22 | POLITIK NATIONALER GESUNDHEITSDIENST IN GB Gelingt unter Labour die Sanierung des NHS? 13 Millionen Menschen in Großbritannien haben aktuell Schwierigkeiten, Zugang zu medizinischer Versorgung zu erhalten, ergab Mitte Juli eine Umfrage. „Our NHS is broken“ (Unser NHS ist kaputt), bilanzierte eine Woche zuvor auch der neue Gesundheitsminister Wes Streeting bei einem Auftaktgespräch mit Vertretern der British Dental Association (BDA). Die wagte einen Blick nach vorn – und zeigte sich „cautiously optimistic“ (vorsichtig optimistisch) angesichts der Wahlkampfversprechen der Labour-Partei. An den Bemühungen der Regierung des Ex-Premierministers Rishi Sunak, den desolaten NHS zu sanieren, lässt die BDA rückblickend kein gutes Haar: Es gebe „herzlich wenig Anzeichen“ dafür, dass sich die Situation durch die „marginalen Änderungen“ der letzten Regierung verbessert hat, schreibt sie und untermauert dies mit Zahlen aus der Umfrage „GP Patient Survey 2024“ des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos. Danach stieg die Zahl der unterversorgten Patienten seit 2023 um eine auf 13 Millionen und vervierfachte sich gegenüber der Situation vor der CoronaPandemie. Damals hatten 4 Millionen Menschen im Vereinigten Königreich selbstberichtete Schwierigkeiten beim Zugang zu medizinischer Versorgung. Schätzungsweise 5,6 Millionen Erwachsene seien in den vergangenen zwei Jahren daran gescheitert, einen Termin zu bekommen, heißt es weiter. Fast ebenso viele (5,4 Millionen) hätten in diesem Zeitraum schon gar nicht mehr versucht, einen Termin zu vereinbaren, weil ihnen der Glaube fehlte, einen ergattern zu können (Kasten). Im Wahlkampf wurden mehr Zahnarzttermine versprochen Etwa 1,25 Millionen finden die zahnärztliche Versorgung nach Angaben der BDA zu teuer, während weitere 780.000 Menschen auf einer Warteliste für einen NHS-Zahnarzt stehen. Shawn Charlwood von der BDA warnte: „Die NHS-Zahnmedizin hat für Millionen in diesem Land effektiv aufgehört zu existieren.“ Anfang dieses Monats traf sich Streeting dann mit den Zahnärztefunktionären, um Gespräche über eine Reform des NHS-Vergütungsvertrags zu beginnen. Dieser war in der Vergangenheit immer wieder für die schwindende Zahl von NHS-Zahnärzten verantwortzm114 Nr. 15-16, 16.08.2024, (1280) UMFRAGE BRITEN VERLIEREN DEN GLAUBEN AN DEN NHS „The NHS: Is it still there for us when we need it?“ Zwischen 2008 und 2024 sank der Anteil der Briten, die dieser Ansicht zustimmen, von 82 auf 66 Prozent. Jeder fünfte Brite glaubt heute, dass der NHS nicht für ihn da sein wird, wenn er ihn braucht – 2008 vertraten nur 9 Prozent diese Ansicht. Dagegen sind 18 Prozent der Meinung, dass sie sich auf den NHS verlassen können. Dabei fragten die Forschenden auch nach den Erfahrungen, die die Briten mit ihrem Gesundheitswesen gemacht haben. Die Hälfte der Bevölkerung gab an, dass sie im vergangenen Jahr trotz gesundheitlicher Probleme keinen Hausarzt des NHS aufgesucht hat. Sie dachten etwa, sie würden telefonisch eh nicht bei der Praxis durchkommen, die Wartelisten seien zu lang oder sie glaubten, der NHS biete ihnen keine gute Versorgung. Etwa zwei Drittel der Befragten meinten, dass sie stattdessen Hilfe oder Rat aus anderen Quellen gesucht haben, darunter aus dem Internet, von Apothekern oder von Freunden und Familie. Frauen (54 Prozent) gaben häufiger als Männer (45 Prozent) an, dass sie sich trotz Krankheit gegen einen Arztbesuch entschieden haben. Dasselbe gilt für die Altersgruppe 44 Jahre und darunter (59 Prozent), verglichen mit den älteren Altersgruppen (42 Prozent). Für die repräsentative Stichprobe befragte Ipsos 2.252 Personen im Alter von 16 bis 75 Jahren in ganz Großbritannien. Die Umfrage wurde online zwischen dem 21. und dem 24. Juni 2024 durchgeführt. Foto: Malinovskiy Vladimir - stock.adobe.com
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