34 | PRAXIS auch die Teammitglieder untereinander, schnell ein Bild von der eigenen Stimmungslage sowie der der anderen machen. „Dabei ist wichtig zu beachten: Es ist nicht automatisch schlecht, wenn ein Glas nicht bis zum Rand gefüllt ist. Bei der Übung geht es vielmehr darum, sich die Frage zu stellen, ob der aktuelle Zustand für einen selbst okay ist oder ob man etwas daran ändern möchte“, so die Organisationsentwicklerin. Im hektischen Arbeitsalltag vergesse man einfach oft, sich ernsthaft mit der Frage nach erfüllten oder unerfüllten Bedürfnissen auseinanderzusetzen, was zu Unzufriedenheit führen könne. Vor diesem Hintergrund eignen sich die „Bedürfnis-Gläser“ als aufschlussreiche Übung für die Reflexion der Zusammenarbeit. Manual to me: So lernt man sich besser kennen! Das braucht man für die Übung: ausgedruckte Vorlagen und Stifte. Manchmal sind einem die Kolleginnen und Kollegen ein Rätsel. Wäre es dann nicht wundervoll, eine Gebrauchsanleitung für sie zu haben? Darauf zielt das 9-Spaces-Tool „Manual to me“ ab. „Eventuell ist es auch für die Selbsterkenntnis hilfreich, ein Handbuch über sich anzufertigen“, bemerkt die Organisationsexpertin. So funktioniert's: Am Anfang werden Themen gesammelt, die Aufschluss darüber geben, wie eine Person tickt. Aus den Vorschlägen wird ein kleiner Fragebogen oder Steckbrief zusammengestellt. „Man kann dafür prima mit Gegensatzpaaren arbeiten“, regt Königbauer an. „Zum Beispiel: 'So sieht mein perfekter Arbeitstag aus' und 'Das ist mein absoluter Horrortag'. Oder: 'Bitte gib mir Feedback auf die folgende Art und Weise' und 'So bitte auf keinen Fall Feedback geben'. Die Liste lässt sich beliebig erweitern, etwa um die Fragen, was einer Person in der Zusammenarbeit wichtig ist, was sie unter Stress setzt, was sie aus einem Stimmungstief herausholt, was sie als ihre Schwächen und Stärken empfindet oder was sie in Sekundenschnelle auf die Palme bringt. Steht der Fragebogen, füllen ihn alle im Team aus. „Im zweiten Schritt kann es sinnvoll sein, auch noch Feedback von Menschen einzuholen, die einen gut kennen. Fremdeinschätzungen können Dinge offenlegen, die einem selbst gar nicht klar sind“, empfiehlt Königbauer. Im Anschluss werden die Ergebnisse mit dem Team geteilt. Etwa, indem man die Manuals am schwarzen Brett im Gemeinschaftsraum aufhängt oder in einem Schnellhefter am Empfang hinterlegt. Vor allen Dingen neue Mitarbeitende können von diesem Wissen profitieren. Die Kümmerer im Team sichtbar machen Für die Übung braucht man: Whiteboard oder großen Bogen Papier, Postits und Stifte. Wie im Privatleben gibt es auch an der Arbeit Menschen, die Care-Arbeit leisten, sich also um das Wohlbefinden der anderen kümmern. Das Problem: Diese Arbeit ist unsichtbar und erfährt oft zu wenig bis keine Wertschätzung. „Das kann zum Beispiel den Kollegen betreffen, der zu jedem Geburtstag einen Kuchen mitbringt, oder die Kollegin, die einen in der zweiten Jahreshälfte darauf aufmerksam macht, dass man nicht genug Urlaub genommen hat“, erklärt Königbauer. In Form einer „Invisible Work Map“, also einer Karte für unsichtbare Arbeit, kann man dieses Engagement sichtbar machen. Im Laufe der Übung sammelt das Team für jedes Mitglied zunächst die zum Beispiel im Arbeitsvertrag festgehaltenen Aufgaben. Im nächsten Schritt geht es darum, zu identifizieren: Welche Arbeit, die jemand leistet, steht nicht in der Stellenbeschreibung? Welche dieser Tätigkeiten sorgen dafür, dass die Arbeit im Team reibungslos abläuft? An welchen Stellen leistet jemand unsichtbare Care-Arbeit? Jede sichtbare und unsichtbare Tätigkeit bekommt ein eigenes Post-it. Ist das Sammeln abgeschlossen, werden die Namen der Kolleginnen und Kollegen oben auf ein Whiteboard oder ein großes Stück Papier geschrieben und die Post-its unten angebracht. Danach zieht man zwischen den identifizierten Aufgaben und den Mitarbeitern, die sie ausführen, Verbindungslinien. Bei Personen, die neben ihrer Arbeit besonders viele Care-Aufgaben übernehmen, werden sich die Linien knubbeln – und ihr Engagement dadurch sichtbar gemacht. Nun haben Teams die Möglichkeit, das zu thematisieren und bei Bedarf eine fairere Verteilung unsichtbarer Arbeit anzustoßen. sth zm114 Nr. 18, 16.09.2024, (1500) Warum nicht das nächste Meeting nutzen, um eine Gebrauchsanleitung für das Team anzufertigen? Dabei hilft die Übung „Manual to me“. Foto: Neue Narrative
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