Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 19

PRAXIS | 63 außergewöhnlicher Umstände wie etwa der Corona-Pandemie, können rechtliche Regelungen relevant sein. Was die Umsetzung betrifft, existieren verschiedene Wege – eine sozialversicherte Freistellung, wenn vorab ein Arbeitszeitguthaben angespart wurde, oder unbezahlter Urlaub. Bei Letzterem erhält der Arbeitnehmer während seiner Auszeit keine Vergütung und es werden keine Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt. Darum muss sich der/ die Arbeitnehmende dann selbst kümmern. Diese Form wird laut ifo-Umfrage von 67 Prozent aller Unternehmen angeboten, von den Beschäftigten aber nur für kurze Auszeiten (durchschnittlich zehn Tage) genutzt. Für eine sozialversicherte Freistellung gibt es drei Möglichkeiten: Beschäftigte können erstens auf einem Langzeitkonto Überstunden und Urlaubstage ansparen und dieses Arbeitszeitguthaben dann nach Absprache mit dem Arbeitgeber an einem Stück einlösen. Zweitens die Möglichkeit, per Lohnverzicht oder im sogenannten Teilzeitmodell ein Guthaben anzusparen. Beim Lohnverzicht wird in der Ansparphase nur ein vorher festgelegter Teil des Gehalts ausbezahlt. So kann zum Beispiel ein Sabbatjahr über vier Jahre angespart werden, wenn bis dahin nur vier Fünftel des Gehalts bezogen werden. Im fünften Jahr wird das Gehalt dann einfach weitergezahlt. Das Teilzeitmodell läuft sehr ähnlich ab: Hier vereinbaren beide Parteien vor dem Sabbatical ein Arbeitszeitmodell, in dem der Beschäftigte zwar voll arbeitet, aber formal nur einer Teilzeitbeschäftigung nachgeht. Im Sabbatical bezieht er dann weiterhin das Teilzeitgehalt, jedoch ohne dass dafür gearbeitet werden muss. Das dritte Modell, das dem Langzeitkonto ähnelt, ist das Zeitwertguthaben. Hierbei können Überstunden, aber auch Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld oder Boni für eine Auszahlung im Sabbatzeitraum angespart werden. Der Vorteil für die Beschäftigten: Sie können schneller ihr Guthaben ansparen als durch Überstunden allein. Fest steht: Die Vereinbarung sollte aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen schriftlich getroffen werden und alle wesentlichen Punkte enthalten. Dazu gehören auch: n Regelungen zur Urlaubsentstehung während des Sabbaticals, n Regelung zur Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, n Versicherungen, n betriebliche Altersversorgung n andere Sonderleistungen des Arbeitgebers Eine Menge Arbeit für beide Parteien – aber wie hoch ist eigentlich die Nachfrage? Dazu gibt es bislang nur wenige, nicht repräsentative Untersuchungen. 2016 etwa kam eine Teilauswertung einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Fittkau Maaß (n=2.142) zu dem Ergebnis, dass mehr als vier von zehn Deutschen (43 Prozent) eine Auszeit vom Job nehmen wollen, die meisten davon (ebenfalls 43 Prozent) wünschen sich einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten. Als Top-Gründe nannten die Befragten damals den Wunsch zu reisen und mehr Zeit für sich und ihre Interessen zu haben (jeweils 57 Prozent). Ein Boost für den Job – für die Gesundheit eher nicht Ein viel zitierter Hinweis zur möglichen Nachfrage in Deutschland ist eine Befragung, die die Viking Office Deutschland GmbH 2021 veröffentlichte. Ergebnis: Von 514 Befragten sagten 89 Prozent, dass sie sich ein Sabbatical wünschen. Auch hier gab die Mehrheit (62 Prozent) an, die Auszeit zum Reisen nutzen zu wollen. Zur exakten Fragestellung und zur Methodik der eigenen Untersuchung schweigt sich der Versandhändler von Bürobedarf jedoch aus. Eine Untersuchung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung [Pfahl et al., 2020] war ein Jahr zuvor zu dem Schluss gelangt, dass (Kurzzeit-)Sabbaticals zwischen vier Wochen und einem Jahr Länge hervorragend geeignet sind, um über den jährlichen Bildungsurlaub hinaus an Weiter- oder Fortbildungen teilzunehmen. Vor allem junge, gut ausgebildete Frauen könnten von der Maßnahme profitieren, sollte der Anspruch gesetzlich verankert werden, so die Forschenden. Ob sich mit einem Sabbatical Stress reduzieren lässt oder präventiv etwas für die Gesundheit getan werden kann, bleibt offen. 2013 widmete sich eine Studie der Universität Siegen mit 126 Lehrerinnen und Lehrern, die ein Sabbatjahr absolvierten, dem Thema und zeigte einen positiven Effekt auf den Gesundheitszustand – der aber nicht lange anhielt. Die positiven Effekte waren bereits ein halbes Jahr nach der Auszeit wieder verschwunden. n zm114 Nr. 19, 01.10.2024, (1629) Welche Firmen ein Sabbatical anbieten 0 20 40 60 80 100% Nicht bekannt Nein/nicht möglich Ja Größenklasse Wirtschaftsbereich Industrie 30 57 57 Handel 12 72 72 Dienstleistungen 26 55 55 Bis 49 9 70 70 50–249 21 59 59 250–499 28 59 59 Ab 500 54 40 40 Gesamt 24 59 59 Von den befragten kleineren Unternehmen mit weniger als 49 Beschäftigten ermöglichen nur neun Prozent ihren Beschäftigten ein Sabbatical. Foto: ifo Schnelldienst. 4 2023 ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

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