Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 12

18 | ZAHNMEDIZIN werden Vertreter der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der DGZMK auf dem Podium darüber diskutieren, was die Zahnärzteschaft – trotz des bei manchen Indikationen engen Kostenrahmens – den Patientinnen und Patienten im Hinblick auf den wissenschaftlichen Fortschritt anbieten kann. Umfangreiches Kongressprogramm Auch dieses Jahr bietet der Deutsche Zahnärztetag wieder ein umfangreiches Programm. Im Zentrum steht der zweitägige wissenschaftliche Hauptkongress, der mit seinen über 20 Vorträgen das ganze Spektrum zahnmedizinischer Disziplinen abdeckt. Bereits am Donnerstag, 12. September, startet der Vorkongress mit zahlreichen Workshops. Am Samstag, 14. September, findet parallel zum Hauptprogramm der „Studierenden- und Assistententag“ statt. br Weitere Informationen zum Deutschen Zahnärztetag finden Sie unter: https://www.dgzmk-apw-kongress.de/ zm114 Nr. 12, 16.06.2024, (1000) INTERVIEW MIT PROF. DR. DR. JÖRG WILTFANG, PRÄSIDENT DER DGZMK DAS BESTE ODER NICHTS? Im Vorfeld des diesjährigen Deutschen Zahnärztetages haben die zm Prof. Dr. Dr. Jörg Wiltfang, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK), zum diesjährigen Thema des wissenschaftlichen Kongresses „Welche Qualität müssen wir uns leisten?“ befragt. Prof. Wiltfang, dem Automobilpionier Gottlieb Daimler wird der Leitsatz „Das Beste oder nichts“ zugeschrieben. Damit sollte der Anspruch untermauert werden, stets das aktuell verfügbar Beste zu liefern. Mediziner haben diesen Anspruch schon aus ihrem Berufsethos heraus. Sie treffen jedoch auf eine Versorgungsrealität, die offensichtlich Schwierigkeiten hat, das Beste für alle zu finanzieren. Ist das Thema inzwischen so drängend, dass man es auf die Agenda des Deutschen Zahnärztetages setzen muss? Prof. Dr. Dr. Jörg Wiltfang: Ja, leider ist das der Fall. Es war natürlich auch bisher so, dass Patienten mit weitergehenden Ansprüchen – beispielsweise beim Zahnersatz – vieles privat finanzieren mussten. Aber die gesetzlichen Krankenversicherungen haben ein weitgehend intaktes Niveau an Leistungen angeboten, das eine gute Grundversorgung möglich machte. Doch die Zeit bleibt nicht stehen: Wir sehen zunehmend, dass die Kraft des GKV-Systems nicht ausreicht, um dem wissenschaftlichen Fortschritt zu folgen. Ein gutes Beispiel sind die Schwierigkeiten mit der PAR-Therapie: Über mehr als eine Dekade hinweg hat die Wissenschaft unzählige Evidenz für die mannigfaltigen Zusammenhänge von Parodontitis und schweren Allgemeinerkrankungen zusammengetragen. Die logische Konsequenz wäre jetzt gewesen, dem Fortschritt des Wissens zu folgen und geeignete Therapien für alle Versicherten zugänglich zu machen. Das scheitert aber jetzt an den Mitteln der GKV. Scheitert dies vielleicht auch an aus zahnärztlicher Sicht unklugen Priorisierungen seitens der Politik? Immerhin waren die Ausgaben für die Zahnmedizin über Jahre hinweg zurückgegangen. Das mag sicher sein, wenn man bedenkt, dass die Folgekosten unbehandelter Parodontalerkrankungen vermutlich weit über den Kosten für die Prävention liegen. Aber das sind primär politische Entscheidungen, auf die wir nur begrenzten Einfluss haben. Wir müssen sehen, wie wir die Patienten unter den gegebenen Umständen bestmöglich behandeln können. Wie kann das gelingen? Es ist ja in der Medizin so, dass die bestmögliche Versorgung immer individuell am einzelnen Patienten bestimmt werden muss - wir kennen das alle aus unserer Praxis. Es gibt in vielen Fällen nicht die eine „beste“ Therapie: Eine Implantatversorgung mit komplexem prothetischem Aufbau kann für Mundhygiene-affine Patienten ein großer Gewinn sein, für starke Raucher dagegen ein eher iatrogen gesetztes Risiko. Dieser Kontrast ist sicher etwas dick aufgetragen, aber das Prinzip ist klar: Für jeden Patienten gibt es ein individuell zu ermittelndes Optimum an Versorgung, das sich eben nicht holzschnittartig an „Goldstandard“-Versorgungen orientiert. Sie fragen beim Tagungsmotto des diesjährigen Zahnärztetages im September: „Welche Qualität müssen wir uns leisten?“ und sprechen dabei von Therapiekorridoren. Was ist damit gemeint? Wir wollen uns auf dem kommenden Zahnärztetag weitergehend damit beschäftigen, welche Therapien für welche klinischen Probleme zur Verfügung stehen und welche Abwägungsprozesse aus wissenschaftlicher Sicht bei der Versorgung für den einzelnen Patienten infrage kommen. Nehmen Sie nur einmal das Beispiel der Einzelzahnlücke – die kann man mit Implantation und HightechProthetik schließen, aber vielleicht auch unter Umständen einfach nur belassen und monitoren – so weit spreizen sich mitunter die Therapiealternativen auf. Für alle Möglichkeiten gibt es Argumente – hier die Spezifika der Therapien und die möglichen Abwägungen in der Behandlung aus wissenschaftlicher Sicht deutlich zu machen, das wird eine der Aufgaben des kommenden Zahnärztetages sein. Das Gespräch führten Kerstin Albrecht und Benn Roolf. Prof. Dr. Dr. Jörg Wiltfang, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) Foto: UKSH

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