ZAHNMEDIZIN | 15 Diese Tatsache wird heute nur zu gerne ausgeblendet, wenn von den guten alten Zeiten geschwärmt wird. Dennoch waren Gold und Amalgam – und wir betonen dies im Präteritum, da sie heute einfach kaum noch eine Rolle spielen – solide Restaurationsmaterialien mit sehr guten Überlebensquoten, die jedoch selten minimalinvasiv und oft wenig ästhetisch waren [Donovan et al., 2004; Frankenberger et al., 2021; Mulic et al., 2018; Pilcher et al., 2023]. Letzteres ist wohl der Hauptgrund für die Abkehr vom Metall, weil sich Patienten längst unsichtbare Restaurationen wünschen und diesem Wunsch auch problemlos entsprochen werden kann [Frankenberger et al., 2021]. Interessant ist auch, dass beim Goldguss klassische Zementunterfüllungen schon lange nicht mehr Standard sind, da vielerorts adhäsive Aufbaufüllungen aus Komposit unter Goldinlays und -teilkronen appliziert werden. Hier werden schon lange keine Zemente mehr verwendet, da die Versiegelung des Dentins bei Kompositen ohnehin besser ist als bei Zementen. Dass Zementunterfüllungen bei der Versorgung mit Amalgam oder Gold zweifelsohne indiziert sind, steht ohnehin nicht zur Debatte – die Frage ist vielmehr, ob Unterfüllungen bei zahnfarbenen Restaurationen sinnvoll sind. Die Antwort lautet: NEIN. Versiegelung des Pulpa-Dentin-Komplexes Während die Retention bei zahnfarbenen Restaurationen in der Regel schon durch die Schmelzhaftung gewährleistet wird, wird seit Jahrzehnten die Dentinoberfläche als Haftfläche hinzugezogen [Van Meerbeek et al., 2021]. Dies dient der Gesamthaftung, der internen Stabilisierung, vor allem aber der sicheren Vermeidung postoperativer Hypersensitivitäten, da die Qualität der Versiegelung mit Adhäsivsystemen um ein Vielfaches höher ist als bei der Applikation eines non-adhäsiven (zudem noch sauren) Zements [Gorodovsky et al., 1992]. Die Qualität des Dentinverbunds ist im Vergleich zur Schmelzhaftung zwar noch immer zm114 Nr. 11, 01.06.2024, (901) Abb. 1: Glasionomerzement-Unterfüllung aus einer Keramikinlay-Studie von 1992: Es ist deutlich zu erkennen, dass approximal nicht alle Dentinbereiche mit Zement bedeckt sind. Abb. 2: Was bedeutet pulpanah? Einfach visualisiert anhand des Durchschimmerns eines roten Filzstifts durch 0,3 mm dünnes pulpanahes Dentin. Prof. Dr. med. dent. Roland Frankenberger Direktor Poliklinik für Zahnerhaltung UniversitätsZahnMedizin Philipps-Universität Marburg und Universitätsklinikum Gießen und Marburg Georg-Voigt-Str. 3, 35039 Marburg Foto: privat Prof. Dr. med. dent. Gabriel Krastl Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie / Zahnunfallzentrum, Universitätsklinikum Würzburg Pleicherwall 2, 97070 Würzburg Foto: privat Univ.-Prof. Dr. med. dent. Rainer Haak, MME Universitätsklinikum Leipzig, Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie Liebigstraße 12, Haus 1 04103 Leipzig Foto: UKL, S. Straube Abb. 3: Prinzip der adhäsiven Dentinversiegelung im konfokalen Laser-RasterMikroskop (In-vitro-Präparat): A: Adhäsivschicht, H: Hybridschicht, T: Tags. Fotos: Universitätsklinikum Marburg
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