Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 20

38 | ZAHNMEDIZIN DER BESONDERE FALL MIT CME Benigne Raumforderungen oder seltene Infektion? Daniel Stephan, Philipp Matheis, Peer W. Kämmerer Neben den häufigen Diagnosen für Raumforderungen im Kopf-Hals-Bereich müssen bei passender Anamnese auch immer seltene Ursachen differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden. Der folgende Fall zeigt, wie die MRTmorphologische Darstellung einer Raumforderung die Abklärung einer parasitären Erkrankung notwendig macht. Im April 2024 stellte sich ein 39-jähriger Patient mit einer ausgedehnten schmerzhaften Schwellung des Hinterkopfs in der Notfallambulanz der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Mainz vor. Anamnestisch berichtete er von mehreren Schwellungen im Bereich des Kopfes, die schon seit mehreren Monaten bestünden, ihm aber keine Probleme bereiteten. Doch insbesondere die okzipitale Raumforderung sei nun in den letzten Wochen deutlich größer geworden und druckschmerzhaft. Die weitere Anamnese des Patienten war unauffällig. In der klinischen Untersuchung zeigte sich eine isolierte, pralle Schwellung okzipital mit deutlicher Druckdolenz (Abbildung 1). Entzündungszeichen wie Rötung oder Überwärmung lagen nicht vor. Sonografisch präsentierte sich eine inhomogene, subkutan gelegene Raumforderung mit hyper- und hypoechogenen Anteilen. Nach Ausschluss eines akut entzündlichen Geschehens und der Verdachtsdiagnose eines Lipoms aufgrund des langsamen Wachstums sowie der Verschieblichkeit des Befunds erfolgte daher die weitere Bildgebung mittels MRT (Abbildung 2). Hier zeigten sich fünf subkutane rundliche Läsionen mit gleichartigem Signalverhalten (T1-Wichtung: hypointens, T2-Wichtung: hyperintens) im Subkutangewebe nuchal, okzipital und parietal beidseits, die größte mit 40 mm x 35 mm x 23 mm. Eine Kontrastmittelaufnahme, eine Septierung oder eine Diffusionsrestriktion konnten nicht nachgewiesen werden. Das radiologische Bild war vereinbar mit primär epidermalen Einschlusszysten, zeitgleich wurde aber die Abklärung einer rein bildgebend möglichen Echinokokkose empfohlen. Aufgrund fehlender Risikofaktoren dafür erfolgte anschließend die Resektion des größten nuchalen Befunds – unter der Verdachtsdiagnose eines Atheroms – in Lokalanästhesie. Unter Exzision einer elliptischen Hautspindel (Abbildung 4D) ließ sich dabei eine zystische Raumforderung mit glatter, glänzender Oberfläche in toto (Abbildungen 3A–3C und Abbildung 4A) entfernen. Nach Lamellierung entleerte sich eine trübe, gelbliche Flüssigkeit (Abbildungen 4B und 4C) und die Innenwand präsentierte sich homogen undmatt. Histopathologisch zeigte sich die Zystenwand mit atypiefreiem Plattenepithel mit Verhornung, eosinophilem Hornmaterial und kleinherdigen dystrophen Verkalkungen, vereinbar mit einer epidermalen Inklusionszyste ohne Anhalt für Malignität. Nach reizloser Abheilung der Wunden konnten die weiteren Atherome im Verlauf ebenfalls komplikationslos entfernt werden. Abb. 1: Präoperative, klinische Darstellung der multiplen extrakraniellen Raumforderungen okzipital, parietal und temporal zm114 Nr. 20, 16.10.2024, (1704) Abb. 2: Präoperative Darstellung der rundlichen Läsion nuchal (40 mm x 35 mm x 23 mm) im Subkutangewebe in sagittaler (A) und in koronaler (B) Darstellung mit hypointensem Signalverhalten in T1 Wichtung (A) sowie T2-gewichtet hyperintensem Signalverhalten ohne Kontrastmittelaufnahme oder Diffusionsrestriktion Fotos: Universitätsmedizin Mainz

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=