TITEL | 55 Da jedoch unklare Mundschleimhautveränderungen, deren überwiegender Anteil harmlos ist, bei bis zu 25 Prozent der Bevölkerung beobachtet werden können, wären Skalpellbiopsien auf breiter Front nicht nur unverhältnismäßig, sondern auch unrealistisch [Kämmerer et al., 2017]. Zur Diagnostik und zur Verlaufskontrolle malignitätsunverdächtiger OLP-Läsionen (geringes Entartungsrisiko) eignet sich in der Zahnarztpraxis insbesondere die wenig-invasive Bürstenbiopsie [Kämmerer et al., 2013], während andere visuelle Systeme momentan noch keine ausreichende Evidenz (vor allem im Sinne einer zu geringen Spezifität) aufweisen, um in der Praxisroutine zur Detektion (prä)maligner Läsionen genutzt zu werden [Kämmerer et al., 2015; Coll et al., 2022]. Bei der Bürstenbiopsie (als Bürstenabstrich von der Schleimhaut entsprechend BEMA-Pos. 05, GOZ-Pos. 6010 beziehungsweise GOÄ-Pos. Ä2002 abrechenbar; Abbildung 5) werden mit einer rigiden Bürste einzelne Zellen von der Läsion abgestrichen. Während einige Autoren die Bürstenbiopsie als äquivalent zur Skalpellbiopsie sehen [Babshet et al., 2011], zeigten andere eine – je nach dem untersuchten Kollektiv – im Vergleich zur Skalpellbiopsie niedrigere Sensitivität von 55 bis 89 Prozent und eine Spezifität von 82 bis 100 Prozent [Koch et al., 2011; Kämmerer et al., 2013]. Management und Therapie Die mit Abstand wichtigste Methode zur Früherkennung oraler Karzinome ist die systematische Untersuchung der Mundschleimhaut (Inspektion und Palpation). Die aktuelle S2k-Leitlinie „Diagnostik und Management von Vorläuferläsionen des oralen Plattenepithelkarzinoms in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde“ gibt an, dass initial mögliche mechanische Irritationen überprüft, eine Vitalitätsprobe der benachbarten Zähne zur Erfassung odontogener entzündlicher Ursachen sowie die Bestimmung parodontaler Parameter und Röntgenaufnahmen durchgeführt werden sollten [Hertrampf et al., 2019]. Wenn unter Ausschluss der oben genannten Parameter die Läsion persistiert und symptomatisch ist, umfassen initiale Maßnahmen die Anwendung topischer Kortikosteroide zur Linderung von Entzündungen. Diese Medikamente stellen die Standard-Erstlinientherapie bei dem floriden und/oder dem symptomatischen OLP dar, bieten starke entzündungshemmende und immunsuppressive Effekte und werden direkt auf die Läsionen aufgetragen, um Entzündungen zu reduzieren und die Heilung zu fördern [Ram Kumar et al., 2024; Wu et al., 2024]. Des Weiteren ist eine gute Mundhygiene entscheidend, um sekundäre Infektionen zu verhindern und die Heilung zu unterstützen. Patienten sollten über die Bedeutung der Vermeidung von auslösenden Faktoren wie scharfen Speisen und Stress informiert werden. Regelmäßige Kontrollen (bei klinisch homogenen, nicht malignitätsverdächtigen OLP-Läsionen alle vier Monate [Hertrampf et al., 2019]) sind notwendig, um den Verlauf der Erkrankung zu überwachen und Anpassungen in der Therapie vorzunehmen [Mansouri et al., 2024]. zm114 Nr. 15-16, 16.08.2024, (1313) n 2000–2007: Studium der Medizin an der Johannes-GutenbergUniversität, Mainz sowie an der Universität Zürich, Schweiz n 2004–2010: Studium der Zahnmedizin an der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt sowie an der Johannes-Gutenberg-Universität, Mainz n 2007–2013: Assistenzarzt an der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie an der Universitätsmedizin Mainz n 2012/2013: Gastprofessor der Harvard Medical School, Boston, MA, USA n 2014–2018: Oberarzt und später Stellvertretender Klinikdirektor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Rostock n 2018–jetzt: Ernennung zum Leitenden Oberarzt / Stellvertretenden Klinikdirektor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Mainz n Januar 2021: Ruf auf die W2Professur für das Fach „Plastisch rekonstruktive Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie“ an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz seit 2022 Wissenschaftlicher Beirat bei den Zahnärztlichen Mitteilungen Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt/ Stellvertr. Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz, peer.kaemmerer@unimedizinmainz.de Foto: Kämmerer Dr. med. Dr. med. dent. Diana Heimes Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: privat Univ.-Prof. Dr. Johannes U. Mayer Arbeitsgruppenleiter, Hautklinik und Forschungszentrum für Immuntherapie der Universitätsmedizin Mainz Langenbeckstr. 1, 55131 Mainz Foto: Unimedizin Mainz
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