Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 12

zm114 Nr. 12, 16.06.2024, (1064) 82 | GESELLSCHAFT Tanzen sei für ihn die ehrlichste und menschlichste Form der Kommunikation, die einem zur Verfügung steht. Iliev sieht darin sogar eine Art Offenbarung: „Wenn ich tanze, lege ich meine Seele für meine Mittanzenden und das Publikum hemmungslos und authentisch frei. Ich gehe eine sehr innige Bindung mit mir selbst ein und mache sie für alle in meiner Umgebung durch meinen Körper sichtbar.“ Genau das macht für den Zahnarzt das aktuelle Tanzprojekt im Staatstheater aus – eine Verbindung zu sich selbst und den Mitmenschen aufzubauen und zu spüren. Iliev stammt aus Bulgarien. Seine erste Freundin bewegte ihn zum Tanzen und motivierte ihn, obwohl er – typisch Teenager – zunächst ablehnte und protestierte. Im Jugendalter ging er das Hobby dann immer professioneller an, mit 15 Jahren startete er seine Tanzsportausbildung. In Varna, im Heimatland, und später in Freiburg tanzte er Latein und Standard in insgesamt drei Tanzsportvereinen. Als Physikum, Klinik und die Weiterbildung zum Oralchirurgen anstanden, musste aber eine Pause her. Die Prioritäten lagen erst einmal auf der Zahnmedizin. Mit 30 ging Iliev nach Karlsruhe und entdeckt dort das Tanzen für sich wieder. Er begann mit Ballett in einem der vielen Ballettvereine der Stadt. Bei seiner ersten Projektbeteiligung am Badischen Staatstheater war er zunächst als Statist im „Nussknacker“ von Bridget Breiner zu sehen. Das neue Tanzprojekt trägt den Titel „Human Condition“, es hatte am 20. April Premiere. Darin ist Iliev einer von 30 Laientänzern unter der Choreografie von Paul Calderone. Die Inszenierung widmet sich der Frage, was es bedeutet, Mensch zu sein. In dieser sich immer schneller beschleunigenden Welt zurechtzukommen, sei extrem schwer geworden, erklärt der Zahnarzt sein Empfinden. „Genauso wie die Technologien schneller werden, werden wir schneller gefordert, konkrete Antworten auf die Fragen nach unserer Identität, nach unserer Zugehörigkeit in unseren familiären und freundschaftlichen Strukturen und nach unserem Platz auf diesem Planeten zu liefern.“ Tanzen könne da eine Verbindung im anonymen Raum schaffen. Sie sei Kommunikation und Kunst, und die Kunst wiederum „eine einzigartige Möglichkeit uns selbst zu erkunden und die Antworten auf viele Fragen in uns zu finden – ohne durch einen digitalen Algorithmus beobachtet und beeinflusst zu werden“, philosophiert er. Tanzen erhöht die Empfindsamkeit für das Gegenüber Iliev findet, dass Tanzen eine große gesellschaftliche Bedeutung hat. Eine, die in heutigen Zeiten leicht in den Hintergrund rutschen kann. „Durch die Verbindung und durch die Sensibilität füreinander, schaffen wir Verständigung. Aus Verständigung wird Verständnis und das ist die Basis für Vertrauen, Intimität, Fürsorge, Freundschaft, Liebe und all das, was uns zu Menschen macht. So schafft Tanz in uns Freiräume, in denen wir uns selbst kennenlernen und die uns die Möglichkeit geben mit Neugier und Freude, anstatt mit Angst auf andere zuzugehen“, schwärmt der Zahnarzt von der Bedeutung seiner Leidenschaft. Die Inszenierung „Human Condition“ widmet sich der großen Frage, was es bedeutet, Mensch zu sein. Gemeinsam mit 30 Karlsruhern schuf Choreograf Paul Calderone „tänzerische Begegnungen für eine universale Geschichte des Menschseins“. Fotos: Badisches Staatstheater / Arno Kohlem, Christos Georghiou – stock.adobe.com ABSEITS DER PRAXIS Der tanzende Zahnarzt Schon als Kind tanzte Kaloyan lliev, Zahnarzt und Fachzahnarzt für Oralchirurgie, wahnsinnig gern, später dann Standard und Latein in verschiedenen Vereinen. Als Studium, Beruf und Weiterbildung folgten, nahm die Zahnmedizin Priorität ein. Vor Kurzem zog es ihn aber wieder aufs große Tanzparkett – am Badischen Staatstheater in Karlsruhe. Dort wurde ihm bewusst: Es gibt bedeutende Verknüpfungen zwischen seiner Leidenschaft, dem Tanzen, und der beruflichen Tätigkeit.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=