Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 19

22 | TITEL Linderung von Zahnüberempfindlichkeit SDF führt zu einer sofortigen Linderung der Dentinhypersensibilität, da es die Dentintubuli durch die Freisetzung von Silberionen blockiert, eine Schutzbarriere bildet und eine geringe Löslichkeit aufweist, zum Beispiel bei Abrasionskavitäten am Zahnhals [Seifo et al., 2019; Kiesow et al., 2022]. In einer prospektiven, vergleichenden Doppelkohortenstudie unserer Arbeitsgruppe wurde die Wirksamkeit von Silberdiaminfluorid und Kaliumjodid (38-prozentiges SDF+KI; Riva Star®) mit Natriumfluoridlack (5 Prozent NaF; Duraphat®) bei der Behandlung hypersensibler kariöser Läsionen im Milchgebiss verglichen. Die Studie umfasste 30 Kinder im Alter von zwei bis fünf Jahren, die in zwei Gruppen aufgeteilt wurden: Eine Gruppe erhielt fünfprozentiges NaF und die andere 38-prozentiges SDF+KI. Nach drei Monaten zeigte die SDF+KI-Gruppe eine signifikant höhere Kariesarretierungsrate (86,7 Prozent) im Vergleich zur NaF-Gruppe (13,3 Prozent; p<0,05). Beide Behandlungen reduzierten die Karies-bedingte Hypersensibilität wirksam, jedoch war SDF+KI signifikant effektiver bei der Kariesarretierung [Abudrya et al., 2023]. Linderung von Überempfindlichkeit bei MIH Die Applikation von Silberfluorid ist einfach, gut akzeptiert und lindert erfolgreich Überempfindlichkeiten bei MIH, wie Studienergebnisse unserer Arbeitsgruppe zeigen [Ahmed et al., 2023; Ahmed et al., 2024]. Nachteilig ist jedoch die schwer vorhersagbare, aber mögliche dauerhafte Schwarzverfärbung der hypomineralisierten Bereiche. Hier sollte also in Abhängigkeit der Lokalisation und des Schweregrades der Hypersensibilitäten abgewogen werden, ob diese Technik direkt beim Erstbesuch oder gegebenenfalls doch nur bei persistierender Überempfindlichkeit bei einem der Recall-Besuche erfolgen sollte („SMART“ im Recallbesuch) (Abbildung 7). Sofern MIH-Läsionen hauptsächlich approximal liegen oder die MIH-Molaren so stark betroffen sind, dass unabhängig von der Initialbehandlung mittelfristig eine Kronenversorgung (zum Beispiel Stahlkrone) oder sogar eine Extraktion wahrscheinlich ist, wäre die Silberfluoridapplikation aufgrund der schnellen Wirkung eine probate Option - auch als SMART-Technik beim Erstbesuch. Behandlung von approximalen kariösen Läsionen SDF eignet sich auch für die Behandlung von approximalen Läsionen. Besonders interessant wird die Anwendung von Silberfluoriden zur Behandlung von Initialkaries beziehungsweise nicht-kavitierter Karies im kariesaktiven permanenten Gebiss Jugendlicher (Abbildung 8). zm114 Nr. 19, 01.10.2024, (1588) Abb. 7: Ein zuvor hypersensibler MIH-Molar (16) wurde zunächst mittels Glasionomerzement abgedeckt. Aufgrund persistierender Hypersensibilität im Kontrollbesuch wurde eine zusätzliche SDFApplikation durchgeführt. Dadurch konnte jene sofort gelindert werden. Das Bild zeigt den MIH-Molaren mehrere Monate nach der AgF-Applikation und somit auch die schwer vorhersagbare, aber mögliche dauerhafte dunkle Verfärbung einiger hypomineralisierter Bereiche sowie der GIZ-Oberfläche. Foto: Schmoeckel Foto: Splieth Abb. 6: Kariesinaktivierung bei einem 80-jährigen Patienten mit Wurzelkaries: a) Wurzelkaries vor Applikation von Riva Star®, b) Kariesinaktivierung unmittelbar nach Applikation von Silberdiaminfluorid und c) provisorische Füllung mit konventionellem Glasionomerzement. a c b

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=