Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 13

34 | ZAHNMEDIZIN das eine Unterkieferkontinuitätsresektion erforderlich machte. Die Keratozyste gehört zu den entwicklungsbedingten Zysten und zählt neben den follikulären und den entzündlich bedingten radikulären Zysten zu den häufigsten Kieferzysten. Epidemiologisch sind Männer häufiger betroffen als Frauen, mit einem Häufigkeitsgipfel in der dritten Lebensdekade. Die bevorzugte anatomische Region ist der Unterkiefer, insbesondere im Bereich des Kieferwinkels und des aufsteigenden Unterkieferastes [Thiem et al., 2019; Dioguardi et al., 2024]. Die Diagnose basiert meist auf einem radiologischen Zufallsbefund, der eine klar begrenzte uni- oder multilokuläre Radioluszenz zeigt. Die Zyste kann mit retinierten Zähnen, insbesondere impaktierten Unterkieferweisheitszähnen, assoziiert sein. Resorptionsvorgänge an Zahnwurzeln oder den retinierten Zähnen sind selten. Große Keratozysten können sich symptomatisch mit Schmerzen, Schwellungen und je nach Lokalisation mit nervalen Einschränkungen manifestieren [de Castro et al., 2018]. Multiple Keratozysten können auch im Rahmen des autosomal-dominant vererbbaren Gorlin-Goltz-Syndroms auftreten und mit dermalen Basalzellkarzinomen, Kalzifizierung der Falx cerebri sowie weiteren skelettalen und entwicklungsbedingten Pathologien einhergehen [Bresler et al., 2016]. Differenzialdiagnostisch müssen neben den eingangs erwähnten Kieferzysten auch weitere osteolytische Prozesse des Kiefers, wie das odontogene Myxom, das Ameloblastom, das zentrale Riesenzellgranulom und das Osteosarkom, ausgeschlossen werden [Römer et al., 2020; Tandon et al., 2024]. Mit der 4. Auflage der WHO-Klassifikation der Kopf-Hals-Tumoren von 2017 wird die Keratozyste wieder den Kieferzysten zugeordnet. Der Begriff des keratozystisch-odontogenen Tumors und die semantische Klassifikation als Knochentumor wurden verlassen [Speight und Takata, 2018]. Dies wird auch in der 2022 erschienenen 5. Auflage bestätigt. Der Hintergrund der Diskussion um eine neoplastische Entität der Zyste liegt in der klinisch häufig zu beobachtenden aggressiven Wachszm114 Nr. 13, 01.07.2024, (1116) Abb. 2: 3-D-Modell mit präformierter Platte (2a). Nach virtueller Defektplanung gehobenes avaskuläres biikortikales Beckenkamm-Transplantat (2b). Bild intraoperativ (2c). a c b Fotos: Universitätsmedizin Mainz

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