Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 11

24 | PRAXIS KONFLIKTE IM PRAXISALLTAG – TEIL 1 Das Problem gehört auf den Tisch! Anke Handrock, Maike Baumann, Annika Łonak Konflikte sind schädlich für den Teamzusammenhalt und lenken von der Arbeit ab. Sie totzuschweigen ist keine gute Idee. Aber wie thematisiert man Probleme in der Mannschaft so, dass am Ende eine Lösung steht? Aus psychologischer Sicht entsteht ein Konflikt, wenn es mehrere Interessenten für eine Ressource gibt und der Eindruck entsteht, es ist nicht genug für alle da. Sind alle Beteiligen vollständig zufrieden mit dem Anteil? Dabei kann es sich um alles Mögliche handeln: einen bestimmten Sitzplatz, ausreichend Zeit, die Aufmerksamkeit der Chefin, die Chance auf eine Beförderung oder Selbstbestimmung, die Verteilung von Boni oder Urlaubstage in den Schulferien. Die Sorge, davon nicht genug zu abzubekommen, führt zu einem subjektiven Konflikterleben, zu Anspannung und zu einem Hab-Acht-Gefühl. Also, zu dem Gefühl aufpassen zu müssen, dass niemand sich dieses knappe Gut heimlich wegschnappt, während man selbst gerade in die andere Richtung schaut. In dieser Phase eines Konflikts kann die Stimmung jederzeit in unterschiedliche Richtungen kippen – zu Ärger, wenn die Ressource wirklich von jemand anderem ungefragt beansprucht wird. Zu Überraschung oder auch zu Freude, wenn man unerwartet selber der Begünstigte ist. Aber auch zu Traurigkeit, wenn man das Gut zwar wirklich gerne hätte, aber absolut keine Chance sieht, es jemals zu bekommen. Menschen in diesem Konflikt sind permanent leicht abgelenkt und im Alltag emotional instabiler als sonst. Die Kommunikation wirkt oft etwas verhalten. Die Betroffenen sind kurz angebunden, denn sie sind damit beschäftigt, ihre potenziellen Konkurrenten genau zu beobachten und verlieren dabei andere Themen, etwa die Erfüllung bestimmter Arbeitsaufgaben, aus dem Blick. Häufig kommt es auch vor, dass eine Person aus dem Team andere Mitglieder als Konkurrenz wahrnimmt, die in Wahrheit gar kein Interesse daran haben. Ein Beispiel: Elli Busche, eine neue ZFA ohne Kinder, will ihren Urlaub nicht in den Schulferien nehmen, weil Reisen dann teurer sind. Ute Schmidt ist mit einem schulpflichtigen Kind dagegen auf die Schulferien angewiesen. Im vergangenen Jahr gab es bereits eine entsprechende Auseinandersetzung mit der Vorgängerin von Busche. Dieses Jahr hat Schmidt überhaupt nicht auf dem Schirm, dass es möglicherweise dieses Jahr gar keinen Ärger um die Urlaubstage in den Schulferien gibt: Sie begegnet ihrer neuen Kollegin mit Anspannung. Sie spitzt die Ohren, wenn Busche etwas mit der Chefin bespricht. Manchmal nimmt sie auch Telefonate nicht an, um nicht zu verpassen, was im Zimmer gerade gesprochen wird. Nachdem die Chefin die Urlaubsplanung bekanntgegeben hat, ist Schmidt gegenüber Busche wie ausgewechselt und auch insgesamt in der Praxis wieder freundlich und entspannt. Die Chefin kann ein Role Model sein Ein subjektiver Konflikt kann – selbst wenn er nur eine Personbetrifft – große Folgen für die Kommunikation, die Atmosphäre oder die Arbeitssorgfalt in der Praxis haben. Hier hilft es, sich als Chefin oder Chef als Rollenmodell zu verstehen und Themen, die einen selbst in Konfliktspannung versetzen, zügig und offen mit den Beteiligten zu besprechen. Ein großer Anteil der empfundenen Konflikte stellt sich bei Nachfrage als rein subjektives Erleben heraus und löst sich auf, sobald die Betroffenen das verstanden haben. Die Problematik in vielen Praxen besteht darin, dass diese Ansprache aufgrund eines oft vorhandenen (zu großen) Harmoniebedürfnisses nicht oder erst sehr spät stattfindet. Einen Elefanten kann man nicht unter den Teppich kehren. Er muss auf den Tisch. Foto: ibreakstock – stock.adobe.com (KI-generiert) zm114 Nr. 11, 01.06.2024, (910)

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