In normalen Zeiten ist die Vertreterversammlung der KZBV im Sommer eine „Arbeits-VV“. Aber dies sind keine normalen Zeiten und so war die VV Anfang Juni in Frankfurt am Main auch keine normale SommerVV, sondern stark geprägt von den Eindrücken einer völlig fehlgeleiteten Gesundheitspolitik unserer Regierung. Dies spiegelt sich einerseits in den mit großer Einmütigkeit von den Delegierten gefassten Beschlüssen wider, die sich zu einem erheblichen Teil mit der Politik aus dem Hause von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auseinandersetzen. Andererseits zeigte sich der besondere Ernst der Lage durch die Teilnahme des Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen, und des Vizepräsidenten der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Mathias Arnold, am zweiten TagderVV. Zusammen haben wir uns in Frankfurt klar gegen die verfehlte Gesundheitspolitik von Lauterbach positioniert. Wir waren uns absolut einig, dass es dringend unmittelbarer politischer Weichenstellungen bedarf, um vor allem die Niederlassung in eigenen Praxen und Apotheken zu fördern und so das bei Patientinnen und Patienten bewährte Gesundheitssystem zu erhalten. Andernfalls droht die flächendeckende und wohnortnahe Versorgung zunehmend zu schwinden. Die gegenwärtigen politischen Rahmenbedingungen torpedieren die Arbeit der niedergelassenen Zahnärzteschaft und Ärzteschaft sowie der Apothekerinnen und Apotheker. Eine überbordende Bürokratie, eine nicht am Praxisalltag ausgerichtete Digitalisierungsstrategie und fehlende Mittel für Prävention haben massive Folgen für Patientinnen und Patienten, die bereits jetzt sichtbar sind: ein dramatischer Rückgang bei den Parodontitis-Neubehandlungsfällen, fehlende Haus- und Fachärzte und ein zunehmend ausgedünntes Netz der Arzneimittelversorgung. Von dieser versorgungsfeindlichen Gesundheitspolitik ist im zahnärztlichen Bereich die neue, präventionsorientierte Parodontitistherapie besonders betroffen. Parodontitis nimmt bekanntermaßen Einfluss auf schwere Allgemeinerkrankungen wie Diabetes, rheumatische Erkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wenn Minister Lauterbach mit seinem „Gesundes Herz Gesetz“ hier eine bessere Vorsorge schaffen will, ist es völlig unverständlich und kontraproduktiv, dass zugleich unser präventionsorientierter Ansatz im Bereich der Parodontitistherapie budgetiert wurde. Die Früherkennung und die Behandlung der Volkskrankheit Parodontitis sind wichtige Bestandteile zur Vermeidung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, denen in keinem Fall die finanziellen Mittel gekürzt werden dürfen. Der Schulterschluss der zentralen Gesundheitsprofessionen in Frankfurt zeigt, wie umfassend desaströs die derzeitige Politik ist. Von Partikularinteressen einzelner „Lobbygruppen“ – wie Karl Lauterbach die demokratisch gewählten Vertretungen der Selbstverwaltung gerne mal betitelt – kann schon lange keine Rede mehr sein. Uns eint vielmehr die Sorge um den Erhalt einer funktionierenden, wohnortnahen Gesundheitsversorgung, die durch den derzeitigen Gesundheitsminister sukzessive zerstört wird. Einig sind wir uns auch in der Analyse, dass Lauterbach dabei ein staatlich gelenktes Gesundheitssystem im Blick hat. Doch diesem Systemwechsel auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten und derjenigen, die tagtäglich deren Versorgung aufrechterhalten, werden wir nicht tatenlos und stillschweigend zusehen. Deshalb waren wir uns völlig einig, unsere bundesweiten Öffentlichkeitskampagnen gegen diese verheerende Gesundheitspolitik intensiv fortzusetzen. Denn es ist von zentraler Bedeutung, dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes erfahren, wohin ihre Gesundheitsversorgung gesteuert wird. Gleichzeitig müssen wir der Politik klar signalisieren, dass wir uns diesem Umbau entgegenstellen werden. Unsere erfolgreiche Kampagne „Zähne zeigen“ werden wir deshalb im nächsten halben Jahr mit neuen Kommunikationswegen fortführen – und dies nach derzeitigem Stand auch sicherlich im Jahr 2025 tun. Darin waren sich die Delegierten in Frankfurt einig. Unterstützen auch Sie uns dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen. Martin Hendges Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Vereint in schweren Zeiten Foto: Jan Knoff, Cologne 6 | LEITARTIKEL
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