Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 20

40 | ZAHNMEDIZIN des Haarfollikels oder der Talgdrüse, was zur Ansammlung von keratinhaltigem Material führt [Plewig et al., 2018]. Bei langsamem Wachstum sind sie typischerweise schmerzlos und können überall am Körper auftreten, bevorzugt jedoch in seborrhoischen Arealen wie Kopf, Nacken und Rücken [Zito und Scharf, 2024]. Sonografisch präsentieren sie sich typischerweise als inhomogene, echoreiche Raumforderung ohne Kontrastmittelaufnahme in erweiterten bildgebenden Verfahren (CT/MRT). Symptomatisch werden Atherome nach Infektion und Eindringen von typischen Erregern wie Staphylococcus aureus und Staphylococcus epidermidis [Weir und St. Hilaire, 2024], was zu den typischen Entzündungszeichen wie Rötungen und Schmerzen sowie zu Pusbildung führen kann. Nach Entlastung und Drainage sowie Abklingen der akuten Entzündungsreaktion ist die operative Entfernung mit vollständiger Exzision der Zystenwand zur Rezidivprophylaxe Therapie der Wahl [Plewig et al., 2018; Weir und St. Hilaire, 2024]. Eine maligne Transformation in ein Plattenepithelkarzinom ist zwar äußerst selten, sollte aber nicht kategorisch ausgeschlossen werden [Frank et al., 2018]. Von Atheromen abzugrenzen und differenzialdiagnostisch hoch relevant sind Lipome. Dabei handelt es sich um die häufigsten Weichteiltumoren, bestehend aus subkutanem Fettgewebe und mit sehr ähnlicher klinischer Erscheinungsform [Singh et al., 2014]. Sie sind ebenfalls verschiebbar, gut abgrenzbar und prall-elastisch, jedoch sonografisch weniger gut vom umliegenden Gewebe zu unterscheiden. Aufgrund der hypointensen Darstellung von Lipomen in der T2-Wichtung ist eine Abgrenzung zu Atheromen im MRT aber in der Regel problemlos möglich. Eine operative Entfernung ist insbesondere bei symptomatischen oder ästhetisch störenden Lipomen indiziert [Jain et al., 2020]. Die maligne Transformation von Lipomen zu Liposarkomen ist ebenfalls möglich, wenn auch sehr selten [Casani et al., 2005]. Die Echinokokkose, eine seltene parasitäre Infektion, die durch Echinococcus-Würmer – unter anderem Fuchs- und Hundebandwurm – verursacht wird, kann ebenfalls zystische Raumforderungen hervorrufen. Hauptsächlichfinden sich die Zysten in der Leber und in der Lunge, in selteneren Fällen manifestieren sie sich aber auch cerebral oder subkutan [Hosaini et al., 2024]. Je nach Erreger unterscheidet man zwischen alveolärer und zystischer Echinokokkose, wobei der Mensch in beiden Fällen als Fehlwirt fungiert. Aufgrund ihrer ähnlichen Darstellung und Erscheinung in bildgebenden Verfahren ist eine genaue Anamnese wegweisend, um Risikofaktoren wie den Kontakt zu infizierten Tieren oder Reisen in endemische Gebiete zu identifizieren. Nach serologischer Diagnosesicherung [Hajjafari et al., 2024] kommen therapeutisch im Gegensatz zu Lipomen und Atheromen bei Gefahr einer Parasitenstreuung selten chirurgische Verfahren zur Anwendung. Stattdessen erfordert die Behandlung der Echinokokkose eine langfristige spezialisierte Chemotherapie mit antiparasitären Medikamenten wie Mebendazol oder Albendazol, die über mehrere Jahre oder in wenigen Fällen sogar lebenslang erfolgt [Jensenius et al., 2024]. Im beschriebenen Fall konnte anamnestisch keiner der genannten Risikofaktoren idenzm114 Nr. 20, 16.10.2024, (1706) Abb. 4: In toto herausgelöster Zystenbalg (A), aus dem sich nach Lamellierung (B) eine trübe, gelbliche Flüssigkeit entleerte (C), sowie das Hautresektat (D) Abb. 3: Intraoperative Aufnahme mit präoperativer Markierung der Resektion (A), intraoperativer Befunddarstellung (B) und klinischer Wundsituation unmittelbar postoperativ nach Wundverschluss (C) CME AUF ZM-ONLINE Benigne Raumforderungen oder seltene Infektion? Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie zwei CME-Punkte der BZÄK/DGZMK. Fotos: Universitätsmedizin Mainz

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