Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 12

POLITIK | 55 ten, eine Behandlung oder auch eine Fachabteilung und ein Krankenhausname gesucht werden – auch zahnmedizinischen Themen. Laut Angaben des BMG ermöglicht eine Ontologie im Hintergrund mit mehr als 200.000 Querverbindungen eine medizinisch sachgerechte, automatisierte Auswahl aus 28.000 Behandlungs- und 13.000 Krankheitsdefinitionen. Der Atlas basiert auf Daten aus der gesetzlichen Qualitätssicherung des IQTIG und auf Daten des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK). Das BMG verweist auch auf bisher existierende KrankenhausSuchangebote wie die „Weisse Liste“ der Bertelsmann-Stiftung, die im März 2024 eingestellt wurde. Die dort in 15 Jahren erlangten umfangreichen Erkenntnisse seien in die Erstellung des Klinik-Atlas eingeflossen. Dafür hätten die Weisse Liste und das BMG eine Kooperationsvereinbarung geschlossen. Der Bundes-Klinik-Atlas ist ein Teil des Krankenhaustransparenzgesetzes und ein Teil der geplanten umfassenden Krankenhausreform. Über das Gesetz hatten Bund und Länder lange gestritten und Ende Februar im Vermittlungsausschuss Einigung erzielt. Heftige Kritik und viel Nachbesserungsbedarf? Inzwischen kam heftige Kritik am Klinikatlas auf. Falsche und fehlende Daten leiteten Patientinnen und Patienten mit veralteten Daten massiv in die Irre, hieß es. Zuletzt gab es Streit zwischen Bund und Ländern. So hatte die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz der Länder, die schleswigholsteinische Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken, in einem Schreiben an Bundesgesundheitsminister Lauterbach gefordert, Fehler schnellstmöglich zu beheben, um Patienten nicht durch Fehlinformationen zu irritieren. Zuvor hatte sie in einer Presseerklärung verdeutlicht: „Staatliches Informationshandeln unterliegt dem Gebot von Richtigkeit. Die Aussage, dass der Atlas ein lernendes System sei und die Kliniken Fehler selbst melden könnten, ist daher verantwortungslos gegenüber den Nutzerinnen und Nutzern. Denn sie verlassen sich auf das, was sie sehen. Wenn der Bund die Fehler nicht umgehend beheben kann, muss er den Atlas vom Netz nehmen, bis er sie behoben hat.“ Von der Decken verwies auch auf die Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF). Dringend sollte im Klinikatlas die Unvollständigkeit der Daten an prominenter Stelle deutlich gemacht werden, indem die Webseite in laienverständlicher Form als Testversion ausgewiesen werde, so der Appell der AWMF. Die Vorläufigkeit der Daten und deren mangelnde Qualitätsüberprüfung werde nicht ausreichend deutlich. Handwerkliche Fehler bestünden unter anderem in der fehlenden Trennung von Haupt- und Nebendiagnosen und der schlechten Verknüpfung von Diagnosen und Prozeduren. Aus dem Bundesgesundheitsministerium kam inzwischen die Information, dass ein Update kontinuierlich stattfinde, hieß es laut Presseberichten. Man nehme Kritik mit wichtigen Hinweisen sehr ernst, um den Klinik-Atlas zu verbessern. Der Atlas werde aber nicht vom Netz genommen. pr zm114 Nr. 12, 16.06.2024, (1037) KEIN BEITRAG ZU EINER ERFOLGREICHEN KRANKENHAUSREFORM Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hält den KlinikAtlas für „politischen Aktionismus auf Kosten des Steuerzahlers“. Die DKG biete seit Jahrzehnten einen Klinik-Atlas an, in dem sich alle Informationen über Behandlungsqualität, Fallzahlen, Personalausstattung und Komplikationsraten der einzelnen Krankenhäuser laienverständlich online finden ließen, betonte der DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß. Die Daten basierten auf den Qualitätsberichten der Krankenhäuser, und mehr Datenmaterial stehe auch dem Bundesgesundheitsminister für seinen Klinik-Atlas nicht zur Verfügung. Das Deutsche Krankenhausverzeichnis (www. deutsches-krankenhaus-verzeichnis.de) verfügt laut Gaß nach einem Update im Frühjahr 2024 über noch mehr Daten bei verbesserter Nutzerfreundlichkeit. Kritik kommt auch von der Bundesärztekammer. Präsident Dr. Klaus Reinhardt erklärte, das neue Register schaffe zunächst einmal zusätzliche Bürokratie und keinen echten Mehrwert für die Patientinnen und Patienten. Die dort vorgesehenen Informationen seien schon bisher weitgehend über die etablierten Register wie die Weiße Liste oder das Deutsche Krankenhausverzeichnis laienverständlich abrufbar gewesen. Das neue Register sei außerdem kein Beitrag zu einer erfolgreichen Krankenhausreform in Deutschland, denn es sei nur unzureichend mit den Planungs- und Qualitätsprüfungsprozessen in den Bundesländern abgestimmt. „Die Zeit und die politische Energie, die in dieses Projekt geflossen sind, wären besser in ernsthafte Einigungsbemühungen mit den Ländern und den Partnern der Selbstverwaltung bei der Krankenhausreform investiert gewesen“, urteilte Reinhardt. Skeptisch zeigte sich auch der niedersächsische Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD). Ob der neue Atlas einen Mehrwert schafft, bleibe abzuwarten. Problematisch sei, dass dessen Systematik auf den bisher nicht eingeführten und zugewiesenen Leistungsgruppen basiert. Die Zuweisung der Leistungsgruppen würde bei einer Umsetzung der Krankenhausreform erst ab dem Jahr 2025 durch die Bundesländer erfolgen. Mit dem Atlas sei der zweite Schritt vor dem ersten gemacht worden. Unterstützung kommt hingegen vom AOK-Bundesverband. Der Start des Bundes-Klinik-Atlas sei ein richtiger und wichtiger Schritt zur Ergänzung der bisherigen, freiwilligen Informationsangebote der Krankenkassen, erklärte Jens Martin Hoyer, stellvertretender Vorsitzender des Verbands. Der Atlas solle die etablierten Portale der gesetzlichen Krankenkassen nicht ersetzen, sondern ergänzen, sagte er und verwies auf den Gesundheitsnavigator der AOK: https:// www.aok.de/pk/gesundheitsnavigator.

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