Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 10

ZAHNMEDIZIN | 77 immune deficiency syndrome“(AIDS)-assoziierte Malignom [Klingenberg et al., 2018] und wurde erstmalig 1872 durch Moritz Kaposi beschrieben. Klinisch stellt es sich als gut durchblutete, rötlich livide Plaques und Noduli insbesondere im Kopf-Hals-Bereich der äußeren Haut und auch der oralen Mukosa dar [Rasmussen et al., 2015; Bruno et al., 2017; Younas et al., 2016]. Oral ist besonders die Schleimhaut des harten Gaumens betroffen. Weniger häufig sind die Gingiva und die Zunge befallen und eine Beteiligung der Tonsillen geht mit einer blaurot gefärbten Größenzunahme einher, die unbehandelt bis zur Verlegung der Schluck- und Atemwege führen kann [Chapalain et al., 2018; Sanchez-Lopez et al., 2017; Yang et al., 2017]. Des Weiteren kann eine Ausbreitung in die Lunge, in den Gastrointestinaltrakt oder in Lymphknoten erfolgen (5 bis 20 Prozent) [Weintraub et al., 2005; Zurrida et al, 1992; Caby et al., 2021]. Zwischen vier Typen wird beim KS unterschieden: AIDSassoziiert, klassisch, iatrogen oder Transplantat-assoziiert beziehungsweise endemisch, wobei bei allen Formen das Kaposi-Sarkom im Zusammenhang mit einer HumanenHerpes-Virus(HHV-8)-Infektion steht [Caby et al., 2021]. Die HHV-8-Seropositivität schwankt zwischen mehr als 40 Prozent in Subsahara-Afrika, 10 bis 30 Prozent in mediterranen Ländern und unter 5 Prozent in Nordeuropa [Cesarman et al., 2019; Chatlynne et al., 1999; Dedicoat et al., 2003]. Aktuelle Zahlen zur Inzidenz und zur Prävalenz von KS liegen für Deutschland nicht vor. Bei steigendem und breitem Einsatz der antiretroviralen Therapie sollten HIV-assoziierte KS eher in abnehmender Häufigkeit diagnostiziert werden. Die Diagnose des KS erfolgt neben der Anamnese, klinisch und anhand eines Blutbildes insbesondere über die CD4Zellzahl und die HIV-Viruslast [Caby et al., 2021]. Es besteht jedoch eine Signifikanz zur Entwicklung eines KS bei hoher HIV-Viruslast beziehungsweise einer abnehmenden CD4+Zellzahl und dem CD4+/CD8+Verhältnis [Sousa et al., 2021]. Gemäß der AIDS Clinical Trials Group (ACTG) erfolgt die Einteilung des KS anhand folgender Kriterien: T = TumorAusdehnung, I = Immunologischer Status gemäß CD4-Zahl und S = Präsenz von systemischer Ausbreitung mit oder ohne Risiko. Zusätzlich sind eine vollständige Inspektion einschließlich der einsehbaren Schleimhäute sowie die Palpation der Lymphknoten und des Abdomens mit Erfassung sämtlicher Läsionen und Symptome zur Erstuntersuchung bei allen KS-Typen indiziert. Weitere Untersuchungen sollten individuell auf Basis der Symptome und des Befalls erfolgen, wie zum Beispiel bei Verdacht auf viszeralen KS-Befall eine Ganzkörper-ComputerTomografie (CT: Thorax, Abdomen/Becken). Menschen mit einer HIV-Infektion haben trotz erfolgreicher ART selbst bei CD4-Zellzahlen > 500/µl ein 30- bis 80-mal höheres Risiko ein KS auszubilden als die Allgemeinbevölkerung [Hleyhel et al., 2013; Palich et al., 2020; Yanik et al., 2017]. Die First-Line-Therapie des KS und damit gegebenenfalls der erstmalig festgestellten HIV-Infektion ist die ART, die seit 1996 zur Verfügung steht. Der optimale Zeitpunkt liegt bei einer CD4-Zellzahl < 350/µl beziehungsweise aktuell unabhängig von der Zellzahl bei Diagnosestellung empfohlen [Group et al., 2015]. Ziel der Behandlung des KS soll die Rückbildung der Läsionen und die Reduktion der Symptome bei gleichzeitiger Erhaltung der Lebensqualität sein. Weitere Therapiemöglichkeiten des KS sind gegebenenfalls lokaltherapeutische Maßnahmen, aber auch Chemotherapien bei raschem Progress beziehungsweise Persistenz trotz ART bei viszeralem und mukokutanem Befall können indiziert sein [Klingenberg et al., 2018; Bower et al., 2014]. Die Indikation zur lokalen KS-Behandlung gilt vor allem für einzelne kutane Läsionen, bei Patienten, denen eine systemische Therapie wegen Neben-und/oder Wechselwirkungen nicht zugemutet werden kann. Dafür stehen Therapien wie Lokalexzision, Kryotherapie, Radiotherapie oder intraläsionale Injektionen von Chemotherapeutika zur Verfügung [Klingenberg et al., 2018]. Allerdings ist die Datenlage aktuell spärlich, da aufgrund der ART das Auftreten von KS eher eine Seltenheit darstellt. Die Prognose des HIV-assoziierten KS ist gut, sie führt nur in Ausnahmefällen zum Tod [Klingenberg et al., 2018]. Die Patienten sollten einer engmaschigen Kontrolle zugeführt werden, bei der das Monitoring auf die Neubildung weiterer Malignome, wie Non-Hodgkin Lymphomen, gelenkt werden sollte [Martin-Carbonero et al., 2008; Bendle et al., 2014]. „ zm114 Nr. 10, 16.05.2024, (863) FAZIT FÜR DIE PRAXIS „ Patienten mit Kaposi-Sarkom haben zum Zeitpunkt der Vorstellung nicht zwingend bereits eine HIV-Diagnose. „ Die Prognose des HIV-assoziierten Kaposi-Sarkoms ist gut. „ Die Einleitung der antiretroviralen Therapie (ART) über die entsprechende Fachdisziplin ist die wichtigste Therapie des HIV-assoziierten Kaposi-Sarkoms. „ Unklare, therapieresistente Mundschleimhautveränderungen ohne pathologische Diagnose und mit entsprechender Darstellung müssen interdisziplinär begutachtet und therapiert werden. „ Symptomorientiert soll bei Soorbefall eine lokale antimykotische Therapie durch den Zahnarzt oder die Zahnärztin erfolgen. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

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