ZAHNMEDIZIN | 19 hen durch den Einsatz von piezoelektrischen Materialien, die elektrische Energie in mechanische Schwingungen umwandeln. Ein typisches US-Gerät nutzt einen sogenannten Transducer, der aus einem piezoelektrischen Kristall besteht. Wenn eine elektrische Spannung an diesen Kristall angelegt wird, ändert er seine Form. Er dehnt sich aus oder zieht sich zusammen. Die schnelle, wiederholte Änderung der Form erzeugt mechanische Schwingungen, die sich als Ultraschallwellen ausbreiten [Chan & Kripfgans, 2021]. Die in der Sonde (Schallkopf) erzeugten Wellen werden in kurzen gerichteten Impulsen in die zu untersuchende Region gesendet. Die durchlaufenen Gewebe setzen der Ausbreitung der Schallwellen einen unterschiedlichen Widerstand entgegen (Impedanz), was sich in einem ebenfalls differenzierten Reflexions- und Streuungsverhalten äußert (Echogenität). Wenig echogen sind Flüssigkeiten wie Blut – sie werden im klassischen Ultraschallbild dunkel bis schwarz dargestellt. Knochen und Gase wie Luft reflektieren den Ultraschall stärker und erscheinen auf dem Monitor hell bis weiß. Die reflektierten und gestreuten Ultraschallwellen werden von der Sonde detektiert, dort in elektrische Signale umgewandelt und mittels einer Software für die bildliche Darstellung aufbereitet. zm114 Nr. 20, 16.10.2024, (1685) Prof. Dr. Oliver Kripfgans Department of Radiology University of Michigan, 6410B Med Sci I, 1301 Catherine Street, Ann Arbor, MI 48109-2026, USA oliver.kripfgans@umich.edu Foto: privat Igor Bykhovsky Philipps-Universität Marburg/Lahn Med. Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Abteilung für orofaziale Prothetik und Funktionslehre Georg-Voigt Str. 3, D-35033 Marburg/Lahn bykhovski98@gmail.com Foto: PSL-Studios Prof. Dr. Reiner Mengel Philipps-Universität Marburg/Lahn Med. Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Abteilung für orofaziale Prothetik und Funktionslehre Georg-Voigt Str. 3, D-35033 Marburg/Lahn mengel@med.uni-marburg.de Foto: privat DER ULTRASCHALL IN DER ZAHNMEDIZIN: HISTORISCHE WEGMARKEN Bereits vor über 60 Jahren wurde in der Zahnheilkunde eine experimentelle Ultraschall(US)-Studie mit einer 15-MHzSonde zur Darstellung der inneren Struktur von Zähnen durchgeführt [Baum et al., 1963]. Dieser frühe Versuch zeigte jedoch, dass die Bildschärfe und die Bildqualität nicht ausreichend für die routinemäßige klinische Diagnostik waren. Erst in den 1980er-Jahren, initiiert vom Institut für Biomedizinische Technik der Universität Stuttgart und von der Abteilung für Zahnerhaltung und Parodontologie der Universität Mainz, wurden weitere In-vitro-Untersuchungen zur Anwendung von US-Aufnahmen zur Bestimmung akustischer Kenngrößen von Schmelz, Dentin und Alveolarknochen durchgeführt [Irion et al., 1984, 1986; Löst et al., 1986a]. Zum ersten Mal konnte in US-Aufnahmen die Höhe des krestalen Knochenrandes an Zähnen von bukkal und oral bestimmt werden [Löst et al., 1986b, 1988]. Einige Jahre später wurde in Deutschland auf Grundlage einer fortschrittlichen Bildgebungstechnologie und Softwareentwicklung ein kommerzielles US-Gerät für die intraorale klinische Diagnose entwickelt (SDM®, Fa. Krupp Medizintechnik, Essen). Dieses Gerät fand Anwendung in der klinischen Forschung zur Messung von Zahnfrakturen, von Kiefer- und Gesichtsfrakturen sowie von parodontalen Knochendefekten [Müller et al., 1999, 2007; Müller und Könönen, 2005]. Besonders vielversprechend waren die klinischen Studien zur Bestimmung der Höhe und der Breite des parodontalen Weichgewebes. Leider wurde in den darauffolgenden Jahren in Deutschland die US-Technik in der Zahnmedizin nicht weiterentwickelt. Diese Stagnation könnte verschiedene Ursachen haben, etwa fehlende Investitionen in Forschung und Entwicklung oder ein mangelndes Interesse an der Integration neuer Technologien in die zahnmedizinische Praxis. Die US-Technik wurde in den vergangenen Jahren in den USA weiterentwickelt. Durch den Einsatz von hochauflösenden, kleineren undflexibleren US-Sonden ist es nun möglich, in der Mundhöhle einen hohen Weichgewebekontrast zu erzielen und die Hartgewebetopografie präzise zu beurteilen. Zudem wird die Darstellung des Blutflusses im Weichgewebe visualisiert, was neue diagnostische Möglichkeiten eröffnet. Aktuell wird der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) untersucht, um komplexe Muster automatisch zu erkennen und eine quantitative Bewertung von US-Bildgebungsdaten durchzuführen. Diese Entwicklungen könnten die zahnmedizinische Diagnostik erheblich verbessern und die Effizienz der Behandlungen steigern.
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