62 | ZAHNMEDIZIN KLEINES IMPLANTAT – GROẞES PROBLEM Iatrogene Implantatluxation führt zu thoraxchirurgischem Eingriff Vivek Bose, Philipp Matheis Als bei einem 78-jährigen Patienten zur Abklärung einer Dysphagie eine Panendoskopie durchgeführt wird, kommt es zu einer iatrogenen Ösophagusperforation. Dabei wird ein offenbar gelockertes Implantat unbemerkt luxiert und durch die Ösophapusperforation in das Mediastinum verlagert. Die Folge: ein thoraxchirurgischer Eingriff zur Bergung des Implantats. Ein 78-jähriger Mann stellte sich in der Abteilung für Hals-NasenOhrenheilkunde des Evangelischen Krankenhauses Düsseldorf vor. Er berichtete über eine seit etwa drei Jahren bestehende, in den vergangenen Monaten progrediente Dysphagie sowie einen Gewichtsverlust von etwa fünf Kilogramm innerhalb weniger Wochen. Bei der Untersuchung präsentierte sich der Patient in leicht reduziertem Allgemein- und gutem Ernährungszustand. Die allgemeine Anamnese beinhaltete unter anderem eine fortgeschrittene COPD bei einem Nikotinkonsum von kumulierten 100 Packyears. Einen Hinweis für malignitätsverdächtige Mundschleimhautveränderungen gab es bei der enoralen Inspektion nicht. In der transnasalen, flexiblen Endoskopie zeigte sich die Schleimhaut im linken Larynx hypertroph und gerötet, so dass unter Berücksichtigung der Anamnese (Dysphagie, Gewichtsverlust und ausgeprägter Nikotinkonsum) die Indikation zur starren Endoskopie der oberen Atem- und Speisewege mit der Möglichkeit zur Probeentnahme in Intubationsnarkose gestellt wurde. Während der Ösophagoskopie kam es zu einer traumatischen Perforation der Speiseröhre bei etwa 22 cm ab Zahnreihe. Zudem wurde während der Untersuchung ein anscheinend stark gelockertes dentales Implantat unbemerkt entfernt und nach aboral disloziert, bis es durch die simultan entstandene Perforation des Ösophagus in das Mediastinum verlagert wurde. Da eine intraoperative Verletzung des Ösophagus nicht ausgeschlossen werden konnte, wurde unmittelbar postoperativ eine Computertomografie von Hals und Thorax veranlasst. Diese zeigte rechtsseitig paraösophageal abgrenzbare Luft im Mediastinum, beginnend vom Kieferwinkel bis kurz kranial des Aortenbogens (Abbildung 1) sowie einen metalldichten Fremdkörper im Bereich des oberen Mediastinums (Abbildungen 2 und 3). Der transmurale Defekt der Speiseröhre in Kombination mit einem Fremdkörper im Brustraum stellte eine vital bedrohliche Notfallsituation mit dringender Indikation zur Intervention dar. Zur weiteren Therapie erfolgte die Verlegung des Patienten in die Thoraxchirurgie des Universitätsklinikums Düsseldorf. Hier wurde eine notfallmäßige mediastinale Exploration über einen tiefen zervikalen Zugang im Bereich des Musculus sternocleidomastoideus durchgeführt. Das Implantat konnte dabei geborgen werden. Die Fistel der Speiseröhre wurde allerdings nicht eindeutig identifiziert. Es erfolgte die Deckung des vermuteten Perforationsbereichs mittels lokaler Muskellappenplastik. Danach wurde eine Drainage in das Mediastinum gelegt und der Zugang mehrschichtig verschlossen. Die Gastroenterologen führten anschließend eine ÖGD durch. Auch hier wurde die Perforationsstelle nicht eindeutig lokalisiert. Allerdings zeigte sich ein Mukosaeinriss, der vermutlich der besagten Stelle entsprach, so dass hier ein EndoVac eingelegt wurde. zm114 Nr. 14, 16.07.2024, (1236) Dr. med. Dr. med. dent. Philipp Matheis Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55116 Mainz philipp.matheis@unimedizin-mainz.de Foto: Thomas Boehm Dr. med. Dr. med. dent. Vivek Bose Klinik für HNO-Heilkunde und Kopf- und Halschirurgie, Evangelisches Klinikum Düsseldorf Kirchfeldstr. 40, 40217 Düsseldorf Foto: Robert Poorten, Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.
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