Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 11

40 | ZAHNMEDIZIN Distickstoffmonoxid (N2O) unterliegt der ärztlichen Verschreibungspflicht. Die auch Lachgas genannte chemische Verbindung wird seit vielen Jahrzehnten weltweit und seit einigen Jahren verstärkt auch in Deutschland erfolgreich zur Anxiolyse und Sedierung in der Zahnmedizin eingesetzt. Im Vergleich zu anderen Anästhetika verursacht Lachgas keine Atemdepression und es steht seit 1977 auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization Model List of Essential Medicines) [WHO, 2023]. Neben der medizinischen Anwendung wird Lachgas in vielen industriellen Bereichen verwendet, etwa in der Lebensmittelverarbeitung als Konservierungsmittel oder als Treibgas zur Herstellung von Schlagsahne in Sprühdosen. Trotz der weiten Verbreitung kam es in den vergangenen 100 Jahren nur sehr selten zu Fällen von Missbrauch und Abhängigkeit – und wenn dann meist bei Zahnärzten [Jastak, 1991]. Die Situation hat sich allerdings in letzter Zeit geändert: 2022 wurde Lachgas von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (European Monitoring Center for Drugs and Drug Addiction, EMCDDA) als eine der am häufigsten konsumierten psychoaktiven Substanzen in Europa eingestuft [Gernez et al., 2023]. Prävalenz von Missbrauch In Frankfurt am Main gaben 16 Prozent der Jugendlichen an, schon einmal Lachgas angeboten bekommen zu haben, fast jeder zehnte hat es mindestens einmal probiert, vier Prozent in den vergangenen zwölf Monaten, ein Prozent in den letzten 30 Tagen (Tabelle 1) [Werse et al., 2020]. Diese Entwicklung spiegelt sich in einer deutlichen Zunahme von Berichten in den Massenmedien und wissenschaftlichen Publikationen wider (Abbildung 2). N2O wird wegen seiner euphorisierenden Wirkung, die nur wenige Minuten anhält, konsumiert, und zwar in der Regel durch Inhalation aus Luftballons oder Sprühsahne-Kartuschen. Bei medizinischer Nutzung ist die Inhalation von Lachgas in der Regel unbedenklich, da immer für eine ausreichende Sauerstoffzufuhr gesorgt ist und Lachgas im Körper nicht metabolisiert wird. Mögliche Risiken werden durch eine sorgfältige Anamnese erkannt, entsprechende Patienten gegebenenfalls ausgeschlossen. Bei missbräuchlicher Anwendung besteht jedoch ein hohes Risiko akuter und chronischer Toxizität. Gerade die Langzeitanwendung hat in den vergangenen Jahren zugenommen und mit der Abhängigkeit und Toleranzwirkung zeigen sich zunehmend die chronischen Schäden, gerade bei Jugendlichen [Lai et al., 1997]. Lachgas aus einer Sahne-Kartusche Foto: iredding01_stock.adobe.com zm114 Nr. 11, 01.06.2024, (926) NEUE TRENDDROGE BEI TEENAGERN Ist Lachgas ein Problem für Zahnärzte? Frank G. Mathers, Anne Schink Lachgas wird seit Jahrzehnten erfolgreich zur Sedierung in der Zahnmedizin eingesetzt. Gleichzeitig häufen sich die Berichte über Missbrauch und Abhängigkeit durch Jugendliche. Die gesundheitlichen Folgen sind nicht nur schwerwiegend, sondern häufig auch irreversibel. Mittlerweile zählt Lachgas zu den Spitzenreitern der in Europa konsumierten psychoaktiven Substanzen. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

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