Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 14

zm114 Nr. 14, 16.07.2024, (1212) 38 | ZAHNMEDIZIN Chirurgie mit Oberkiefervorverlagerung korrigiert. Die standardmäßige Le-Fort-I-Osteotomie wurde im Jahr 1962 durch Obwegeser erstmals für Patienten mit Spaltdeformitäten beschrieben [Velasques et al., 2021]. Die Dysgnathiechirurgie mit Oberkiefervorverlagerung stellt insbesondere bei Spaltpatienten aufgrund der Knocheninstabilität, des narbigen Weichteilmantels und des dadurch bedingten erhöhten Rezidiv-Risikos eine Herausforderung dar [Dowling et al., 2005]. Die Entscheidung zwischen isolierter Oberkiefervorverlagerung und bimaxillärer Umstellungsosteotomie richtet sich nach der Ausprägung der maxillomandibulären Diskrepanz. Für Patienten mit einer ausgeprägten anteroposterioren Oberkieferunterentwicklung in Kombination mit einem prognathen Unterkiefer wird die bimaxilläre Umstellungsosteotomie empfohlen. Einige Autoren befürworten dies insbesondere, wenn eine Vorverlagerung des Oberkiefers von mehr als 8 mm notwendig ist [Hirano und Suzuki, 2001]. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass trotz der Möglichkeit, eine zufriedenstellende Okklusion allein durch kieferorthopädische Maßnahmen zu erreichen, Patienten unter Problemen wie einer Retrognathie des Oberkiefers, einer Laterognathie, einer okklusalen Neigung und einem ungünstigen Lippen-zu-Inzisiven-Verhältnis beim Sprechen und Lächeln leiden können. Aufgrund des definitiven Charakters und der Wirkung dieser Operation auf die Gesichtsästhetik finden diese Korrektureingriffe typischerweise am Ende der Behandlungsdauer statt. Wie im Fallbericht beschrieben, liegt dieser Zeitpunkt in der Teenager- und frühen Erwachsenenphase, wenn das strukturelle Wachstum des Gesichts als abgeschlossen gilt. Die Einbeziehung der Patientenperspektive in das Behandlungsergebnis zeigt anhand des Beispiels unserer jungen Patientin den positiven Einfluss auf das Selbstwertgefühl, die Lebensqualität und die sozialen Beziehungen. n FAZIT FÜR DIE PRAXIS n Die Entstehung von LKG-Spalten ist multifaktoriell bedingt – welche genetischen und exogenen Faktoren genau beteiligt sind und wie diese zusammenspielen, wird weiterhin erforscht. n Die Behandlung erfordert die Einbeziehung verschiedener Fachrichtungen, um optimale funktionelle und ästhetische Ergebnisse für die Patienten zu erzielen. n Derzeit wird die Kieferspaltosteoplastik im Wechselgebiss vor Durchbruch des Eckzahns unter Verwendung von autologem Knochen favorisiert. n Die chirurgischen Interventionen sind bereits in der frühen Kindheit notwendig, führen allerdings zu Narben und können das Wachstum des Oberkiefers beeinträchtigen. n Asymmetrien, hypertrophe Narben und dentale skelettale Folgen sind nach der primären Operation der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte häufig zu beobachten. n Korrekturoperationen können zur Verbesserung der Lautbildung (sprechverbessernde Operation), bei ungünstiger Narbenbildung oder Ästhetik (Narbenkorrektur, Septorhinoplastik) oder bei Größendiskrepanzen von Ober- und Unterkiefer (Dysgnathieoperation) notwendig werden. Pädaudiologie Hörprüfung Hörprüfung HNO Paukenröhrchen ggf. Begleitbehandlung Behandlungsschema – Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte 1.Mo KFO Gaumenplatte 2. Mo 3. Mo 4. Mo 5. Mo 6. Mo 7. Mo 8. Mo 9. Mo 10. Mo 11. Mo 12. Mo MKG Lippenverschluss Gaumenverschluss Logopädie Logopädische Begleitbehandlung Abb. 7 und 8: Interdisziplinäres Behandlungsschema anhand der Vorlage des Deutschen interdisziplinären Arbeitskreises für Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten / Kraniofaziale Anomalien. Dargestellt sind die Zeiträume, in denen die Durchführung der Primär- und der Sekundäroperationen beziehungsweise Therapiemaßnahmen durch unterschiedliche Fachdisziplinen empfohlen werden. Pädaudiologie Phoniatrische Kontrollen HNO Ohroperationen Behandlungsschema – Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte KFO Frühbehandlung Reguläre Behandlung Spätbehandlung 10 Jahre 8 Jahre 5 Jahre 1 Jahr 18 Jahre 15 Jahre 12 Jahre MKG Sprechverbessernde OP Kieferspaltosteoplastik Spätkorrekturen Logopädie Logopädische Begleitbehandlung Quelle: Universitätsmedizin Mainz

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