Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 14

44 | ZAHNMEDIZIN Prof. Dr. Matthias Kern, der im Auditorium saß. Kern, Direktor der Klinik für Zahnärztliche Prothetik, Propädeutik und Werkstoffkunde in Kiel, fragte nach den Langzeitergebnissen für die Implantat-Lösungen. Für die von ihm propagierte Klebebrücke (einflügelig) gebe es diese erfolgreichen Langzeitdaten. Die Gefahr einer Infraokklusion des Implantats über die Zeit, sieht er bei einem Millimeter pro Lebensjahrzehnt. Alte Dogmen hinterfragen beim Ersatz von Seitenzähnen Die Session: „Ersatz von Seitenzähnen – wann nötig, wie lösen?“ bestritten drei Expertinnen und Experten, die allesamt möglichst substanzschonende Therapien vorstellten. Prof. Dr. Diana Wolff, Direktorin der Heidelberger Poliklinik für Zahnerhaltungskunde, stellte verschiedene minimal- und noninvasive Methoden für den Ersatz von einzelnen Seitenzähnen vor. Bei kleineren Lücken könnten beispielsweise eine Kompositverbreiterung eines Nachbarzahns oder ein kleiner Kompositanhänger direkt im Patientenmund modelliert werden. In Bezug auf glasfaserverstärkte Brücken im Seitenzahnbereich „bin ich etwas geerdet“, sagte Wolff, denn diese Non-Prep- oder FRCBrücken (Fiber-Reinforced-Composite) hielten fünf bis sechs Jahre, „danach geht die Überlebenskurve in den Keller“, zitierte Wolff aus einer Studie [Vallittu et al., 2017], die ihre eigene Erfahrung widerspiegelt. „Auch in der Prothetik geht der Trend zu minimal-invasiven Versorgungsmöglichkeiten“, sagte Prof. Dr. Nicole Passia, Direktorin der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik am Universitätsklinikum Dresden. Eine gute Möglichkeit zur Zahnhartsubstanzschonung sei beispielsweise, divergierende Pfeilerzähne bei der Brückenpräparation in ihrer ursprünglichen Achsrichtung zu belassen. Für das lange propagierte Dogma der „gemeinsamen Einschubrichtung aller Pfeiler“ werde noch oft viel gesunde Zahnhartsubstanz geopfert. Das Vorgehen bei divergenten Pfeilern ist von Passia 2019 publiziert worden [Passia et al., 2019] und geht auf von Willem Boer und Sohn zurück [Boer und Boer, 2019]. Immer wenn Pfeiler nach bukkal und oral divergent sind, könne die gegebene Achsrichtung der Pfeilerzähne bei der Präparation durchaus beibehalten werden. Die Brücke wird anschließend leicht rotierend eingesetzt (nicht senkrecht von oben) und erreicht so ihre definitive Position. Approximal dürfe es für diese Methode allerdings keine Divergenz geben, so Passia. Die Sicht des niedergelassenen Zahnarztes repräsentierte Dr. Ulf KruegerJanson aus Frankfurt. „Ich komme aus einem Ballungsgebiet“, sagte er. „Eine Brücke ist nicht mehr erwünscht.“ Sobald gesunde Zahnhartsubstanz an (nahezu) restaurationsfreien Pfeilerzähnen geopfert werden muss, entschieden sich seine Patienten für ein Implantat oder adhäsive Möglichkeiten, zum Beispiel für eine Marylandbrücke. Endodontie – Alternative oder Ergänzung zur Implantologie? In der Session „Wurzelgefüllter Zahn versus Implantat – wann ist was riskanter?“ empfahl Dr. Raphael Borchard aus Münster, sich als niedergelassener Zahnarztes kritisch zu fragen: „Was kann ich selber leisten?“ Obwohl der Münsteraner Oralchirurg ist, priorisiert er den Zahnerhalt über eine endodontische Therapie, gegebenenfalls eine Revision und/oder internes Bleichen. Die Implantation sieht er als Ergänzung – wenn man anders nicht zum Ziel komme. Insbesondere von zwei nebeneinander stehenden Implantaten im Frontzahnbereich (beispielsweise 11 und 12 oder 21 und 22) riet er dringend ab, da eine Papille dazwischen in der Regel verschwinde. Zwei Implantate in Regio der beiden mittleren Inzisivi seien besser möglich. Die Endodontie habe gegenüber der Implantologie den Vorteil, dass sie kein Weichgewebsmanagement brauche und keiner Altersgrenze unterliege, erläuterte Prof. Dr. Christian Gernhardt von der Universitätspoliklinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie in Halle. Ein Pluspunkt – vor dem Hintergrund einer älter werdenden Gesellschaft und der damit zunehmenden Operationsrisiken in der Implantologie. Insgesamt sieht er die Endodontie und die Implantologie zusammen als „gutes Team“, das kumulativ dazu führen sollte, Patienten festsitzend, funktizm114 Nr. 14, 16.07.2024, (1218) Nach der Session Ersatz von Seitenzähnen diskutierten Prof. Diana Wolff (Zahnerhaltung Heidelberg, l.), Prof. Nicole Passia (Prothetik Dresden, Mitte) und Dr. Krueger-Janson (niedergelassen in Frankfurt) über verschiedene Versorgungsoptionen. Fotos: DGZ/DGPro Dr. Kerstin Albrecht Medizin-/Dentaljournalistin Foto: privat

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