Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 11

ZAHNMEDIZIN | 49 geordnete Rolle [Zhang und Lawn, 2018; Gross et al., 2020; He et al., 2020]. Eine systemische Freisetzung oder gar biologische Wirkung kann aufgrund einer unzureichenden Datenlage nicht abschließend beurteilt werden. In der Verarbeitung moderner Keramikimplantate ist die Phasentransformation von der bruchsicheren tetragonalen zur bruchanfälligeren monoklinen Phase ein kritischer Punkt. Diese Umwandlung ist mit einer Volumenexpansion assoziiert, die potenziell das Entstehen von Mikrorissen unterdrückt (engl. fracture toughening). Um diese Transformation zu kontrollieren, wird Zirkoniumdioxid mit Yttriumoxid stabilisiert (dotiert), was die Phasenumwandlung verlangsamt und die mechanische Festigkeit erhöht (Y-TZP) [Luthardt et al., 2002]. Darüber hinaus trägt die Zugabe von Aluminiumoxid zur weiteren Verbesserung der Materialeigenschaften bei und führt zu einer neuen Generation von Zirkonoxid-Implantaten, die als „Aluminium gehärtetes Zirkoniumoxid (ATZ)“ bezeichnet werden. Bisherige Optimierungen des Herstellungsverfahrens führten dazu, dass die Frakturanfälligkeit von Keramikimplantaten zwischen 2004 und 2020 von 3,4 Prozent auf 0,2 Prozent gesenkt werden konnte [Roehling et al., 2018; Koller et al., 2020]. Der stetige Wandel in der Entwicklung keramischer Implantatwerkstoffe führt einerseits zu einer verbesserten Werkstoffqualität mit optimierten Materialeigenschaften, andererseits haben die regelmäßigen Material- und Produkterneuerungen der Vergangenheit einen negativen Einfluss auf die Vergleichbarkeit von Studienergebnissen. Osseointegration Eine regelrechte Osseointegration gilt mit Erreichen einer sekundären Implantatstabilität nach durchschnittlich acht bis zwölf Wochen als abgeschlossen und ist Voraussetzung für den Implantat-Langzeiterfolg [Lang et al., 2011]. Besondere Implantat-Oberflächenmodifikationen wie Ätzen, Sandstrahlen, Sintern und Beschichten können den Prozess optimieren [Lee et al., 2009; Gahlert et al., 2012; Hoffmann et al., 2012; Janner et al.; 2018; Monje et al., 2019]. Auf Basis der aktuell verfügbaren Literatur kann davon ausgegangen werden, dass Keramikimplantate eine mit Titanimplantaten vergleichbare Osseointegration aufweisen [Roehling et al., 2018]. Klinische Studien mit einem Beobachtungszeitraum von bis zu sieben Jahren dokumentieren für moderne Keramikimplantate Überlebensraten und Erfolgsquoten, die mit denen von Titanimplantaten mithalten [Lorenz et al., 2019; Afrashtehfar und Del Fabbro, 2020; Balmer et al., 2020; Cionca et al., 2021]. Periimplantitis Der Langzeiterfolg von implantatgetragenem Zahnersatz wird multifaktoriell beeinflusst und ist abhängig vom Gesundheitszustand des Patienten und implantatbezogenen Faktoren wie der biomechanischen Belastung. Hauptursache für den Spätverlust von Implantaten ist die Periimplantitis, die infolge von Plaqueablagerungen um das osseointegrierte Implantat mit bakterieller Besiedlung entsteht. Das entzündliche Krankheitsgeschehen breitet sich vom umliegenden Weichgewebe auf den periimplantären Knochen aus und führt zu einem fortschreitenden Knochenverlust [Bergzm114 Nr. 11, 01.06.2024, (935) FAZIT FÜR DIE PRAXIS „ Die Materialeigenschaften von Zirkonoxid-Implantaten hinsichtlich Biegefestigkeit (900–1200 MPa) und Bruchzähigkeit (6–9 MPa) sind für den klinischen Einsatz geeignet. „ Obwohl bereits vielversprechende Studienergebnisse für moderne Keramikimplantat-Systeme vorliegen, mangelt es insbesondere bei zweiteiligen Implantatsystemen noch an verlässlichen Langzeitdaten. „ Die Verwendung von einteiligen Keramikimplantaten auf Zirkoniumdioxidbasis kann als sichere und alternative Therapieoption empfohlen werden. „ Kommerziell erhältliche zweiteilige Keramikimplantate auf Zirkoniumdioxidbasis kö nnen wegen der unklaren Datenlage nur nach eingehender Aufklärung (Langzeitstabilität der prothetischen Ankopplung) des Patienten als alternative Therapieoption für den Ersatz fehlender Zähne empfohlen werden. Foto: eireenz – stock.adobe.com Der interdisziplinäre Podcast für Expert:innen fühlt der Medizin auf den Zahn Zwei Perspektiven – ein gemeinsamer Therapieerfolg Direkt reinhören und abonnieren! dental-wirtschaft.de/ medizin-trifft-zahnmedizin NEU

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