Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 17

ZAHNMEDIZIN | 47 Das Stillen über das erste Lebensjahr hinaus kann möglicherweise die Entstehung einer frühkindlichen Karies begünstigen. Allerdings sind die Zusammenhänge bislang nicht abschließend geklärt und deuten auf weiteren Forschungsbedarf hin. Mit der Einführung von Beikost rückt zunehmend die gesunde Ernährung des Nachwuchses in den Vordergrund. Zucker sollte sparsam angeboten werden, da dieser die Bildung eines kariogenen Biofilms auf den Zähnen und von kariogenen Säuren durch Kariesbakterien begünstigt. Neben der Menge spielt vor allem die Frequenz der Einnahme zuckerhaltiger Speisen und Getränke eine zentrale Rolle für die Kariesentstehung. Eine bewusste, zuckerreduzierte Ernährung und ein maßvolles Angebot zuckerhaltiger Speisen und Getränke sind zur Prävention einer frühkindlichen Karies entscheidend. Besonders die hochfrequente, nächtliche Gabe zuckerhaltiger Getränke in Nuckel- beziehungsweise Saugerflaschen stellt eine Gefahr für die Zahngesundheit dar. Daher sollten Kleinkinder möglichst früh das Trinken aus einem Becher oder einer Tasse erlernen. Als Durstlöscher sind Wasser oder ungesüßte Tees am besten geeignet. Zudem sollten (werdende) Eltern über das kariogene Potenzial vermeintlich gesunder Nahrungsmittel wie Honig oder Trockenfrüchte aufgeklärt werden. Auch säurehaltige Speisen und Getränke wie Obst, Rohkost und Säfte können den Zahnschmelz angreifen und Erosionen hervorrufen. Fluoridierungsempfehlungen in den ersten Lebensjahren Fluorid verringert die Löslichkeit der Zahnhartsubstanz bei einem Säureangriff und schützt so vor einer Demineralisierung. Gleichzeitig wird durch Fluorid die Remineralisation initialer Kariesläsionen gefördert, indem Kalzium- und Phosphat-Ionen in den Zahnschmelz eingelagert werden. Darüber hinaus besitzen Fluoride eine antimikrobielle Wirkung [Featherstone, 1999; Stößer, 2006]. Dem Nutzen können Veränderungen der Zahnhartsubstanz bleibender Zähne infolge chronisch überdosierter Fluoridaufnahmen gegenüberstehen. Eine Fluoridanwendung sollte daher kontrolliert erfolgen (Fluoridanamnese), um den höchsten kariespräventiven Effekt bei dem gleichzeitig geringsten Fluoroserisiko zu erzielen. Kinderärzte und (Kinder-) Zahnärzte haben gemeinsam aktuelle Empfehlungen zur Kariesprävention mit Fluorid im Säuglings- und im frühen Kindesalter erarbeitet (Abb. 7) [Berg et al., 2021]. Bei einem hohen Kariesrisiko können diese Empfehlungen durch weitere Fluoridierungsmaßnahmen, zum Beispiel das Auftragen von Fluoridlacken, ergänzt werden. Eltern sowie Patienten werden hierzu in der Zahnarztpraxis informiert. Fazit Es gibt also eine Vielzahl von Beratungsinhalten, die sowohl in der Zahnarztpraxis als auch von Gynäkologinnen und Gynäkologen Frauen und jungen Eltern von Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit für deren Zahngesundheit und die der kleinen Kinder vermittelt werden können. Hier sollten die vier Ansatzpunkte Aufklärung, Ernährungslenkung, Zahnpflege und Fluoridnutzung genutzt werden, weil n durch die hormonellen Umstellungen eine Schwangerschaftsgingivitis (Zahnfleischentzündung) begünstigt wird, n es Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Erkrankungen oder Entzündungen des Zahnfleisches und Frühgeburten gibt, n das Stillen des Neugeborenen die Entwicklung von Zähnen, Kiefer, Kiefergelenken und Mundmuskulatur ideal fördert, n in den vergangenen Jahren auch in Deutschland ein Anstieg der Zahl von Kindern mit früher Milchzahnkaries zu beobachten ist. Eine sich ergänzende frauenärztliche und zahnmedizinische Schwangerenbetreuung kann die Mundgesundheit der werdenden Mutter positiv beeinflussen und dem Risiko von eventuellen Schwangerschaftskomplikationen entgegenwirken sowie positiv auf die Mundgesundheit des kleinen Kindes wirken. zm114 Nr. 17, 01.09.2024, (1409) Dr. Sebastian Ziller, Dr. Alice Arndt-Fink, Abteilung Prävention und Gesundheitsförderung der Bundeszahnärztekammer Größter ZahnmedizinKongress 2024

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