Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 14

ZAHNMEDIZIN | 45 onell und ästhetisch anspruchsvoll zu versorgen. Prof. Dr. Matthias Karl, Direktor der Klinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde in Homburg/Saar, stellte in seinem Vortrag klar, dass es nicht die eine richtige Antwort auf die Frage Implantat oder Wurzelbehandlung gibt. Eine Wurzelkanalbehandlung sei in aller Regel gegenüber einem Implantat noch immer die kostengünstigere Variante. „Je länger ich im Bereich der Implantologie unterwegs bin, desto mehr Respekt bekomme ich vor dem natürlichen Pfeiler“, sagte er. Er hält es mit einer isländischen Studie, die besagt, dass Implantate und implantatgetragene Restaurationen eine hervorragende Behandlungsmethode darstellen, die jedoch mit dem Risiko von biologischen und technischen Komplikationen verbunden ist [Pjetursson und Heimisdottir, 2018]. Implantate sollten also fehlende Zähne ersetzen – sie sollen nicht Zähne ersetzen. Zusammenfassend lagen die Meinungen der Vertreter der Zahnerhaltung, der Prothetik und der Niederlassung gar nicht so weit auseinander. Jede Seite ist um Substanzschonung bemüht. Unter dieser Prämisse wählten die Vortragenden in ihren Fallvorstellungen die Therapie, die sie für die individuelle Patientensituation als die am besten geeignete hielten. Die Vorgehensweise richtete sich nicht zuletzt danach, was der jeweilige Behandler gut und sicher beherrscht. n zm114 Nr. 14, 16.07.2024, (1219) TAG DER WISSENSCHAFT Den traditionell der DGZ-Haupttagung vorgelagerten Tag der Wissenschaft begingen die beiden Fachgesellschaften in diesem Jahr ebenfalls gemeinsam. Nachwuchswissenschaftler der DGZ und der DGPro stellten den rund 250 Teilnehmenden 37 Kurzvorträge vor. Dr. rer. nat. Katharina Nikutta-Doll vom Niedersächsischen Zentrum für Biomedizintechnik, Implantatforschung und -entwicklung (NIFE) in Hannover stellte eine In-vitro-Studie vor, bei der Titanimplantate eine Lubrikant-beschichtete Oberfläche namens SLIPS (Slippery liquid-infused porous Surfaces) erhielten, um die Adhäsion von Bakterien zu erschweren. Das Prinzip ist den Oberflächen der Blüte der fleischfressenden Kannenpflanze nachempfunden. Diese weist eine poröse, mit einer Flüssigkeit überzogene Oberfläche auf, an der weder Wasser noch Öl oder Blut haften bleiben. Das realitätsnahe In-vitroModell der Arbeitsgruppe bestätigte einen starken anti-adhäsiven Effekt ohne Beeinträchtigung des umliegenden Weichgewebes. Die Forschenden sehen in den biokompatiblen SLIPS auf Titan eine vielversprechende Implantatmodifikation für eine mögliche, zukünftige klinische Anwendung. PD Dr. Philipp Kanzow, Oberarzt in der Klinik für Präventive Zahnmedizin, Parodontologie und Kariologie in Göttingen, untersuchte mit seiner Arbeitsgruppe die Speichel- und Pellikelzusammensetzung von mundgesunden Rauchern und Nichtrauchern. Sie fanden heraus, dass deren Proteom-Profile Unterschiede zeigten: Eine funktionale Analyse der Speichelproteine ergab einen deutlichen Einfluss des Rauchens auf wichtige biologische Prozesse wie Koagulation, Immunmodulation sowie Hinweise auf Karzinogenese durch reaktive Sauerstoffspezies. Raucher und Nichtraucher haben unterschiedliche Proteomprofile, ergab eine Studie der Arbeitsgruppe von PD Dr. Philipp Kanzow aus Göttingen, der am Tag der Wissenschaft im DGZ-Block referierte. Fotos: DGZ/DGPro, Iwona – stock.adobe.com „Was kann ich selber leisten?“ sollte sich jeder Behandler fragen, empfahl Dr. Raphael Borchard in der Session „Wurzelgefüllter Zahn versus Implantat – wann ist was riskanter?“. Wie können (Titan-) Implantate noch besser werden, anti-adhäsiver zum Beispiel? Durch eine beschichtete Oberfläche, die der Oberfläche der Blüte der fleischfressenden Kannenpflanze nachempfunden ist. Daran bleibt nichts haften.

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