POLITIK | 23 Bei der Konferenz „Future of Britain“ erklärte der neue britische Gesundheitsminister Wes Streeting (r.) wenige Tage nach der Wahl, das aktuelle Dilemma des NHS sei eine Folge der anhaltenden Entscheidungsschwäche der Vorgängerregierung. Er appellierte zudem, ein funktionierendes Gesundheitswesen als Wirtschaftsfaktor zu sehen und künftig durch eine stärkere Verflechtung der Gesundheitsund IT-Wirtschaft Großbritanniens Vorteile für beide Seiten zu erzielen. Foto: lich gemacht worden, ein Trend, der in der Folge in Gebieten mit einkommensschwachen Patientengruppen zu krasser Unterversorgung geführt hatte. Charlwood kommentierte wohlwollend, die neue Regierung habe „alte Probleme geerbt, ist aber glücklicherweise nicht in die Fußstapfen ihrer Vorgängerin getreten“. Der Branchenverband bewertet es schon als positiv, dass Labour das Problem nicht wegzudiskutieren versucht, sondern klar benennt. Aber ob das reicht? Während des Wahlkampfs hatte Labour damit um Stimmen geworben, 700.000 zusätzliche Zahnarzttermine pro Jahr schaffen zu wollen, 100.000 davon gezielt für Minderjährige. Dafür stellte die Partei zusätzlich 109 Millionen Pfund pro Jahr in Aussicht. Klingt toll. Das Problem: Der Lösungsansatz ist nicht neu. Noch im Februar 2024 hatte die Tories-Regierung angekündigt, im Rahmen ihres NHS Dental Recovery Plan ab 2025 bis zu 2,5 Millionen zusätzliche NHS-Zahnarzttermine zuschaffen. Die Konservativen wollten sogar staatliche Mittel in Höhe von 200 Millionen Pfund verwenden, um unter anderem rund eine Million Mal einen Neupatienten-Zuschlag zwischen 15 und 50 Pfund zu zahlen, wenn der Patient nachweislich seit mindestens zwei Jahren keinen NHS-Zahnarzttermin wahrgenommen hatte. Mit „Golden Hellos“ gegen die Zahnarztwüsten Ein weiteres Werkzeug, das Labour einsetzen möchte, um aus unterversorgten „Zahnarztwüsten“ Oasen zu machen, sind „Golden Hellos“ genannte Bonuszahlungen. Mit 20.000 Pfund (umgerechnet 23.400 Euro) pro Kopf, ausgezahlt über drei Jahre, sollen Behandelnde überzeugt werden, ebenfalls für den NHS zu arbeiten. Doch auch hier verkauft die Arbeiterpartei alten Wein – in noch nicht einmal neuen Schläuchen. Die Golden Hellos waren von der Sunak-Regierung im Mai 2024 eingeführt worden (zm berichtete), nicht ohne postwendend einen vernichtenden Kommentar der BDA zu kassieren. Die Maßnahme sei nichts als reine Augenwischerei, kommentierte damals der Vorsitzende Eddie Crouch gegenüber dem Branchendienst dentistry.co.uk. Die Bonuszahlungen für bis zu 240 Zahnärzte werde die Krise der Zahnmedizin im NHS auch nicht lösen. Denn: Eine wachsende Zahl von Zahnärzten sehe den „kaputten NHS-Dienst einfach nicht als einen Ort, an dem sie eine Karriere aufbauen können“. Weiterer Schmerzpunkt im NHS: stationär und unter Vollnarkose durchgeführte Zahnextraktionen. Diese waren zuletzt der häufigste Hospitalisierungsgrund bei den Fünf- bis Neunzm114 Nr. 15-16, 16.08.2024, (1281) ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.
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