Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 13

48 | PRAXIS GRÜNDUNG AUF DEM LAND Wie ist das, wenn dich jeder kennt? Bettina Glaubke Wer sich im ländlichen Raum niederlässt, den umtreibt auch die Frage nach Nähe und Distanz zu den Patienten jenseits der Praxis. Könnte es „eng“ werden, wenn mich im kleinen Örtchen ALLE kennen? Diese Sorge habe sich für sie nicht bestätigt, berichtet Dr. Ricarda Lieber. Im Gegenteil. Lieber eröffnete im Januar 2022 ihre Zahnarztpraxis in Eisenbach, einem Luftkurort der Gemeinde Selters. 3.000 Menschen leben hier. Ganz in der Nähe ist sie aufgewachsen, auch ihre Eltern sind im Umkreis bekannt. Zum Zeitpunkt der Gründung ist sie noch keine 30 und fragt sich: Wie ausgelassen kann ich noch mit meinen Freunden feiern gehen? Muss ich mich jetzt immer zurechtmachen, auch wenn ich nur kurz zum Bäcker gehe? Und kann ich mich noch frei im Fitnessstudio bewegen? Zwei Jahre später: Lieber hat ihre Entscheidung bisher nicht bereut. Ihre Befürchtungen, im Ort zu sehr unter Beobachtung zu stehen oder sich nicht mehr frei bewegen zu können, haben sich nicht bewahrheitet. Sie sieht im Landleben eher Vorteile: „Der Kontakt zu den Patienten ist hier einfach enger als in der anonymen Großstadt. Außerdem schweißen die gemeinsame Herkunft und die Verbundenheit zum Ort zusammen. All das sorgt für einen stabilen Patientenstamm. Und meine Mitarbeiterinnen sind loyal und bleiben bei der Stange.„ Auch Recruiting ist für sie bisher kein Thema: “Ich kriege regelmäßig Initiativbewerbungen von Menschen, die bei mir arbeiten wollen.“ Die höhere Verbindlichkeit im Ländlichen und der persönliche Kontakt tragen außerdem dazu bei, dass Termine seltener abgesagt oder nicht eingehalten werden. Gleiches gilt für die Zahlungsmoral der Patienten: Nicht beglichene Rechnungen kommen so gut wie gar nicht vor. Weil die Versorgungslage auf dem Land so schlecht ist, hat sie natürlich auch wenig Konkurrenz – was zu einer besseren Auslastung ihrer eigenen Praxis führt und die Gefahr der Abwanderung verringert. Und: Lieber bemerkt in ihrer Praxis einen überdurchschnittlich hohen Zuwachs an Neupatienten: „Die Mund-zu-Mund Propaganda funktioniert einwandfrei, bislang musste ich kaum Geld in Marketingkampagnen stecken.“ Ihr Fazit? „Nach mehr als zwei Jahren in der Selbstständigkeit kann ich sagen, dass ich mich schnell daran gewöhnt habe, erkannt zu werden. Aber ich fühle mich dadurch überhaupt nicht beobachtet oder bewertet. Das Wichtigste ist letztlich, dass ich ich selbst bleibe und Beruf und Privatleben gut hinkriege!“ Diese drei Punkte haben ihr dabei geholfen: „ Reflektieren: Wo liegen meine Stärken und Schwächen, was kann ich besonders gut und wie will ich wahrgenommen werden? Wer dabei eiKann ich noch ungeschminkt zum Bäcker gehen, wenn ich Zahnärztin in einem Ort bin, der so klein ist, dass mich fast jeder kennt? zm114 Nr. 13, 01.07.2024, (1130) Bettina Glaubke Gründungsberaterin bei der OPTI health consulting GmbH Foto: OPTI health consulting GmbH OPTI-SUMMERSCHOOL 2024 Die OPTI-SummerSchool 2024 findet vom 8. bis 13. Juli 2024 in Damp an der Ostsee statt. Das Existenzgründer-Seminar richtet sich an frisch niedergelassene und angestellte Zahnärztinnen und Zahnärzte sowie Assistenzärztinnen und -ärzte und Studierende. In Theorie und Praxis geht es um Digitalisierung, Businessplanung & Unternehmensentwicklung, Qualitätsmanagement, Abrechnung und Finanzierung in der Zahnarztpraxis. Dazwischen ist genug Zeit, um einen chilligen Tag am Strand zu verbringen, Beachvolleyball zu spielen oder Wasserski auszuprobieren. www.opti-summerschool.de

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