Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 14

zm114 Nr. 14, 16.07.2024, (1182) Leserforum Lieber Herr Frankenberger, wir schreiben Ihnen, weil wir uns lange kennen und weil Sie vermutlich schon eine Replik von uns auf Ihre Stellungnahme zum Pulpaschutz als Reaktion auf unseren Beitrag in der zm 19/2023 erwarten. Wir begründeten den Pulpaschutz evolutionsbiologisch, strukturbiologisch, chemisch und insbesondere aus der Fülle der Erkenntnisse zur Biokompatibilität der Füllungstherapie, nicht etwa, wie Sie schreiben, als „eine emotionale Angelegenheit erfahrenerer Zahnärzte und Zahnärztinnen“. Das ist ein ziemlicher Unterschied. Der Disput kommt zur rechten Zeit, weil gerade zum 31. Mai 2024 die Kommentierung der neuen Fassung der ISO Norm 7405 „Zahnheilkunde – Bewertung der Biokompatibilität von in der Zahnheilkunde verwendeten Medizinprodukten“ (ISO/DIN 7405:2024) abgeschlossen wurde und die weitere Bearbeitung in der ISO TC 106 nun im Oktober 2024 fortgeführt wird, um 2025 als endgültige Norm zu erscheinen. Es ist davon auszugehen, dass alle deutschen Lehrstühle für Konservierende Zahnheilkunde sich an der Einsicht in die neue Fassung beteiligt haben und, bei Bedarf, kommentiert haben. Es sind dort alle Schritte der Biokompatibilitätsprüfung, hier besonders die Pulpa- und Dentin-Anwendungsprüfung sowie die Pulpaüberkappungsprüfung normgerecht erläutert. Damit wird seit vielen Jahrzehnten, deutlich früher als die Medizinprodukte-Gesetzgebung, der internationale State of the Art der Sicherheitsbewertung unserer zahnärztlichen Füllungstherapie formuliert. Das ändert auch nichts an dem völlig unverständlichen Umstand, dass die Medizinprodukte-Verordnung (MPV) die Übergangsfristen für Produkte mittleren Risikos wie Füllungsmaterialien auf den 31.12.2028 verschiebt. Es ist also klug, wenn wir alle Entscheidungen in der täglichen Praxis dem wissenschaftlichen Credo des bekannten und gesicherten Pulpaschutzes unterordnen: kein iatrogenes Nekrose-Progressions-Risiko, immer sicherer Pulpaschutz mit Phosphatzement/Glasionomerzement, wenn vitale oder leere Dentintubuli eröffnet werden. Die Begründung liegt in der sehr gut bekannten und vielfältigen Pathobiologie der Kariesprogression, die eben wegen ihrer Vielfalt an jedem Zahn anders verläuft. Außer eher selteneren Caries-superficialis-Läsionen ist die häufigste Form eine Caries media, deren Kavitätenboden im kariösen, sklerotischen, harten Dentin mit 40 bis 75 Prozent eröffneten Tubuli liegt. Nach allen Originalpublikationen sowie systematischen Übersichten und Metaanalysen der letzten drei Jahrzehnte zur Biokompatibi- „KEINE EMOTIONALE ANGELEGENHEIT“ Pulpaschutz ist keine „Zeitverschwendung“ Zum Beitrag „Unterfüllung bei zahnfarbenen Restaurationen – notwendig oder Zeitverschwendung?“ von Prof. Dr. Roland Frankenberger, Prof. Dr. Gabriel Krastl und Prof. Dr. Rainer Haak, zm 11/2024, S. 14–17. Foto: ©Federico Rostagno - stock.adobe.com

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