Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 11

48 | ZAHNMEDIZIN NEUE S3-LEITLINIE Die aktuelle Evidenz zum Implantaterfolg von Keramikimplantaten Fabia Siegberg, Knut A. Grötz, Daniel G. E. Thiem Bei der Wiederherstellung der Funktion und Ästhetik fehlender Zähne haben dentale Implantate auf Zirkonoxidbasis zunehmend an Bedeutung gewonnen – ihr Einsatz wird allerdings kontrovers diskutiert. Die im Januar 2024 erschienene Leitlinie „Keramikimplantate“ referiert den aktuellen Kenntnisstand und soll Anwendern Sicherheit bei der Entscheidungsfindung geben. Eine Zusammenfassung. Seit über 45 Jahren stellt die Verwendung von Zahnimplantaten auf Titanbasis im klinischen Alltag eine etablierte Therapieoption zur dentalen Rehabilitation des teil- oder unbezahnten Kiefers dar. Titanimplantate gelten aufgrund ihrer herausragenden Langzeitdaten als internationaler Goldstandard. Die gestiegene Nachfrage nach „metallfreien“ Versorgungskonzepten sowie das fortwährende Bestreben der Zahnmedizin, alternative Versorgungskonzepte anzubieten, haben während der vergangenen Jahre zu einem gestiegenen, allerdings kontrovers diskutierten Interesse an dentalen Keramikimplantaten geführt. Vor diesem Hintergrund entschieden sich die beiden federführenden Fachgesellschaften – die Deutsche Gesellschaft für Implantologie im Zahn-, Mund- und Kieferbereich e.V. (DGI) und die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e.V. (DGZMK) – 2019 für die Erstellung der hier zusammengefassten S3-Leitlinie „Keramikimplantate“. Die Leitlinie ist die erste ihrer Art und damit sowohl national wie auch international eine Premiere. Sie beleuchtet den aktuellen Stand der Forschung zu den Eigenschaften, zur Leistungsfähigkeit und zur klinischen Evidenz von Keramikimplantaten [DGI und DGZMK, 2022]. Es werden die Vorteile und Herausforderungen in der Anwendung von Keramikimplantaten sowie die Möglichkeiten diskutiert. Die Leitlinie zielt darauf ab, Anwendern und Anwenderinnen evidenzbasierte Informationen und Empfehlungen zu bieten, die sie bei der Entscheidungsfindung zum Einsatz von Keramikimplantaten unterstützen. Darüber hinaus soll sie Patientinnen und Patienten den aktuellen Kenntnisstand in einer verständlichen Form zugänglich machen. Materialzusammensetzung Die Entwicklung und der klinische Einsatz von dentalen Keramikimplantaten wurden bereits in den 1960er-Jahren dokumentiert [Sandhaus, 1968]. Nach zahlreichen Materialund Produktinnovationen wurde das einstige Ausgangsmaterial Aluminiumoxid (Al2O3) aufgrund erhöhter Frakturraten von Zirkoniumdioxid (ZrO2) abgelöst. Zirkoniumdioxid, der aktuelle Standardwerkstoff, zeigt Materialeigenschaften, die mit Titanimplantaten in vielerlei Hinsicht vergleichbar sind. Zirkoniumdioxid (Zirkonoxid) wird häufig irrtümlich aufgrund der nominellen Ähnlichkeit als „Zirkonium“ oder „Zirkon“ bezeichnet. Bei Zirkonium handelt es sich um ein Reinmetall, wie Titan. Während des Verarbeitungsprozesses wird reines Zirkonium vollständig zu Zirkoniumdioxid oxidiert, was einen Übergang von einem metallischen zu einem keramischen, nicht-metallischen Werkstoff darstellt. Obwohl die Bezeichnung „Zirkoniumdioxid“ den Begriff „Zirkonium“ enthält, gehören Keramiken aufgrund ihrer Struktur und ihrer Bindungen zu den nicht-metallischen Werkstoffen. Der Nachweis von Zirkonium bei Keramikimplantaten, über den in vereinzelten Studien berichtet wird, spielt nur eine unterZweiteilige Keramikimplantate bewertet die Leitlinie zurückhaltend: Wegen des geringen Evidenzniveaus für die kommerziell erhältlichen Produkte sei „eine abschließende Bewertung für den klinischen Langzeitnutzen” (Stand 2. Dezember 2022: 2 klinische Studien; 1x RCT und 1x nicht-RCT >6 Jahren Beobachtungszeitraum) im Vergleich zum Titanimplantat als Goldstandard nicht möglich. Foto: Charité – Universitätsmedizin Berlin zm114 Nr. 11, 01.06.2024, (934)

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