52 | ZAHNMEDIZIN DER BESONDERE FALL MIT CME AOT: Neoplasie oder Anomalie? Fabia Siegberg, Dan Brüllmann, Peer W. Kämmerer Adenomatoide odontogene Tumoren (AOT) sind seltene, gutartige Tumoren odontogenen Ursprungs. Ähnlich wie viele andere odontogene Tumoren entstehen sie hauptsächlich aus Überresten embryonalen Gewebes, das während der Zahnentwicklung zurückgeblieben ist. Klinisch und radiologisch lässt sich der AOT jedoch oft weder eindeutig von anderen Zysten noch von einem Ameloblastom abgrenzen. Ein zwölfjähriger Patient wurde von einem niedergelassenen Fachzahnarzt für Oralchirurgie zur operativen Entfernung einer unklaren Raumforderung im Oberkiefer überwiesen. Anamnestisch bemerkenswert war, dass Zahn 21 im Jahr 2023 durch den überweisenden Kollegen aufgrund einer begonnenen kieferorthopädischen Behandlung freigelegt wurde. Ein Jahr später zeigte sich bei der klinischen Untersuchung eine nicht-druckdolente, nicht-verschiebliche Vorwölbung der vestibulären Schleimhaut im Bereich 21-22 (Abbildung 1). In der angefertigten Digitalen Volumentomografie (DVT) ließ sich in dieser Region eine monolokuläre, relativ scharf begrenzte, radioluzente Struktur mit zentraler, diffus gefleckter Radioopazität erkennen (Abbildung 2). Die Pulpenvitalität der angrenzenden Zähne 21 und 22 war erhalten. Basierend auf der Anamnese, dem klinischen Befund und dem radiologischen Bild wurde die Verdachtsdiagnose eines benignen odontogenen Tumors gestellt. Als Therapie der Wahl erfolgte die Enukleation des Befundes in toto unter Lokalanästhesie. Nach Mobilisation des Mukoperiostlappens wurde ein Weichgewebssack sichtbar. Die Tumorkapsel war fest am intraalveolären Knochen fixiert (Abbildung 3). Die entstandene ossäre Kavität wurde mit einem Knochenersatzmaterial mit Kollagenzusatz aufgefüllt, und es wurde ein plastischer Wundverschluss durchgeführt (Abbildung 4). Das entnommene Gewebe wurde zur histopathologischen Untersuchung in die Pathologie der Universitätsmedizin Mainz eingesandt. Histologisch zeigte sich ein zellarmes, bindegewebiges Stroma mit strangförmig angeordneten Zellen odontogenen Epithels. Im Zentrum der soliden Epithelansammlungen ließen sich drüsenähnliche Strukturen erkennen. Zudem wurden kleinere Ablagerungen beobachtet, die als dentinähnliche Hartgewebsablagerungen interpretiert wurden (Abbildung 5). Auf dieser Grundlage wurde die Diagnose eines adenomatoiden odontogenen Tumors (AOT) gestellt, welche durch das Institut für Pathologie der Universität Erlangen konsiliarisch bestätigt wurde. Der Patient befindet sich in der Nachsorge (Abbildung 6). Die angrenzenden Zähne sind weiterhin pulpavital und die kieferorthopädische Behandlung wird weitergeführt. Diskussion Der Begriff „odontogene Tumoren“ umfasst Neoplasien, die hauptsächlich aus embryonalen Geweberesten der Zahnanlage entstehen. Diese Tumoren werden in eine breite Klassifikation eingeordnet, die von hamartomatösen Fehlbildungen bis hin zu überwiegend benignen Tumoren reicht [Buch et al., 2003]. Der AOT ist ein selteAbb. 1: Ausgangsbefund mit erkennbarer Schwellung in Regio 21-22. Foto: Kämmerer zm114 Nr. 18, 16.09.2024, (1518) ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.
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