 Prozent) kann sich zumindest vorstellen, dies künftig zu tun. Faktisch haben seit 2019 rund 10 Prozent mehr Menschen in Deutschland mindestens einmal online einen Arzttermin vereinbart. Ob die Befragten dabei zwischen Arzt- und Impfterminen unterscheiden, bleibt offen. Aber auch wenn die Nachfrage nicht genau quantifiziert werden kann, bleibt die potenzielle Zeitersparnis spätestens in Zeiten des Fachkräftemangels ein schlagendes Argument. Der Virchowbund empfiehlt, in jedem Fall vor Vertragsschluss zu klären: Was muss die Praxis tun, um das Terminportal nutzen zu können? Welche Kosten fallen an? Braucht man ein Abo? Wie ist die Kündigungsfrist? Wie nimmt man das Arztterminportal in Betrieb? Lohnt sich das Terminportal? Wie unkompliziert ist die Nutzung? Wie viel Zeit spart die Praxis tatsächlich dadurch? Wie viele Termine sollen über das Portal vergeben werden, damit es sich rechnet? Kann das Portal Terminkonflikte erkennen? Falls nein, muss das Team stets ein aufmerksames Auge auf die gesamte Terminplanung haben und die Konflikte selbst zeitnah bereinigen. Muss die Praxis den Termin bestätigen? Auch hier gilt: Mitdenken und -beobachten ist angesagt – sowie eine zügige Reaktion auf jede Buchung über das Portal. Welche Daten verlangt das Portal von den Patienten? Sind die Informationen, die das Portal von den Patienten verlangt, sinnvoll für eine bloße Terminbuchung? Oder werden Daten verlangt, die nicht notwendig sind? Dies sollte man den Patienten und Patientinnen zuliebe beachten. Tatsächlich ist Datenschutz ein Dauerthema bei den TerminmanagementPortalen. 2021 erhielten nur drei von sieben Anbietern von Stiftung Warentest dafür die Schulnoten „sehr gut“ bis „gut“. Doctolib, nach eigenen Aussagen Marktführer, wurde damals mit der Note 3,6 abgestraft. Seitdem sei viel passiert, beteuert das Unternehmen. Einen neuerlichen Test der Stiftung gab es aber bisher nicht. Nichtsdestotrotz ist Doctolib der einzige der damals getesteten Dienstleister, der immer noch von der Berliner Praxischefinnen und -chefs sollten kritisch prüfen, was ihnen die Einführung eines Terminserviceportals bringt. Foto: Richard Villalon - stock.adobe.com zm114 Nr. 10, 16.05.2024, (858)
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