Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 18

16 | ZAHNMEDIZIN Aufnahme mussten die Patienten zwischen elf und 22 Jahre alt sein und sich in kieferorthopädischer Behandlung mit festsitzenden Apparaturen befinden. Darüber hinaus mussten sie eine unzureichende Mundhygiene aufweisen (API > 40 Prozent). Die Patienten wurden anhand einer computergenerierten Randomisierungstabelle nach dem Zufallsprinzip der Test- oder Kontrollgruppe zugeteilt. Die Patienten wurden zudem für den jeweiligen Kaugummi verblindet, was durch eine identische Verpackung sichergestellt wurde, und klinische Nachuntersuchungen wurden durch verblindete Untersucher durchgeführt Die Verteilung der beiden Studiengruppen unterschied sich hinsichtlich der Faktoren Geschlecht und Alter nicht signifikant. In der anschließenden Anwendungsphase verwendeten die Patienten das zugewiesene Kaugummi viermal täglich für 15 Minuten über einen Zeitraum von zehn Tagen und wurden angewiesen, ihre übliche Mundhygieneroutine anzuwenden. Es wurden keine zusätzlichen detaillierten Anweisungen zur Mundhygiene gegeben. Die erste Nachuntersuchung wurde nach 10 ± 1 Tagen nach Studienbeginn durchgeführt. Der approximale Plaque-Index (API), der papilläre Blutungsindex (PBI) und ein OHRQoLFragebogen für Kinder (COHIP-G19) wurden zu Studienbeginn (BL), nach 10 Tagen und 30 Tagen bewertet. Bei anhaltender Zahnfleischentzündung erhielten die Patienten eine ausführliche Einweisung zur Verbesserung ihrer Mundhygiene sowie eine professionelle Zahnreinigung. Ergebnisse Im Verlauf der Studie kam es zunächst zu einer Reduktion des PBI von 47,7 auf 29,6 Prozent in der Testgruppe und von 40,0 auf 29,7 Prozent in der Kontrollgruppe. Am Tag 30 war der PBI jedoch wieder leicht auf 30,8 Prozent in der Testgruppe und 30,7 Prozent in der Kontrollgruppe angestiegen. Es ließen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen erkennen. Bei der Evaluation der mundgesundheitsbezogenen Lebensqualität ließ sich kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen feststellen. Nur hinsichtlich der Mundhygiene-Subskala zeigte die Testgruppe am Ende des Untersuchungszeitraums signifikant bessere Werte (p=0,011). Diskussion Zahlreiche Studien haben bereits gezeigt, dass Kaugummi die Speichelflussrate erhöht, dabei kann es langfristig zu einer verminderten Plaquebildung kommen. Auch in der vorliegenden Untersuchung wurde gezeigt, dass das Kauen von Kaugummi allein, ohne Wirkstoff den Speichelfluss anregen und damit den Plaqueindex senken kann. Eventuell war aber die Dauer der Verwendung des Testkaugummis zu kurz, um Unterschiede im PBI zwischen den Gruppen bewirken zu können. Andere Autoren, die die Auswirkungen von Kaugummi über zwölf Monate untersuchten, stellten beispielsweise eine signifikant bessere Reduktion der Gingivablutungen für eine Gruppe fest, die CHX-haltigen Kaugummi verwendete [Simons et al., 1999]. Eine weitere Einschränkung der vorliegenden Studie bestand darin, dass während des Anwendungszeitraums keine regelmäßigen klinischen Kontrollen durchgeführt wurden und somit eine korrekte Anwendung (viermal täglich Kaugummikauen für zehn Minuten) von den Untersuchern nicht gewährleistet werden konnte. Schlussfolgerungen Die Studie zeigt, dass bei kieferorthopädischen Patienten sowohl ein Kaugummi mit ätherischen Ölen als auch ein kommerziell erhältlicher Kontrollkaugummi ohne diese Wirkstoffe das Plaquewachstum und die Gingivitis signifikant reduzierten. Kaugummi als Ergänzung zur regelmäßigen Mundhygiene könnte vor allem bei Patienten, die Schwierigkeiten mit der Mundhygiene haben, positive Effekte zeigen. Das regelmäßige Kauen von Kaugummi während einer kieferorthopädischen Behandlung scheint eine gute und einfache Möglichkeit zu sein, die Ansammlung von Plaque und die Entstehung von Zahnfleischentzündungen zu verringern. Die Autoren geben allerdings zu bedenken, dass weitere Studien mit längeren Anwendungszeiträumen und häufigeren Nachsorgeuntersuchungen notwendig sind, um verlässlichere Daten zu liefern. „ Die Studie: Johanna Weber, Konstantin J. Scholz, Isabelle M. Schenke, Florian Pfab, Fabian Cieplik, Karl-Anton Hiller, Wolfgang Buchalla, Camilla Sahm, Christian Kirschneck, Eva Paddenberg-Schubert, Randomized controlled clinical trial on the efficacy of a novel antimicrobial chewing gum in reducing plaque and gingivitis in adolescent orthodontic patients. Clin Oral Investig. 2024; 28(5): 272. zm114 Nr. 18, 16.09.2024, (1482) AUS DER WISSENSCHAFT In dieser Rubrik berichten die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats der zm regelmäßig über interessante wissenschaftliche Studien und aktuelle Fragestellungen aus der nationalen und internationalen Forschung. Die wissenschaftliche Beirat der zm besteht aus folgenden Mitgliedern: Univ.-Prof. (a.D.) Dr. Elmar Hellwig, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (bis 31.12.2023) Univ.-Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen, Universität Bonn Univ.-Prof. Dr. Florian Beuer, Charité – Universitätsmedizin Berlin Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, Universitätsmedizin Mainz ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Univ.-Prof. (a.D.) Dr. med. dent. Elmar Hellwig Erzherzogstr. 8, 79102 Freiburg Foto: privat

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