POLITIK | 79 und Patienten führen müssten. Außerdem müssten sie technisch ausgereift, hinreichend erprobt und wirtschaftlich, zeitlich wie organisatorisch in realistischer Weise umsetzbar sein. Kritik gab es auch am zunehmenden Einfluss der Agentur, der weit über die Betriebsverantwortung für die TI hinausgehe. Gesetzesentwurf zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit Mit den Plänen, die im Kabinett beschlossen wurden, sollen die Rahmenbedingungen für die Errichtung eines Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) geschaffen werden. Das neue Institut soll als selbstständige Bundesoberbehörde zum 1. Januar 2025 starten und die Aufgaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und in Teilen des Robert Koch-Instituts (RKI) übernehmen. Das BIPAM soll seinen Hauptsitz in Köln haben und eine Außenstelle in Berlin. Aufgabe des BIPAM soll sein, Daten zum Gesundheitszustand der Bevölkerung zu erheben und zu analysieren. Auch sollen Daten zu den gesundheitlichen Auswirkungen durch Klima und Umwelt sowie zu gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen ausgewertet werden. Die Erkenntnisse sollen als Grundlage für politische und strategische Entscheidungen dienen. Das BIPAM soll ferner einen einfachen und schnellen Zugang zu gut verständlichen Gesundheitsinformationen bieten. Heftige Kritik an den Plänen gab es im Vorfeld – vor allem gegen die geplante Aufspaltung des RKI. Diese werde zu einer Schwächung der Öffentlichen Gesundheit führen. Auch die Trennung von übertragbaren und nicht übertragbaren Krankheiten wird in der Fachwelt kritisch gesehen. Gesetzesentwurf zur Reform der Notfallversorgung Ziel der im Kabinett beschlossenen Pläne ist es, Hilfesuchende im Akut- und Notfall schneller in die passende Behandlung zu vermitteln. Als Kernstück sind sogenannte „Akutleitstellen“ geplant, in denen Ärztinnen und Ärzte telefonisch oder per Video beraten. Hinzu kommen Integrierte Notfallzentren (INZ) an Krankenhäusern. Sie sollen rund um die Uhr zentrale Anlaufstellen für die Erstversorgung sein. Sie bestehen an einem Krankenhausstandort und vereinigen die Notaufnahme des Krankenhauses, eine Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und eine zentrale Einschätzungsstelle. Zusätzlich sollen zu den Sprechstundenzeiten in der Nähe liegende niedergelassene Praxen angebunden werden, die als „Kooperationspraxen“ ambulant behandeln. Eine Akutversorgung soll durch die Notaufnahme des Krankenhauses erfolgen. Mit den Maßnahmen soll eine gezielte Patientensteuerung erfolgen. Akute Fälle sollen künftig unter der Rufnummer 116117 der Akutleitstellen vermittelt werden. Diese nehmen eine standardisierte Ersteinschätzung vor und leiten weiter. Die Rufnummern 112 und 116117 sollen vernetzt zusammenarbeiten. Bereits der Referentenentwurf wurde in der Fachwelt zum Teil scharf kritisiert. Knackpunkte für die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sind etwa ein Übermaß an zusätzlicher Bürokratie, eine unzureichende und zu vage gehaltene Refinanzierung sowie unrealistische Fristen. Die Hausärzteschaft warnt, es würden Versorgungsangebote versprochen, ohne zu sagen, woher das Fachpersonal dafür kommen solle. Gesundes-Herz-Gesetz Vor der Sommerpause hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach einen Referentenentwurf für ein Gesundes-Herz-Gesetz (GHG) vorgelegt. Vorgesehen sind die Früherkennung und die Versorgung von Risiken, Risikoerkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die medizinische Prävention soll gestärkt werden. Erwachsene sollen etwa eine verbesserte Früherkennung erhalten. Für Check-up-Untersuchungen im Alter von 25, 35 und 50 Jahren sollen dazu ergänzende Leistungen für eine strukturierte Untersuchung festgelegt werden. Die Früherkennung bei Kindern soll durch eine Untersuchung zur Früherkennung einer Fettstoffwechselerkrankung verbessert werden. Die Verordnungsfähigkeit von Statinen soll gestärkt werden, um Herzinfarkten oder Schlaganfällen vorzubeugen. Das Vorhaben ist inzwischen auf breiten Widerstand in der Fachwelt gestoßen. Ärzteverbände, medizinische Fachgesellschaften, Krankenkassen und wissenschaftliche Institute hatten einen Stopp gefordert. Es fehle die konsequente Umsetzung des Präventionsgedankens, die Medikamentenabgabe an Kinder sei nicht genug evidenzgesichert. Die Kassen monieren eine Umsetzung der Beitragsgelder. Prävention dürfe nicht auf Vorbeugemedizin reduziert werden, appellierte jüngst die Nationale Präventionskonferenz, es gehe auch um gesundheitsfördernde Lebensbedingungen. Die Pläne seien zu kurz gedacht, rügte auch die KZBV und forderte, dass die Politik die dringend benötigten Mittel im Kampf gegen Parodontitis bereitstellt. Dem Vernehmen nach soll das Gesetz am 21. August im Kabinett beschlossen werden. Krankenhaus- und Apothekenreform Eines der großen gesundheitspolitischen Vorhaben dieser Legislaturperiode ist das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG). Ziel ist die Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität in Kliniken, die Gewährleistung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung, die Steigerung der Effizienz und eine Entbürokratisierung. In der Fachwelt gibt es seit Monaten starke Kontroversen, vor allem die Länder fordern mehr Mitsprache. Nach der Verabschiedung in zweiter und in dritter Lesung im Bundestag nach der Sommerpause kommt das Gesetz noch einmal zur abschließenden Beratung in den Bundesrat. In der Pipeline ist außerdem eine Apothekenreform, zu der ein Referentenentwurf vorliegt. Die Pläne sehen ein Bündel von Maßnahmen vor, vor allem Honoraranreize für Apothekenstandorte in ländlichen Regionen und eine gerechtere Verteilung der Honorare. Auch dieses Vorhaben steht stark in der Kritik. In der Apothekerschaft besonders kritisch gesehen werden die Pläne, den Betrieb von Apotheken auch ohne Approbierte vor Ort zu ermöglichen. Dem Vernehmen nach soll der Entwurf in der Kabinettssitzung am 21. August beraten werden. pr zm114 Nr. 15-16, 16.08.2024, (1337) NEWSLETTER
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