78 | ZAHNMEDIZIN Die Plattenkontrolle erfolgt alle sechs bis acht Wochen ambulant in der Poliklinik für Kieferorthopädie. Hier werden die Eltern auf Probleme mit dem Umgang mit der Apparatur befragt, die Mundhöhle nach möglichen traumatischen Druckstellen untersucht sowie die Passung der Apparatur kontrolliert. Des Weiteren wird durch gezieltes Ausschleifen der Platte ein Aneinandernähen der Spaltsegmente ermöglicht (Abbildung 7). Diese orthopädische Wachstumslenkung dient dazu, den Spalt vor der Operation zu verkleinern, damit der Zug auf die Narbe postoperativ möglichst gering ist. Aufgrund des physiologischen Wachstums der Patienten ist eine Neuanfertigung der Plattenapparaturen etwa alle drei bis vier Monate und bei einer Gewichtszunahme von rund drei bis vier Kilogramm indiziert. Dies erfolgt ambulant in der Poliklinik für Kieferorthopädie innerhalb eines Tages. Robin-Sequenz Die Robin-Sequenz (RS) ist eine angeborene Fehlbildung mit idiopathischer Ursache. Sie ist gekennzeichnet durch eine mandibuläre Retrognathie, eine Glossoptose und eine daraus resultierende Obstruktion der oberen Atemwege, sowie in 80 bis 90 Prozent der Fälle durch eine Spalte des weichen und/oder des harten Gaumens [Robin, 1994]. Die RS kann isoliert oder im Zusammenhang mit weiteren syndromalen Erkrankungen auftreten. Die Inzidenz der RS liegt bei rund zwölf von 100.000 Geburten in Europa [Santoro et al., 2021]. Durch die ausgeprägte Unterkieferrücklage und das Zurückfallen der Zunge in den Rachenraum leiden die Säuglinge postnatal unter Atemnot. Abhängig vom Ausprägungsgrad kann es zu lebensbedrohlichen Sauerstoffabfällen kommen, die zum Zurückbleiben in der Entwicklung und vereinzelt sogar zum Tod führen können. Zudem bestehen bei den meisten Säuglingen erhebliche funktionelle Probleme bei der Nahrungsaufnahme. In der weiteren Wachstumsentwickzm114 Nr. 19, 01.10.2024, (1644) Dr. Christina Weismann Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum Tübingen Osianderstr. 2-8, 72076 Tübingen Foto: privat Maite Aretxabaleta Santos Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum Tübingen Osianderstr. 2-8, 72076 Tübingen Foto: privat Abbildung 7: Intraorale Scans, die die Entwicklung der Oberkieferform und der Spaltenbreite im Verlauf der Gaumenplattenbehandlung in der Poliklinik für Kieferorthopädie zeigen: a) linksseitige Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte (LKG-S) im Alter von einer Woche (links) und von neun Monaten (rechts), b) linksseitige LKG-S am Tag der Geburt (links) und im Alter von vier Monaten (rechts), c) rechtsseitige LKG-S im Alter von zwei Wochen (links) und von zehn Monaten (rechts). Fotos: Weismann C/Aretxabaleta M/UKT/ZMK/KFO a c b Prof. Bernd Koos Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum Tübingen Osianderstr. 2-8, 72076 Tübingen Foto: Beate Armbruster, Copyright Universitätsklinikum Tübingen
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