Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 13

28 | PRAXIS KONFLIKTE IM PRAXISALLTAG – TEIL 2 Was tun, wenn der Streit eskaliert? Anke Handrock, Maike Baumann, Annika Łonak Am Anfang ärgern sie sich über Kleinigkeiten, doch der Unmut wird schnell größer, der Ton fieser und es kracht: Wenn zwei im Team sich streiten, muss die Führung wissen, wann die Konfliktparteien noch gute Chancen haben, selbst eine Lösung zu finden, und wann Hilfe von außen nötig ist. Denn wenn aus dem Zank eine Fehde wird, ist der Zug abgefahren, und zwar für alle. Jeder Streit folgt einem Muster. Er beginnt meist mit einem klaren Sachbezug („Wir haben einen Konflikt“). Lässt er sich mit den eigenen Kompetenzen nicht lösen, kommt es zu Spannungen auf persönlicher Ebene („Wir haben einen Konflikt und ich glaube, die andere will mich nicht verstehen“). Es folgt ein Zwist darüber, an wem die Lösung denn nun scheitert. Beide Parteien schieben einander die Schuld zu („Der Konflikt hat uns“). Der sachliche Auslöser tritt in den Hintergrund. Beide Seiten machen Lösungsvorschläge, die aber aufgrund der unterschiedlichen Sichtweisen jeweils abgewiesen werden, was die Abwärtsspirale verstärkt („Der Konflikt hat uns und wir sehen keinen Ausweg mehr“). Wenn während dieser Eskalation schon früh Unterstützung von außen kommt, kann das den Beteiligten helfen, sich auf andere Sichtweisen besser einzulassen. Dadurch schaffen sie es dann, nach und nach beide Sichtweisen zu verbinden. So können plötzlich auch neue Lösungsideen entstehen. Je früher eine solche Hilfe innerhalb des Teams greift, etwa durch Kolleginnen, Teamleitungen oder Chefs, desto leichter ist es für die Konfliktparteien wieder zueinander zu finden. Der Sozialwissenschaftler Friedrich Glasl hat die Eskalation von Konflikten in neun (auch von außen erkennbare) Stufen beschrieben. Je nach Eskalationsstufe lässt sich ableiten, ob die Lösung im Team aus eigener Kraft noch wahrscheinlich ist oder ob externe professionelle Hilfe angezeigt ist. Die Kennzeichen der einzelnen Stufen lassen sich gut an einem Beispiel nachvollziehen: In einem größeren Praxisteam arbeiten Eva Baum (Abrechnung und Verwaltung) und Marco König (Sterilgutassistenz). König ist Ordnung im Pausenraum sehr wichtig. Er spült seine benutzte Tasse immer sofort ab und stellt sie weg. Baum legt großen Wert auf Effizienz und Nachhaltigkeit und achtet darauf, ihre Tasse den ganzen Arbeitstag über zu benutzen und erst am Ende des Arbeitstags zu spülen und wegzustellen. König ärgert sich täglich über die dreckige Tasse und spült sie gelegentlich ungefragt mit ab. Ihn wurmt es zusätzlich, dass Baum sich dafür nicht einmal bedankt. Diese wiederum ärgert sich über die Wasserverschwendung ihres Kollegen und empfindet es als übergriffig, wenn er ungefragt ihre Tasse zwischendurch abspült. Ab und zu weist Baum ihn darauf hin, dass sie nicht will, dass König ihre Tasse wegnimmt. Baum erwidert, dass es erwartbar sei, dass der Pausenraum sauber ist. Baum ist beleidigt, da sie sich als „schlampig“ herabgesetzt fühlt und wirft König vor, sich im Pausenraum nur vor der Arbeit zu drücken. Dieser Vorwurf ärgert wiederum den Kollegen. Beide fühlen sich missverstanden und verletzt und kommen zu keiner Jeder kleine Konflikt kann potenziell eskalieren, insbesondere, wenn dieser von Beginn an emotional stark aufgeladen ist. Das ist vor allem dann der Fall, wenn es für die beteiligten Konfliktparteien um besonders wichtige Ressourcen oder Werte geht. Foto: Volha_stock.adobe.com zm114 Nr. 13, 01.07.2024, (1110)

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