TITEL | 19 liche Komorbiditäten noch verstärkt werden [Chan et al., 2022]. Weltweit hat die Anwendung von SDF in der zahnmedizinischen Forschung und in der täglichen klinischen Praxis in den letzten Jahren an Popularität gewonnen. Silber ist in der (Zahn-)Medizin nicht neu; es wird aufgrund seiner starken antimikrobiellen Eigenschaften seit Langem verwendet. „Silbernitratimprägnierung“ von Karies wird einigen (älteren) Lesern vielleicht auch ein Begriff sein. Schon seit den 1960er Jahren haben Studien in Japan gezeigt, dass SDF, das aus 38 Prozent Silber und einer hohen Fluoridkonzentration (44.800 ppm) besteht, vielfältige Anwendungsmöglichkeiten bietet [Hu et al., 2018; Horst, 2018]: Kariesprävention und -behandlung SDF ist besonders wirksam bei der Behandlung von Kariesläsionen (Abbildung 1). Bei der Anwendung auf kariösem Zahnhartgewebe dringen die Silberionen in die bakteriellen Zellwände ein, stören die bakterielle DNA-Synthese und den Stoffwechsel, und führen so zum Zelltod. Zusätzlich stabilisieren die Silberionen die kariösen Läsionen, indem sie die Dentinkanälchen blockieren (Abbildung 2) [Crystal, and Niederman, 2019]. Die Anwendung von SDF hat sich weltweit bewährt [Seifo et al., 2019]. Eine retrospektive Studie untersuchte die Wirksamkeit und Akzeptanz von SDF bei pädiatrischen Patienten an der Poliklinik für Kinderzahnheilkunde, der Universitätsmedizin Greifswald [Abdulrahim et al., 2023]. Daten von 93 Patienten (Durchschnittsalter 5,3 Jahre) mit 455 behandelten Zähnen wurden bis zu 24 Monate nachbeobachtet. SDF wurde hauptsächlich zur Behandlung von Karies (98,2 Prozent) und zur Linderung von Überempfindlichkeiten (1,8 Prozent) eingesetzt. Die Erfolgsrate lag bei 84,2 Prozent. Die Akzeptanz bei den Eltern war hoch; jedoch bemerkten 80 Prozent Verfärbungen, weshalb die Zufriedenheit bei den Seitenzähnen höher war (95,2 Prozent) als bei den Frontzähnen (36,4 Prozent; p< 0.001). Die Zahnärzte waren ebenfalls zufrieden, da 85 Prozent die Anwendung als einfach empfanden. Weitere Studien haben gezeigt, dass SDF nicht nur aktive Kariesläsionen arretiert, sondern auch präventive Effekte hat [Mei et al., 2018]. Die Weltgesundheitsorganisation hat SDF 2021 in die Liste der essenziellen Arzneimittel für die zm114 Nr. 19, 01.10.2024, (1585) Abb. 2: a) Vertikaler Querschnitt des Zahnes 46 unter dem Stereomikroskop mit Digitalkamera bei achtfacher Vergrößerung, der das Eindringen von SDF in die kariöse Läsion zeigt. b) Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des Eindringens von Silber in das Dentin bei einer 250-fachen Vergrößerung: Die weißen Pfeile zeigen die Silberpartikel an, die sich auf den Dentintubuli abgelagert haben. Foto: Al-Aqaileh/Santamaría Abb. 3: Verfärbung an der Haut durch Kontakt mit der farblosen SDF-Lösung: a) fünf Minuten nach der Anwendung, b) zwei Stunden nach der Anwendung und c) zwei Tage nach der Anwendung. Foto: Mourad a b a c b ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.
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