Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 14

48 | POLITIK HAUPTSTADTKONGRESS IN BERLIN Wie man mit immer weniger Ärzten immer mehr Patienten versorgt Wie sieht die ambulante Versorgung von morgen und übermorgen aus? Auf einem Forum beim Hauptstadtkongress am 28. Juni in Berlin diskutierten Expertinnen und Expertinnen das Für und Wider von Einzelpraxen, Teammodellen und Medizinischen Versorgungszentren in der ärztlichen Versorgung. Bei der Diagnose herrscht Konsens: Die ambulante Versorgung befindet sich Umbruch. Nun gelte es, die Weichen in der Versorgung für die kommenden Jahre zu stellen, erklärte eingangs Michael Weller, Abteilungsleiter Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung im Bundesgesundheitsministerium (BMG). Er verwies auf das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG), das zeitgleich zu der Veranstaltung in erster Lesung im Bundestag beraten wurde, und prognostizierte, dass das GVSG eines der letzten größeren Versorgungssteuerungsgesetze sein werde. Dabei sei die geplante Entbudgetierung im hausärztlichen Bereich ein wichtiges Zeichen, auch für junge Ärztinnen und Ärzte. Als das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) zur Sprache kam, das ebenfalls parallel zum Kongress im Bundestag in erster Lesung beraten wurde, nannte Weller die geplanten Regelungen zur sektorenübergreifenden Versorgung: Die ehemals diskutierten Level-1i-Krankenhäuser seien aus seiner Sicht die idealen Orte für die Grenzbereiche zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Vor dem Hintergrund, dass beim ambulanten Operieren Ärztinnen und Ärzte und Pflegende wegbrechen und Arztsitze nicht mehr besetzt werden, ergäben sich mit dem Gesetz neue Perspektiven, so Weller. In Richtung Selbstverwaltung betonte er: „Wir wollen keine Staatsmedizin, sondern selbstverwaltete Systeme.“ Für Prof. Dr. Nicola Bulinger-Göpfarth, Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands, gehören zu den aktuellen Herausforderungen im hausärztlichen Bereich der Fachkräftemangel, die fehlende Patientensteuerung, die mangelnde Gesundheitskompetenz und die wachsende Bürokratie. Mit immer weniger Ärzten müssten immer mehr Patienten versorgt werden, das sei mit den bisherigen Strukturen kaum noch zu bewerkstelligen, sagte sie. „Wir arbeiten noch wie vor 100 Jahren!“ Als einen Lösungsansatz stellte sie das von ihrem Verband mit der Universität Heidelberg entwickelte Konzept HÄPPI („Hausärztliches Primärversorgungszentrum – Patientenversorgung Interprofessionell“, Kasten) vor. Geboten werde dort eine interprofessionelle Versorgung in einer Teampraxis unter hausärztlicher Leitung. Eingebunden werden dabei auch akademisierte nicht-ärztliche Gesundheitsberufe, digitale Tools unterstützen die automatisierte Zuweisung von Patienten in die richtige Versorgungsebene. „Es handelt sich um ein Angebot an hausärztliche Praxen, die noch stärker auf die Versorgung von Patientinnen und Patienten im Team bauen wollen“, berichtete Bulinger-Göpfarth. „Wir arbeiten noch wie vor 100 Jahren. Wir brauchen multiprofessionelle Praxisteams und digitale Tools sollen dabei unterstützen.“ Diskussion auf dem Hauptstadtkongress 2024 (v.l.n.r.): Hannelore König, Dr. Norbert Smetak, Jörn H. Dietrich, Moderator Anno Fricke, Springer Medizin Verlag, Prof. Dr. Nicola Bulinger-Göpfarth, Michael Weller Foto: zm/pr zm114 Nr. 14, 16.07.2024, (1222) FEEDBACK

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