44 | ZAHNMEDIZIN siven-Hypomineralisation (MIH) – im Volksmund Kreidezähne genannt – berichtet. In bestimmten Altersgruppen scheint die Prävalenz der MIH mittlerweile die von Zahnkaries überholt zu haben [IDZ, 2014]. Die Kenntnis über die Zahnentwicklungsstörung MIH ist für Gynäkologinnen und Gynäkologen im Zusammenhang mit einem zunehmendem Aufklärungsbedarf werdender Eltern von Relevanz. Prinzipiell kann eine MIH alle Milchund bleibenden Zähne betreffen, wobei die ersten Backenzähne und die Schneidezähne der bleibenden Zähne die am häufigsten betroffenen Zahngruppen darstellen [Kühnisch et al., 2021] (Abb. 3). Die Ätiologie der MIH ist bislang ungeklärt. Da die Schmelzbildung der bleibenden Backenzähne und der Schneidezähne zwischen dem achten Schwangerschaftsmonat und dem vierten Lebensjahr des Kindes erfolgt, werden Störungen der schmelzbildenden Zellen während dieser Zeitspanne vermutet. Als Ursache für die Schmelzreifungsstörung werden unter anderem Umwelttoxine wie Dioxine oder Bisphenol-A-(BPA), durch verlängertes Trinken aus Plastiktrinkflaschen, sowie respiratorische oder bläschenbildende Erkrankungen in den ersten beiden Lebensjahren des Kindes diskutiert [Kühnisch et al., 2021; Dulla et MeyerLueckel, 2021]. Nähere Erkenntnisse zu den Ursachen sind aktuell Gegenstand zahnmedizinischer Forschung. Klinisch äußert sich die MIH durch scharf begrenzte Opazitäten im Zahnschmelz von weißer, gelblicher oder bräunlicher Farbe [Kühnisch et al., 2021]. Bei ausgeprägtem Schweregrad der Hypomineralisation treten Defekte in Form von Struktureinbrüchen des Zahnschmelzes bereits schnell nach dem Zahndurchbruch auf [Bekes et Stein, 2022]. Zahnschmelzeinbrüche können bereits vor dem Durchbruch der Zähne angelegt sein oder bei Belastungen wie Kauen auftreten. Eine kausal ausgerichtete Präventionsstrategie ist aufgrund der bislang ungeklärten Ätiologie der MIH nicht möglich. Im Vordergrund steht daher die engmaschige Betreuung und die symptomatische Behandlung der MIH in der Zahnarztpraxis, die sich nach dem Schweregrad der Ausprägung richtet. Milde Formen der MIH können symptomlos verlaufen. Mit zunehmendem Schweregrad können zunehmend Empfindlichkeiten und Schmerzen bei thermischen, mechanischen oder chemischen Reizen auftreten. Dies kann zu Einschränkungen in der Mundhygiene und der Kaufunktion führen. Erleichterungen können desensibilisierende Gele oder Versiegelungen zum Schutz der Zahnhartsubstanz bringen. Starke Strukturdefekte des Zahnschmelzes führen jedoch häufig zu restaurativen Maßnahmen oder zur Extraktion betroffener Zähne. Prävention und Beratung Mundhygiene in der Schwangerschaft Während der Schwangerschaft ist eine regelmäßig gründlich durchgeführte häusliche Mundpflege besonders wichtig. Beläge auf Zahnoberflächen beherbergen potenziell pathogene Mikroorganismen, die eine Gefahr für Zahnfleisch und Zahnhartsubstanz darstellen. Daher gilt es, diese im Rahmen der täglichen Zahnpflegeroutine möglichst vollständig zu entfernen. Neben der Reinigung der Zahnflächen spielt die Reinigung der Zahnzwischenräume mit Interdentalbürsten oder Zahnseide eine wichtige Rolle. Langzeituntersuchungen zeigen, dass Hilfsmittel zur Interdentalreinigung zur Prävention einer Gingivitis zm114 Nr. 17, 01.09.2024, (1406) Empfohlene Zahnarztbesuche in der Schwangerschaft 6. bis 8. Woche: die Milchzähne entwickeln sich Woche Monat 1. 2. 3. 4. 5. 6. ab 14. Woche: der Härtungsprozess der Milchzähne beginnt 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. um Ansteckungsrisiken für das Neugeborene zu minimieren Woche Lebensmonat Monat 7. 8. 9. Geburt des Kindes Selbst die bleibenden Zähne sind bereits angelegt und werden ab Geburt zunehmend größer und härter. Sie „stecken“ aber im Kiefer und sind nicht zu sehen. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 1. 2. 3. 4. 5. Beginn der Schwangerschaft: erster Zahnarztbesuch idealer Zeitraum für eine professionelle Zahnreinigung (PZR) letzter Kontrollbesuch beim Hauszahnarzt Wichtig: Stillen oder/und kieferformende Sauger verwenden Mod. nach Landeszahnärztekammer Brandenburg Abb. 4 und 5: Empfohlene Zahnarztbesuche in der Schwangerschaft ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. 5 4
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