zm114 Nr. 15-16, 16.08.2024, (1286) 28 | PRAXIS und in seinem legitimen Bedürfnis nach Entspannung abgelehnt. Auch hier hilft ein gemeinsames Gespräch. Anders als beim Missverständnis sollte zu Beginn des Gesprächs ein gemeinsames Ziel benannt werden, dem beide zustimmen können. Eine Gesprächseinleitung kann beispielsweise so aussehen: „Ich habe ja mit Ihnen bereits einzeln gesprochen. Mir als Chef ist wichtig, dass wir im Team eine konstruktive Arbeitsatmosphäre haben, in der sich alle Mitarbeitenden miteinander wohlfühlen und gerne zur Arbeit kommen. Können wir uns darauf einigen, dass das Ziel des heutigen Gesprächs ist, zu schauen, wie Sie sich miteinander so weit verständigen können, dass Sie gut im Team zusammenarbeiten können? (Ein zustimmendes Nicken oder „Ja“ von beiden abwarten.) Vielen Dank, wer möchte beginnen, seine Sicht auf die Situation darzustellen?“ Im Gesprächsverlauf wird schnell klar werden, dass die beiden tatsächliche eine grundlegend unterschiedliche Einstellung zur Arbeit haben. Wichtig ist es nun herauszuarbeiten, dass für beide eine gute Versorgung der Patienten wichtig ist – ein zentraler Wert. Dann gilt es darzustellen, dass beide Kollegen die Werte des anderen, hier Weiterbildung beziehungsweise Freizeit, als solche respektieren, selbst wenn sie diese unterschiedlich gewichten. Dabei wird von der Führungskraft implizit gezeigt, dass unterschiedliche Haltungen wahrgenommen und im System akzeptiert werden. Gleichzeitig liegt der Fokus darauf, dass es möglich und wichtig ist, trotz der Differenzen respektvoll und gut miteinander umzugehen. Anschließend wird gemeinsam überlegt, wie die unterschiedlichen Werte im Alltag so unter einen Hut gebracht werden können, dass sich alle miteinander wohlfühlen. Hier bietet Herr Gelb an, in Pausen zahnmedizinische Fachthemen beiseite zu lassen. Er möchte aber auch nicht über die Hobbys von Herrn Rot sprechen müssen. Rot kann das respektieren. Beide wollen ausprobieren, gemeinsame, entspannte Gesprächsthemen zu finden. Sie einigen sich darauf, wenn es erforderlich ist, um einen Themenwechsel zu bitten. 3. Streit um Ressourcen Abgesehen von Wertekonflikten gibt es Konflikte, die sich um knappe Ressourcen, zum Beispiel um Zeit, drehen: In einem kleinen Team wollen Prisca Pink und Ramon Rosa zeitgleich während der Ferien Urlaub nehmen. Beide haben Kinder in derselben Kita und können aufgrund der Schließzeiten nicht ausweichen. Aus betrieblichen Gründen ist ein gleichzeitiger Urlaub nicht möglich. Ist der Streit im Team aufgebrochen, ist die Führungsperson in der Pflicht, den Konflikt zügig durch eine möglichst transparente und gerechte Entscheidung zu beenden. Das bedeutet, die Chefin sollte hier den Konflikt (und die negative Emotionalität) an sich ziehen. Je länger sie den Konflikt zwischen den Teammitgliedern schwelen lässt, desto stärker werden die persönlichen Beziehungen im Team belastet und desto größer ist die Gefahr der Eskalation. Beide werden zum Gespräch gebeten. Der Chef sagt klar, dass die Situation nicht so lösbar ist, dass beide ihre Wünsche erfüllt bekommen. Und weist darauf hin, dass es ihm um eine möglichst gute, langfristig gerechte Lösung für alle geht. Dabei kündigt er an, die Entscheidung – falls erforderlich – selbst zu treffen. Er bittet darum, dass beide Seiten zuerst ihre Wünsche und Gründe schildern. Anschließend fragt er nach eventuellen Lösungsideen. Falls es dabei einen Konsens geben sollte, wird er gewählt und der Chef dankt für die konstruktive Zusammenarbeit. Ist das nicht der Fall, dankt er trotzdem für das bisherige Gespräch und teilt mit, bis wann er eine Entscheidung treffen wird. Wenn einzelne Konfliktparteien in der Folge versuchen, ihn noch einmal zu dem Thema anzusprechen, fragt er nur kurz nach, ob es neue Informationen gebe und man sich noch einmal gemeinsam treffenmüsse. Falls nicht, wird das Gespräch beendet. Die Lösung des Chefs sollte insgesamt fair und gerecht sein – und kurzfristig angeboten werden. Zum Beispiel könnte, wer jetzt zurückstecken muss, im Folgejahr die erste Wahl bei den Urlaubsterminen haben oder eine Bevorzugung bei der Weihnachtsregelung. Wenn möglich, teilt der Chef seine Entscheidung beiden Konfliktparteien gemeinsam mit. Denn wenn eine Seite die Informationen früher erhält, wird das oft als Bevorzugung gewertet. Fazit Bei all diesen Konfliktarten ist es hilfreich, als Führungsperson früh ins Gespräch mit den Beteiligten zu gehen. Oft lässt sich dann eine weitere Eskalation verhindern. Des Pudels Kern ist, zwischen den Konfliktbeteiligten ein Verständnis für die Sicht der anderen Seite zu erzeugen und auf die Bedürfnisse beider Parteien zu schauen anstatt auf die eingenommenen Positionen. Selbst wenn am Ende nicht das steht, was die Beteiligten sich zuerst zurechtgelegt hatten, funktionieren Lösungen oft, wenn die Bedürfnisse berücksichtigt werden. n Annika Łonak Fachärztin für Radiologie und Neuroradiologie, Oberärztin Universitätsspital Basel Foto: Sarah Dulgeris Dipl.-Psych. Maike Baumann Psychotherapeutin und Mediatorin, Coach, Autorin und Dozentin Foto: Sarah Dulgeris Dr. med. dent. Anke Handrock Praxiscoach, Lehrtrainerin für Hypnose (DGZH), NLP, Positive Psychologie, Coaching und Mediation, Speakerin und Autorin Foto: Sarah Dulgeris
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