Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 11

Wir stehen unmittelbar vor der nächsten Vertreterversammlung der KZBV. In gesundheitspolitisch schwierigen Zeiten wie diesen sind solche Zusammenkünfte kein „business as usual“, sondern ein wichtiges Zeichen gelebter zahnärztlicher Selbstverwaltung und der Ausübung demokratischer Grundrechte. Unsere Agenda für die Vertreterversammlung ist klar: Wir werden in Frankfurt die Bundesregierung dazu auffordern, zu einer Politik zurückzukehren, die sich klar und eindeutig zu Selbstverwaltung und Freiberuflichkeit als Eckpfeiler der Gesundheitsversorgung bekennt. JeglicheÜ berlegungen, die darauf abzielen, die bewährten Strukturen unseres selbstverwalteten Gesundheitssystems in Richtung einer vom Reißbrett geplanten, zentralistisch diktierten Staatsmedizin umzubauen, lehnen wir vehement ab. Alle Pläne, die Handlungsfähigkeit der Selbstverwaltung immer weiter auszuhö hlen, sind zu stoppen. Stattdessen sollten unsere Handlungsund Gestaltungsspielräume gestärkt werden. Die Bundesregierung wäre gut beraten, unsere fachliche und praxisnahe Expertise frühzeitig in alle gesundheitspolitischen Reformüberlegungen einzubeziehen, statt sie fortwährend zu ignorieren. Dass Deutschland eines der besten Gesundheitssysteme der Welt hat, ist maßgeblich auf die Praxisnähe und die fachliche Expertise der Selbstverwaltung zurückzuführen. Die Deutschen Mundgesundheitsstudien belegen, dass sich die Mundgesundheit der Bevö lkerung in den letzten Jahren erheblich verbessert hat und Deutschland bei der Mundgesundheit im internationalen Vergleich auf einem Spitzenplatz steht. Dies ist das Ergebnis einer seit Jahrzehnten präventionsorientierten Ausrichtung der Zahnheilkunde und einer qualitativ hochwertigen zahnärztlichen Versorgung, die im Wesentlichen aus der Selbstverwaltung hinaus initiiert und flächendeckend implementiert wurde. Diese Erfolge werden aber zunehmend von einer Gesundheitspolitik auf Spiel gesetzt, die die bewährten Eckpfeiler unseres Gesundheitssystems aushö hlt. Es istoffenkundig, dass Bundesgesundheitsminister Lauterbach einen kompletten Systemwechsel anstrebt. Die sich deutlich abzeichnenden Pläne einer „Verstationierung“ der Versorgung weisen die deutliche Tendenz einer ideologisch motivierten Zentralisierung unseres Gesundheitswesens à la britischem NHS auf und bergen somit die Gefahr, dass die bewährten, von inhabergeführten Praxen getragenen wohnortnahen und flächendeckenden Versorgungsstrukturen austrocknen. Zwar sind neue Arzt-ersetzende und zentralistische Strukturen wie die Gesundheitskioske oder Primärversorgungszentren in aktuellen Gesetzentwürfen nicht mehr enthalten, aber der Gesundheitsminister wird trotzdem nicht müde, sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit weiterhin ins Spiel zu bringen. Der Wert der Freiberuflichkeit wird von der Politik zunehmend missachtet. Der mangelnde Respekt gegenüber der Selbstverwaltung und das Ignorieren ihrer fachlichen Expertise in grundlegenden Reformprozessen werden letztendlich einzig in einer zunehmenden Verschlechterung der Patientenversorgung resultieren. Die Bundesregierung muss wieder zur einer Politik zurückkehren, die eine präventionsorientierte zahnmedizinische Versorgung ermö glicht, die die Niederlassung von Zahnärztinnen und Zahnärzten in eigener Praxis fö rdert und die Sicherstellung einer wohnortnahen und flächendeckenden Versorgung gewährleistet. Die Politik muss sich endlich wieder zu ihrer Mitverantwortung für die Aufrechterhaltung der zahnmedizinischen Versorgung bekennen und entsprechend handeln. Wir werden in Frankfurt unsere fundierten, mit klaren Fakten unterlegten Positionen erneut vortragen und Beschlüsse fassen, die die Politik nur schwer ignorieren kann. Aus diesem Grund ist weiterhin eine starke, von einer breiten Basis getragene Selbstverwaltung wichtig. Nur so kö nnenwir mit kräftiger, geeinter Stimme unsere berechtigten Forderungen gegenüber einer verfehlten Gesundheitspolitik gemeinsam vertreten. Martin Hendges Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Wir kämpfen für den Kurswechsel Foto: Jan Knoff, Cologne 6 | LEITARTIKEL

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