Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 11

POLITIK | 45 Freien Berufen belaufen sich auf 19 Milliarden Euro. Aus diesen Vorgaben, aus dem immensen Zuwachs im öffentlichen Dienst an den „falschen Stellen“ spricht nicht nur Misstrauen statt Vertrauen, sondern letztlich auch eine andere gesellschaftspolitische Vorstellung. Ungeschminkt und unfreundlich kommt diese in der Gesundheitspolitik daher mit der Vorstellung, einen Teil der medizinischen Versorgung auch auf (1.000) Gesundheitskioske zu übertragen. Ein komplett staatliches Gesundheitssystem ist genauso ineffizient wie ein radikal privates zerstörerisch ist. Welche Handlungsfelder stehen für den BFB in den nächsten Jahren im Fokus, auch speziell für die Heilberufe? Demografie, Digitalisierung, Dekarbonisierung und Demokratieerhalt fordern Politik und Gesellschaft und damit die Freien Berufe als deren essenzieller Bestandteil besonders. Nie war die Wirkung der Freien Berufe so gefragt wie heute, nie war aber auch der Druck auf diese so groß wie heute. Nach einer aktuellen Umfrage ist für die Hälfte der Befragten der Fachkräftemangel das größte Problem von sechs. Als zweitgrößtes Risiko werden die bürokratischen Belastungen gewertet. Auf Position drei rangiert der Vertrauensverlust durch geringer gewordene Verlässlichkeit politischer Entscheidungen. Auf den weiteren Plätzen folgten steuerliche Belastungen, zu hohe Energiekosten und eine unzureichende Infrastruktur. Sie haben aufgerufen, zur Europawahl zu gehen: Welche Rolle spielt die EU für die Freien Berufe? Der Zusammenhalt innerhalb der EU ist angesichts aggressiver Ansprüche autoritärer Staaten die einzige Chance für Freiheit und Demokratie, sich in Europa zu behaupten. Es kommt mehr als jemals zuvor auf die Geschlossenheit der 27 Mitgliedstaaten an. Nur gemeinsam können wir die großen Herausforderungen unserer Zeit meistern. Dafür brauchen wir eine starke EU. Auf der anderen Seite ist es aber in bestimmten Politikbereichen realitätsnäher und zielführender, dem Subsidiaritätsgebot mehr Geltung zu verschaffen und mehr „Vielfalt in Einheit“ zuzulassen – nicht zuletzt bei den Freien Berufen. Wir mussten und wir müssen immer wieder deutlich machen, welche besondere Rolle die Freien Berufe in Deutschland und auch in Europa spielen. Wir sind ein unverzichtbarer Teil unserer Wirtschaft und Gesellschaft. Wir stehen für Fachkompetenz, Professionalität und Vertrauen – Werte, von denen unsere Gesellschaft profitiert. Wir treten ein für ein starkes, demokratisches und werteorientiertes Europa, das die Bedürfnisse seiner Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt und Rahmenbedingungen schafft, die es den Freien Berufen ermöglichen, ihr volles Potenzial zum Wohle aller auszuschöpfen. Was möchte der BFB in den nächsten 25 Jahren für die Freien Berufe erreichen? Die Freien Berufe haben über sieben Jahrzehnte dazu beigetragen, dass durch Leistungsorientierung, Freude an der Arbeit und Dienst am Menschen, durch Agilität, Subsidiarität und Vertrauen Deutschland ein Land mit höchster Lebensqualität, mit einer Ausstrahlung von Freiheit und Möglichkeiten geworden ist. Dies steht aus verschiedenen Gründen unter Druck. „Gefragt wie nie, unter Druck wie nie“ beschreibt eine Wirklichkeit. Sie wird von vielen Freiberuflerinnen und Freiberuflern vor allem im medizinischen Bereich wahrgenommen, weil die guten Strukturen, mehr oder weniger bewusst, zumindest sehenden Auges verschlissen werden. Es geht um die Behauptung der Freien Berufe gegen eine Vergewerblichung. Es geht um die eigenverantwortliche, agile, persönliche Art und Weise, die für die Gesellschaft so wichtigen Leistungen zu erbringen – unter Druck zwischen einem immer größer werdenden öffentlichen Sektor auf der einen Seite und einem rabiaten investorengetriebenen „Wettbewerb“, der nach ganz anderen Regeln „spielt“, auf der anderen Seite. Dafür braucht es mehr denn je einen politisch-gesellschaftlichen Resonanzboden, politische und gesellschaftliche Entscheidungsträger, die ein Grundverständnis von Freiberuflichkeit als menschliche und effiziente Form der Aufgabenwahrnehmung haben, eigenverantwortlich organisiert und getragen von Menschen im Ehrenamt. Das Gespräch führte Susanne Theisen. zm114 Nr. 11, 01.06.2024, (931) RA Peter Klotzki ist der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Freien Berufe. Foto: BFB 1. April 1999: Sitzverlegung der Geschäftsstelle von Bonn nach Berlin 2003: Die geplante Einbeziehung der Freien Berufe in die Gewerbesteuer konnte durch den BFB abgewendet werden. 2008 bestätigte das Bundesverfassungsgericht die Gewerbesteuerfreiheit der Freien Berufe. 2007: Am 17. April veranstaltete der BFB in Brüssel seinen ersten europäischen „Tag der Freien Berufe“, der das Thema „Freie Berufe und Lissabon-Strategie – der Markt braucht Regeln“ kritisch durchleuchtete. 2005: Die europarechtliche Legaldefinition in der „Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen“ greift auf die wesentlichen Komponenten der BFB-Definition von 1995 zurück. 2000: Eröffnung der Dependance in Brüssel

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